Der Mann des Geldes geht

Erstellt am 22.04.2022

Heinz-Helmut Piel übergibt Vorsitz im Dombauverein an Dr. Birgitta Ringbeck

Blick zurück: Ministerin Ina Scharrenbach bei der Grundsteinlegung für die Restaurierung der Traufgesimszone am 29. November 2019. Links im Bild bedient Dombaumeister Jürgen Prigl den Kran, der den schweren Stein an Ort und Stelle bugsiert. Fotos: Thomas Brüggestraße

Von Thomas Brüggestraße

Soest . Sie weiß, wie man drankommt ans Förder-Geld: Dr. Birgitta Ringbeck ist promovierte Expertin für Kunstgeschichte, Archäologie und Ethnologie und noch bis Ende Oktober Leiterin der Koordinierungsstelle Welterbe beim Auswärtigen Amt. Danach will sie in Pension gehen und ihre Expertise und ihre Kontakte der Wiesenkirche zur Verfügung stellen – als neue Vorsitzende des Westfälischen Dombauvereins. Stellvertreter bleibt Alt-Dombaumeister Jürgen Prigl, Schatzmeister Volker Kaiser, so beschlossen es die Teilnehmer der Hauptversammlung im Dombaumuseum.

Dass Gelder zusammenkamen, in seinen 25 Jahren als Vorsitzender des Dombauvereins letztlich mehr als fünf Millionen Euro, dafür habe er sich gerne engagiert, sagte Heinz-Helmut Piel. „Die meiste Arbeit hat unser Alt-Dombaumeister Jürgen Prigl gemacht“, fügte er sofort hinzu: „Ohne ihn gäbe es die Dombauhütte wohl nicht mehr, und den Dombauverein wohl auch nicht…“

Der Alt-Dombaumeister erhob sich, schob das Rednerpult zurecht und antwortete ausführlich: „Wir können schlicht nur sagen: Danke, danke, danke!“ Vor 30 Jahren sei er aus Freiburg nach Soest berufen worden als Leiter der Bauhütte, und die letzten 22 Jahre in der Restaurierung an der Wiesenkirche seien wahrhaft glorreiche Jahre gewesen: „Ab die Post!“ – dieses Motto habe unter Heinz-Helmut Piel gegolten.

Unermüdlicher Vorsitzender

Prigl schlug den Bogen vom Beginn der Nordturm-Sanierung 1999 bis zu den aktuellen Arbeiten an der Traufgesimszone. Dazwischen liegen als Stationen unter anderem der Einbau von 17 prachtvoll restaurierten Glasfenstern, die Errichtung eines neuen Glockenstuhls, die Anschaffung von sieben neu gegossenen Glocken und 2013 die Fertigstellung der Südturm-Sanierung. Die klappte pünktlich zum 700. Jahrestag der Grundsteinlegung von Sankt Maria zur Wiese.

Hinzu komme die Einrichtung der Bauhütte, ihr inzwischen längst international geschätztes Wirken, der Bau des Grünsandsteinmuseums, zuletzt die Anerkennung  des Bauhüttenwesens als immaterielles Kulturerbe der Unesco – Erfolge, die ohne einen unermüdlichen Vorsitzenden des Dombauvereins nicht möglich gewesen wären.

Prigl lobte Heinz-Helmut Piel als treuen und verlässlichen Partner, als einen Glücksfall für den Verein und für die Restaurierung der Wiesenkirche. Prigl: „Wir gratulieren. Wir danken.“ Florales aus Stein gab es dazu passend als Geschenk, und alle applaudierten lange im Stehen: Prigl: „Das kann nicht verwelken – ganz als Sinnbild für Deine Verdienste!“

Geld einzuwerben werde immer schwieriger, hatte Kassierer Volker Kaiser zuvor im Rechenschaftsbericht aufgezeigt: Pandemie, Hochwasser, jetzt die Ukraine, steigende Energiepreise und weitere absehbare Härten – das Spendenaufkommen schrumpfe dramatisch, und dabei gebe es noch so viel zu tun an der Kirche.

Seit 2019 wird in luftiger Höhe in der Traufgesimszone gearbeitet, das die Kirche umläuft. Steine und Fugen sind an vielen Stellen angegriffen, verwittert und so löchrig, dass man hindurchschauen kann. Vieles wirkt wie „einfach drangeklebt“ und ist ohne schweres Werkzeug und ohne großen mechanischen Aufwand zu lösen.

Ohne schnelles Eingreifen könnten Steine hier jederzeit herunterfallen, das zeigten Bauhüttenleiter Stefan Stubenhofer und Dombaumeister Günther Rohrberg anhand vieler Bilder von den laufenden Arbeiten. Und sie zeigten auch, wie man richtig arbeitet und sichert: Stein passt exakt an Stein, Fugen sind so schmal wie möglich, Steinanker und umlaufende Ringanker halten jetzt an wichtigen Stellen unsichtbar zusammen, was sonst über die Zeit nach außen streben würde.

„Es bleibt viel zu tun“, das bekräftigten Günther Rohrberg, Stefan Stubenhofer und der an die Wiesenkirche zurückgekehrte Meister Markus Schulze. Auch er berichtete von desolatem Mauerwerk, vom Pfusch am sakralen Bau Anfang und Mitte des letzten Jahrhunderts.

Heinz-Helmut Piel hat als Vorsitzender des Dombauvereins große Fußstapfen hinterlassen. Mit Dr. Birgitta Ringbeck konnte eine Expertin als Nachfolgerin gewonnen werden, die das ambitionierte Werk an der Wiesenkirche fortsetzen wird.

Geschichte der Wiesenkirche

1313 Grundsteinlegung der gotischen Hallenkirche, erste Bauhütte unter Baumeister Johannes Schendeler. Bis 1529 enstanden Hochchor und dreischiffige Halle im Stil der französischen Hochgotik.

1846 Errichtung der zweiten Bauhütte. 1882 Vollendung von Kirchenbau und Doppelturmanlage.

1992 Wiederbegründung der Bauhütte auf Initiative der Landesregierung NRW. Jürgen Prigl ist von 1992 bis 2019 Dombaumeister, etabliert die Bauhütte mit Meisterschule als „modernes Zentrum für Theorie, Praxis, Forschung und Entwicklung neuer Denkmaltechniken“. Günther Rohrberg ist seit 2019 der aktuelle Dombaumeister, Stefan Stubenhofer leitet die Bauhütte.

1999 Baubeginn am Nordturm.

2002 Abschluss der unteren Südturmetage als erster großer Bauabschnitt mit gleichzeitiger Einrichtung eines Glockenstuhls mit Geläut.

2002–2003 Vollendung der Glaslandschaft durch Neugestaltung der kriegszerstörten Fenster an Süd- und Westwand durch Hans Gottfried von Stockhausen (1920–2010).

2013 Fertigstellung des Südturms im zum 700. Jahrestag der Grundsteinlegung.

2018 Das Bauhüttenwesen wird in die nationale Liste des Immateriellen Kulturerbes aufgenommen.

2019 Beginn der umfassenden Restaurierung des die Kirche umlaufenden Traufgesimses.

 

(Quelle: Faltblatt des Dombauvereins)

Dombauverein

Der Westfälische Dombauverein ist Träger der Westfälischen Dombauhütte Sankt Maria zur Wiese, und er wirbt im Rahmen des vorgeschriebenen bürgerschaftlichen Engagements Gelder ein für den Erhalt des Gesamtkunstwerks Wiesenkirche: „Neben die Finanzierung durch das Land NRW treten Zuschüsse durch den Bund sowie Zuwendungen von Stadt und Kirchenkreis“, so steht es im Faltblatt des Vereins – hinzu kommen alle Gelder, die der Dombauverein möglich machen kann. www.bauhuette-wiesenkirche.de