Mit dem Trecker um 4 Uhr zur Wallfahrt

Erstellt am 20.05.2022

Ökumenische Pastoralkonferenz des Evangelischen Kirchenkreises Soest-Arnsberg mit Katholischen Dekanaten

Unter Leitung von Propst Dietmar Röttger beschäftigte sich die Ökumenische Pfarrkonferenz in Werl intensiv mit dem Thema Pilgern. Foto: Julie Riede

Von Julie Riede

Werl. Auf Einladung von Propst Dietmar Röttger kamen Geistliche des Evangelischen Kirchenkreises Soest-Arnsberg sowie der Katholischen Dekanate Hellweg und Lippstadt-Rüthen im Pilgerkloster an der Wallfahrtsbasilika zusammen. Im Fokus des Treffens stand, passend zur Lokalität, das Thema Pilgern, aber auch der gemeinsame Austausch.

Nach der Begrüßung durch Propst Röttger stellte das Wallfahrtsteam, Seelsorger Markus Ende und Pastor Stephan Mockenhaupt, die Örtlichkeit und die Pilgerangebote vor und hatte dabei einiges zu erzählen. Mit einer Führung vorbei an verschiedenen Stationen  konnten sich die Besucher*innen zu Anfang einen Eindruck vom Pilgerweg rund um die Basilika machen. Mit viel Liebe zum Detail ist das Pilgerkloster, das bis 2019 noch ein Franziskanerkloster war, für Pilger*innen und Besucher*innen jeder Art hergerichtet worden.

„Die Wallfahrtsbasilika und das Werler Gnadenbild liegen direkt am Jakobsweg. Jede Pilgerin, jeder Pilger ist herzlich willkommen!“ so steht es auf der Webseite des modernen Klosters. Markus Ende erzählt: „Ich bin Wallfahrtsseelsorger, kümmere mich um den Besucherservice, und mitunter auch um die Technik. Wir haben hier ein breit aufgestelltes Team und freuen uns über jeden, der unserem Hause einen Besuch abstattet.“  Mit Leidenschaft und Freude gehen die Mitarbeiter vor Ort ihrer Arbeit nach, das merkt man ihnen an.

Bei einem kurzen Rundweg durch und um das Kloster finden sich immer wieder liebevoll aufgearbeitete kleine Erinnerungen an die Franziskanermönche, die über 170 Jahre im Kloster lebten. Auch Kunst gibt es zusehen. Von klassischer religiöser Glasmalerei bis hin zu moderneren Werken. Auf der kleinen Tour sehen die Besucher*innen beispielsweise Arbeiten des Künstlers Otmar Alt, der zusammen mit dem Künstler Bert Gerresheim verschiedene thematisch verknüpfte Werke auf dem Pilgerweg geschaffen hat. Die Werke sind angelehnt an den Sonnengesang, das sicherlich bekannteste Gebet des heiligen Franziskus.

Überzeugungsarbeit geleistet

Otmar Alt – über seine Kunstwerke waren sich die Werler Bürger*innen zunächst uneins. Passt das in unsere Altstadt? Doch Markus Ende sagt dazu: „Es bedurfte etwas Überzeugungsarbeit. Aber wir finden: Otmar Alt und seine Plastiken passen wunderbar hierher. Alt sagt über die Kunst: `Wahre Kunst erschließt sich dem Betrachter von allein, Kunst soll für jeden etwas sein. ` Das ist eine tolle Ansicht, die, wie wir finden, auch zu unserer Ausrichtung des Pilgerklosters passt“.

Bert Gerresheim stellte bereits für zahlreiche Kirchen Kreuze und Ausstellungsstücke her. Anlässlich des 20. Weltjugendtages fertigte der Künstler im Auftrag des damaligen Kölner Erzbischofes Meisner das Gastgeschenk für den Papst, eine faustgroße, vergoldete Bronzeplastik der Heiligen Drei Könige.

Insgesamt 14 historische Kreuzwegstationen sind in Werl zu bestaunen, inkl. des Gartens. Erst vor kurzem wurde der Pilgerweg feierlich eröffnet. Der Weg soll an die Tradition der Seelsorgearbeit des Franziskanerordens in Werl erinnern, der 2019 die Wallfahrt in die Hände des Wallfahrtsteams weitergab und gleichzeitig die Wallfahrtsstadt verließ. Für die Marienwallfahrt ist Werl ohne Frage von Bedeutung. Neben der Herberge für Gäste ist es übrigens noch immer auch Wohnsitz einer kleinen Gruppe Ursulinerinnen.

Einzelne Pilger, aber vor allem auch Gruppen kehren im Kloster ein. Von traditionellen Fußpilgergruppen, Seniorengruppen, Kinder- und Jugendgruppen (hier werden auch Nachtwanderungen angeboten) ist es auch Treffpunkt für Vertriebene wie Schlesier, für Kolping und Caritative Einrichtungen. Die Zuhörer*innen erfahren: Fahrrad- und sogar Motorrad- Wallfahrten kommen in Werl vorbei. Eine kleine Attraktion ist die Treckerwallfahrt aus dem Paderborner Land. „So manch einer staunt nicht schlecht, wenn sich plötzlich eine Reihe (historischer) Trecker den Weg zur Basilika bahnt“, schmunzelt Markus Ende. Morgens um 4 würden sich diese schon auf den Weg machen müssen, um rechtzeitig anzukommen. Im Juli 2021 sei es zur traditionsreichen Segnung der Wallfahrenden und ihrer Trecker auf dem nahe gelegenen Marktplatz gekommen. Aber auch der Sauerländer Gebirgsverein und natürlich die traditionsreichen Jakobspilger seien regelmäßig zu Gast. In diesem Jahr werde zum ersten Mal eine Großeltern- und Enkelwallfahrt angeboten.

Bördebrücke verbindet Wallfahrtsorte Soest und Werl

Im Rahmen der ökumenischen Wallfahrt in Soest und Werl ist das Projekt „Bördebrücke“ entstanden. Tobias Gebhardt, Pressesprecher und Stadtführer in Werl, stellt das Projekt vor. Die Idee war, einen neuen Pilgerweg zwischen Soest und Werl zu erschließen. Die Wiesenkirche als Wallfahrtsbasilika wurde wie die Basilika in Werl zu Ehren Marias erbaut. Beide Kirchen verbindet auch, dass die Marienfigur, die nun in der Werler Basilika steht, im 17 Jahrhundert von Soest nach Werl kam. Der Weg entstand in Anlehnung an den alten Jakobsweg, der schon lange existiert.

Ziele der Bördebrücke seien Entschleunigung gepaart mit Information bezüglich Börde, Natur und Denkmäler der Region. Im Vordergrund stehe auch die Verbindung der pilgernden Menschen, im Glauben und im Suchen.Im Anschluss an die ausführliche Vorstellung des Wallfahrtortes ging es um das Thema „Pilgern für die pastorale Praxis“; der Pilger bzw. die Pilgerin als gläubige Suchende, das Pilgern als Mischung aus Gesellschaftsbildung und Selbstfindung. In kleinen gemischten Gruppen trafen sich die Geistlichen und tauschten sich aus: wie man mit den Pilgern ins Gespräch komme und was für ökumenische Anknüpfungspunkte zu finden seien.

Man war sich einig – Offenheit für alle Menschen sei wichtig in der Kirche, auch und besonders in der Begegnung mit den Pilgern. Gott gehe alle Wege mit, ob mit Menschen, die fest verwurzelt seien, oder mit Menschen, die dauerhaft auf einem suchenden Lebensweg seien.

Bei den Pilgern könne man immer wieder beobachten: Sich fremde Menschen aus allen Gegenden bildeten eine lockere Gemeinschaft und tauschten sich offen beim Pilgern aus. Miteinander unterwegs sein belebe, befriede und befreie. Menschen könnten sich auf ihrem gemeinsamen Weg auch losgelöst von der Seelsorge der Geistlichen durch den Austausch „gegenseitig seelsorgen“.

Superintendent Manuel Schilling warf ein: „pilgernde Menschen kommen und gehen; der Weg ist oft länger als die Rast. Die Aufgabe der statischen Kirche ist es hier, ein Knotenpunkt zu sein, eine Herberge oder Raststätte. Wir müssen voneinander lernen, Evangelische und Katholische Kirche, und in der Zeit bleiben.“

 

Evangelische Kirche

entdeckt Pilgern neu

Doch wie sieht es bei der Evangelischen Kirche und dem Pilgern eigentlich aus? Gibt es Unterschiede zwischen dem katholischen und dem evangelischen Weg? Schilling erzählt: „Man muss das historisch betrachten. In der Reformationszeit war das Pilgern oft religiöser Stress. Leute erhofften sich, bessere Menschen zu werden und in den Himmel zu kommen, durch die reine Ableistung der Erledigung des Laufens. Bereits damals hat die Evangelische Kirche zu Recht gesagt: es kommt nicht auf die perfekte Leistung, sondern auf die Einstellung des Menschen an. Angst, Zwang und auch Betrug haben das Bild des Pilgerns verzerrt. Auch viel Aberglaube war dabei“, klärt Superintendent Dr. Manuel Schilling auf. Aber: „Wandern, Gemeinschaft, Glaube, all das ist mehr als nur Kopfkino.“ Deshalb hätten in der heutigen Zeit Menschen wieder angefangen zu pilgern, aber „ohne den falschen Überbau des Mittelalters.“ Und sie sind auf Mission, so scheint es. Menschen aus aller Welt finden auch heute auf Wanderschaft und Reisen in der Natur Ruhe und Gemeinschaft gleichermaßen. Sie begeben sich dabei auch auf eine innere Wanderung. Zu einem Einklang mit sich selbst, der Schöpfung und Gott.

www.wallfahrt-werl.de