Weniger soll künftig mehr sein

Erstellt am 20.01.2023

Kirchengemeinde Lippstadt ist im Umbruch / Neue Gottesdienstordnung

Erfreulich groß war die Resonanz auf die Einladung zur Diskussion über die neue Gottesdienstordnung. Über sechzig Interessierte füllte das Foyer im Gemeindehaus.

Von Hans-Albert Limbrock

Lippstadt. Natürlich kann man das Thema verdrängen; die Augen vor den ebenso offenkundigen wie negativen Entwicklungen einfach verschließen. Ebenso gut kann man sich dem Thema aber auch stellen und nach Wegen suchen, wie man mit dem Problem umgehen kann, um sich für die Zukunft besser aufzustellen. Unwiderlegbarer Fakt ist nun einmal, dass die Gottesdienst-Besuche von Jahr zu Jahr zurückgegangen sind und inzwischen oft ein Niveau erreicht haben, bei dem man sich die Frage stellen muss: Lohnt das noch?

Mit dieser Frage hat sich die Evangelische Kirchengemeinde Lippstadt in den vergangenen Monaten intensiv auseinander gesetzt und hat jetzt im voll besetzten Foyer des Evangelischen Gemeindehauses ein Konzept vorgestellt, das ab März greifen soll und der aktuellen Entwicklung Rechnung trägt.  „Es sind Zeiten der Veränderungen, in der sich die Kirche befindet“, hatte Presbyteriums-Vorsitzender Alexander Tschense schon im Vorfeld erklärt und ergänzend hinzugefügt: „Gemeindeglieder kehren ihr den Rücken, die Einnahmen aus Kirchensteuern gehen zurück, die Kosten steigen. Von dieser Entwicklung sind alle Gemeinden mehr oder weniger betroffen.“

Das Presbyterium in Lippstadt, so der Vorsitzende, stelle sich bewusst dieser Herausforderung: „Es geht nicht darum, den Mangel zu verwalten oder eine Defizit-Diskussion zu führen, sondern Kirche positiv, kreativ und engagiert in eine neue Zeit zu führen.“ Gleichwohl aber werde es nicht ohne Abschied von Liebgewonnenem gehen. Im Rahmen des Reformprozesses „Agenda 23“ arbeiten verschiedene Gruppen bereits intensiv daran, die Arbeitsbereiche in der Kirchengemeinde zukunftsfähig aufzustellen. 

Wie das konkret für den Bereich der Gottesdienste aussehen wird, wurde jetzt in der Gemeindeversammlung vorgestellt, wo das neue Gottesdienstmodell im Mittelpunkt stand. Pfarrer Dr. Roland Hosselmann und Pfarrerin Lilo Peters erläuterten ein breit gefächertes Angebot.  So wird es ab 1. März jeden Sonntag weiterhin einen klassischen Gottesdienst in der Gesamtgemeinde geben, allerdings im Wechsel in der Marien-,Jakobi-, Johannes- und der Stiftskirche. Dazu kommen sonntäglich wechselnde Zielgruppengottesdienste. 

Hosselmann: „Es werden verschiedene Gottesdienstformen für Kinder, Familien, Jugendliche, Abendgottesdienste und Mittagsgebet regelmäßig gefeiert. Insgesamt wird die Zahl der Gottesdienste in der Kirchengemeinde reduziert, dafür werden mehr Menschen mit unterschiedlichen Bedürfnissen in den Blick genommen.“

Bei der Gemeindeversammlung wurde die neue Gottesdienstlandschaft mit Kartons vor den Augen der Gemeindeglieder aufgebaut. In den kommenden Wochen wird es die Aufgabe der Kirchengemeinde sein, das neue Modell in der Gemeinde bekannt zu machen, die nötige Akzeptanz dafür zu gewinnen. Pfarrer Hosselmann hat dabei ein gutes Gefühl: „Die ersten Reaktionen aus der Gemeinde waren überwiegend positiv. Viele haben uns bestätigt, dass dies genau der richtige Schritt ist.“ 

Klar ist allerdings auch, dass die neue Gottesdienstordnung nur ein erster Schritt sein kann. Denn wenn in bestimmten Kirchen kein Gottesdienst mehr gefeiert wird, wird man sich zwangsläufig Gedanken machen müssen, was mit diesen Gebäuden passiert. Dieser schmerzhafte Denkprozess hat nun auch in Lippstadt begonnen.