"Wir brauchen vor allem Vertrauen"

Erstellt am 09.01.2020

Von Hans-Albert Limbrock

SOEST. Als Erzbischof Philipp von Heinsberg 1180 die Stadt Soest in sechs verschiedene Hofe aufgeteilt hat, war dies gleichzeitig die Gründung verschiedener Pfarrbezirke und der Beginn der einzelnen Kirchengemeinden. Für St. Maria zur Höhe, Wiese-Georg und St. Thomä geht diese mehr als acht Jahrhunderte währende Tradition der Eigenständigkeit am kommenden Sonntag zu Ende. Denn dann wird in der Hohne-Kirche der Vereinigungs-Gottesdienst (Beginn 10 Uhr) der neu gegründeten Emmaus-Gemeinde gefeiert. Komplettiert wird der neue Verbund im Bereich der Evangelischen Kirche in Soest durch die Johannes-Gemeinde, die erst in den sechziger Jahre gegründet wurde. Thomas Gano, Vorsitzender des Bevollmächtigten-Ausschusses, spricht im Interview über den Weg zum Zusammenschluss und die Erwartungen, die mit diesem Schritt verknüpft werden.

Es war ein langer Weg bis zu diesem Zusammenschluss

Gano: Das ist richtig. Wir sind seit über sechs Jahren in Gesprächen, in den letzten beiden Jahren wurden diese Gespräche dann intensiviert. Aber so ein Prozess braucht eben auch seine Zeit; da darf man nichts übers Knie brechen.

Schließlich kann jede Kirchengemeinde auf eine lange Tradition zurückblicken. So etwas gibt man doch sicher auch nicht gerne auf. Ist der Zusammenschluss denn alternativlos?

Gano: Ja, das ist er. Die Gemeindegliederzahlen sinken, bei den Pfarrern fehlt es an Nachwuchs. Jetzt sind wir noch in einer Position, aus der wir unsere Zukunft selbst aktiv gestalten können. Durch den Zusammenschluss entsteht eine Gemeinde mit 8500 Gemeindegliedern, die durch ihre Vielfalt und Größe auch zukünftig für junge Pfarrerinnen und Pfarrer attraktiv sein wird. Und das ist wichtig, denn wir befinden uns da in einem echten Wettbewerb mit anderen Gemeinden.

Welches Gefühl überwiegt nun: Wehmut, dass eine jahrhundertealte Eigenständigkeit aufgegeben wird oder die Freude über die künftige Zusammenarbeit?

Gano: Da ist natürlich von beidem etwas dabei. Vor der langen Geschichte, die jede einzelne Kirchengemeinde hat, haben wir alle natürlich viel Ehrfurcht. Wir lassen Vertrautes hinter uns. Auf der anderen Seite glauben wir, dass wir den Zusammenschluss gut vorbereitet haben und freuen uns auf die gemeinsame Zukunft.

Wie wird sich diese gemeinsame Zukunft auf das einzelne Gemeindeglied auswirken?

Gano: Zunächst einmal es uns wichtig, dass sich an den Zuständigkeiten nicht viel ändert. Die Pfarrer bleiben wie bisher Ansprechpartner, wie es die Gemeindeglieder gewohnt sind. Wir möchten da eine größtmögliche Verlässlichkeit garantieren.

Wird es weniger Gottesdienst-Angebote geben?

Gano: Auch bei den Gottesdienst-Angeboten oder den einzelnen Kreisen, die sich regelmäßig treffen, wird sich zunächst wenig ändern. Gleichzeitig werden wir aber auch an einem neuen Gottesdienst-Konzept arbeiten. Aber auch das wird seine Zeit brauchen und nicht von heute auf morgen fertig sein. Eine Änderung gibt es beim Gemeindebüro. Da gibt es künftig nur noch ein gemeinsames, das wird im Hohne-Gemeindehaus untergebracht.

Die Zahl der Pfarrer bleibt konstant?

Gano: Daran ändert sich zunächst einmal nichts, zumindest nicht bis zum Herbst 2021. Dann werde ich in den Ruhestand gehen. Wie es dann genau weitergeht, wird man sehen müssen. Geplant ist, dass Pfarrer Hegemann, der zurzeit zu 50 Prozent Gemeindepfarrer an der Wiese und zu 50 Prozent das Leuchtfeuer-Projekt verantwortet, dann wieder zu 100 Prozent Gemeindepfarrer wird.

Und bei den Finanzen?

Gano: Künftig gibt es einen gemeinsamen Haushalt – den der Emmaus-Gemeinde.

Wie sieht die Arbeit praktisch aus, gibt es ein gemeinsames Presbyterium?

Gano: Das ist natürlich das mittelfristige Ziel. Die vier Presbyterien, die es zuvor gab, wurden zum 1. Januar 2020 aufgelöst. Diese Arbeit wird von einem so genannten Bevollmächtigten-Ausschuss, dem aus jeder der alten vier Gemeinden je vier Mitglieder sowie der Pfarrer angehören, weitergeführt. Da dieses Gremium mit zwanzig Köpfen recht groß ist, gibt es für die praktische Arbeit noch einen geschäftsführenden Ausschuss und zwei Bezirksausschüsse – einen für den Süden und einen für den Norden. Dem gehören jeweils fünf Menschen an.

Und nach der landesweiten Kirchwahl im März gibt es dann ein neues, gemeinsames Presbyterium?

Gano: Nein, diesen Termin können wir nicht einhalten. Das wäre zu knapp. Wir haben uns das zunächst offen gehalten, ob wir zu einem späteren Zeitpunkt die Wahl nachholen oder mit dem jetzigen Konstrukt bis zu übernächsten Wahl – also 2024 – weitermachen. Das lässt das Kirchenrecht glücklicherweise zu.

Was braucht es, damit sich der Zusammenschluss in der Zukunft möglichst problemlos gestaltet?

Gano: Zunächst einmal Vertrauen, aber das haben wir. Entscheidend wird sein, das wir gut und viel miteinander kommunizieren. Dafür müssen  wir die richtigen Wege entwickeln. Dann wird das Gefühl, dass wir aus zuvor vier selbstständigen Gemeinden nun zu einer gemeinsamen gehören, auch wachsen und Früchte tragen.  

Vier Pfarrer – eine Gemeinde: Thomas Gano, Kai Hegemann, Stefan Weyer und Friedemann Kölling zusammen mit Superintendent Dieter Tometten (2. von rechts). Foto: Limbrock

Pfarrer Thomas Gano ist zum ersten Vorsitzenden des Bevollmächtigten-Ausschusses gewählt worden: Foto Limbrock

Gottesdienst mit vier Pfarrern

SOEST. Der Vereinigungs-Gottesdienst am kommenden Sonntag in der Hohnekirche (400 Sitzplätze) wird ab 10 Uhr von den vier Pfarrern Thomas Gano, Kai Hegemann, Stefan Weyer und Friedemann Kölling gemeinsam gestaltet. Im Mittelpunkt der szenischen Predigt steht die Emmaus-Geschichte. Eine wichtige Rolle spielt die Musik. Thomas Gano: „Es wird eine Kombination aus klassischen und modernen Elementen.“ Nach dem Gottesdienst wird zu einem Empfang in das Wiese-Gemeindehaus eingeladen.