"Feiert schön - aber bleibt brav"

Erstellt am 14.02.2020

Von Frank Albrecht

ARNSBERG. Sein Verhältnis zum Karneval ist ein Spezielles: Aus der ursprünglich gepflegten Distanz ist aktuell gelebte Nähe zum närrischen Spaß geworden. Pfarrer Johannes Böhnke aus der evangelischen Kirche Arnsberg regiert jetzt zusammen mit seinem katholischen Amtsbruder Propst Hubertus Böttcher die Kleine Arnsberger Karnevalsgesellschaft (KLAKAG).

Im Gespräch mit Unsere Kirche sieht der Geistliche aus Arnsberg viele Gemeinsamkeiten, die die kirchliche Arbeit eher fördern, als sie zu stören. Wenn die richtig tollen Tage auch erst noch kommen – mit der fünften Jahreszeit hat Johannes Böhnke schon im Vorfeld nur die besten Erfahrungen gemacht.

"Ich bin sehr stolz auf meine Senatorenwürde“, erzählt Böhnke. Im Jahr 2010 hat ihn die KLAKAG mit diesem närrischen Ehrentitel ausgezeichnet. Vorher habe es noch gar nicht so viele Berührungspunkte mit dem Karneval gegeben, von seiner Familie heraus sei das Feiern im Karneval immer aus einer Distanz heraus gesehen worden.

„Feiern muss man erst lernen, um es richtig zu beherrschen“, weiß der Pfarrer. Die Freunde in der Karnevalsgesellschaft sind ihm stets dabei behilflich. Seine ganz eigenen Berührungspunkte zum Thema „Karneval“ hat Johannes Böhnke bei einem Krankenbesuch gemacht. Ein gebürtiger Kölner habe ihm von seinem Kriegserlebnis erzählt: Vor einem brennenden Haus in Köln habe ein Mann im Kostüm auf einem Sofa gesessen – die Schrecken des Krieges von sich geschoben…

 „Karneval ist der Protest gegen Bestehendes“, sagt Böhnke, und genau da liege der Schnittpunkt zum Glauben: Beides wolle die Welt relativieren und hinterfragen, was wirklich ist. Somit seien Karneval und Glauben in der Struktur verwandt. Das Urgestein der KLAKAG, Albert Kirchberg, habe ihn zudem mit seinen Gedanken zum Verhältnis von Karneval und dem Reich Gottes berührt. Karneval sei zudem auch so etwas wie Anarchie.

„Seit 2010 bin ich Senator der KLAKAG, und es fühlt sich so an, als wäre es schon immer so gewesen“, sagt Johannes Böhnke. Das Schöne daran sei, im Karneval die bekannte Pfarrerrolle hinter sich zu lassen. „Das ist wichtig, ich empfehle jedem, einmal aus der Rolle zu fallen“, lacht der Pfarrer. Als Geistlicher hält er natürlich Maß und Zügel - ganz wie ein früherer Prinz es empfahl: „Feiert schön, aber bleibt brav!“, war die Aussage von Hans Rath. Für seinen Beruf als Pfarrer sieht Böhnke aber keine Belastung, alles in seiner Aufgabe als Geistlicher bleibe wichtig. Deshalb sei mit der KLAKAG auch eine starke Unterstützung aus dem Kreis der Senatoren für die Zeit der Regentschaft vereinbart.

Im närrischen Gewand macht Pfarrer Böhnke eine gute Figur. „Die Reaktionen auf die Verpflichtung waren allesamt positiv – auch bei Ehefrau Gaby“, lacht der Pfarrer aus Arnsberg. Den Spaß im Amt hat er nicht nur alleine, sondern teilt ihn mit seinem Amtskollegen: Propst Hubertus Böttcher steht an seiner Seite, die ökumenischen Regentschaft in Arnsberg ist perfekt. Als „Johannes I. – Regent der treue Hirte“ trägt Böhnke einen Beinahmen, der ihm schon mit der Würde als Senator vor zehn Jahren verliehen wurde. „Und dabei habe ich mich noch gar nicht als Hirte gesehen“, so Böhnke zu UK.

In seiner täglichen Arbeit als Geistlicher habe es stets Berührungspunkte zur katholischen Kirche gegeben – die Ökumene werde in Arnsberg schon seit vielen Jahren gelebt. „Bis 1825 – vor dem Bau der Auferstehungskirche – hatte die evangelische Kirche kein eigenes Gotteshaus“, erinnert Böhnke. Gottesdienste wurden schon damals in der katholischen Stadtkirche gefeiert.

Und in Arnsberg gebe es ein sehr offenes und herzliches Verhältnis beider Konfessionen – die beste Voraussetzung, auch gemeinsam im Karneval die Regentschaft zu übernehmen. Hubertus Böttcher sei mit seiner fröhlichen und spontanen Art zudem genau der richtige Partner. „Wir können leben und das Leben mit Arbeit genießen“, sagt Pfarrer Böhnke.

Angst oder Befürchtungen hinsichtlich seines Amtes kennt Pfarrer Johannes Böhnke nicht. „Es gibt nichts zu befürchten, die Reaktionen zeigen das“, ist der Regent der KLAKAG erfreut. Denn eines ist nun mal klar: „Ich will nicht nur als Pfarrer in Schwarz ernst genommen werden, sondern auch als Mensch“, so Böhnke. Die derzeit noch andere Rolle werde die Arbeit nicht erschweren. „Ich bin das eine und das andere“, lacht der Pfarrer. Wichtig sei nur, dass man sich selber treu bleibe, dabei könne ein guter innerer Kompass helfen, über den er verfüge.

So ist die Vorfreude bei Johannes Böhnke groß. Seit der offiziellen Inthronisation am 18. Januar gab es schon viele närrische Termine, und die Schönsten kommen noch erst. Beim Besuch in den Seniorenheimen könne er den Bewohnern ganz nahe sein, und beim „Lindwurm der Freude“ werde er oben auf dem Prinzenwagen stehen und Kamelle streuen.

„Ich möchte dabei den Zusammenhalt erleben und genießen und dazu noch Schlager singen“, scherzt Pfarrer Böhnke. Beim Karneval dürfe man schließlich auch mal etwas über die Strenge schlagen. Ganz wichtig ist dem Regenten jedoch: „Feiern hat eine Unschuld, eine Leichtigkeit und die darf man nicht verlieren“, sagt Johannes Böhnke, Regent der treue Hirte bei der KLAKAG.

 

Zusammen mit seinem katholischen Amtsbruder, Probst Hubertus Böttcher, regiert Pfarrer Johannes Böhnke als Regent der treue Hirte (li.) seit ein paar Wochen die Arnsberger Narren.

„Ich will nicht nur als Pfarrer in Schwarz ernst genommen werden, sondern auch als Mensch und Karnevalsfreund“ ! Fotos: Frank Albrecht