Der Gottesdienst von der Wäscheleine

Erstellt am 08.05.2020

Von Frank Albrecht

Neheim. „Wir haben am 15. März den letzten Gottesdienst mit Besuchern in der Christuskirche gefeiert“, erinnert sich Pfarrer Dr. Udo Arnoldi von der evangelischen Kirchengemeinde Neheim. Rund 40 Menschen nahmen damals daran teil. Danach war es wochenlang ganz ruhig geworden in der Kirche – zu ruhig.

Man habe schon überlegt, was zu tun sei, um das Gemeindeleben in Neheim wieder zu beleben, so Arnoldi. Landauf und landab haben sich die Kirchen beider großer Konfessionen Möglichkeiten überlegt, um ihre Gemeindemitglieder weiter zu erreichen: Grußbotschaften über die Homepage, ganze Messen, die als Video aufgezeichnet werden. Erstmals überhaupt hat Pfarrer Dr. Arnoldi deshalb auch einen seiner Gottesdienste auf die Homepage der evangelischen Gemeinde gestellt. Aber es gibt noch eine frische Idee – den „Gottesdienst to go“, einfach zum Mitnehmen.

An der Christuskirche in Neheim kommt der Gottesdienst derzeit nicht von der Stange, sondern ist händisch gefertigt in bunten Briefumschlägen an eine Wäscheleine vor der Kirche gehängt worden. Dazu ein Aufsteller und die freundliche Ermunterung an alle: „Bitte, bedienen Sie sich!“. Gleich Kistenweise sind die Umschläge von vielen fleißigen Helferinnen und Helfern gepackt worden, ihr Inhalt ist wohl überlegt.

Für den „Hausgottesdienst“ am ersten Sonntag nach Ostern hatte Pfarrer Arnoldi mit Vikarin Anthea Kuhn eine Kurzliturgie verfasst, die Predigt dazu kam von Prädikantin Steffi Schumacher. Dazu noch eine Idee für eine Fürbitte, drei leere Zettel für eigene Fürbitten und Gedanken oder Gebete. Ergänzt wird alles mit einer Postkarte mit Bild der Christuskirche und einem handgeschriebenen Bibelvers auf der Rückseite, eine kleiner Kerze, das Teelicht, durfte auch nicht fehlen.

„Wir wollen so zeigen, dass wir an die Menschen denken“, erklärt Vikarin Kuhn mit einem Lächeln. Und von dieser Idee haben sich kurz nach dem Aufhängen der Briefe einige Passanten auf der Burgstraße in Neheim gleich am ersten Tag anstecken lassen. Der „Gottesdienst to go“ sei ja schließlich auch zum Verschenken gedacht. Das Projekt der evangelischen Kirche Neheim ist ein Gemeinschaftsprojekt. Neben Pfarrer Dr. Udo Arnoldi haben sich Pfarrerin Gabriela Hirsch, Prädikantin Steffi Schumacher, Vikarin Anthea Kuhn und Pfarrer Ernst Pallmann eingebracht. „Kirche muss nicht immer nur in der Kirche statt finden“, sagt Vikarin Kuhn.

Die Kirchengemeinde Neheim ist groß und erstreckt sich von Moosfelde bis Voßwinkel – 3,5 Kilometer in jede Richtung von der Christuskirche aus gesehen. Klar, dass man nicht alle Menschen direkt vor dem Gotteshaus erreichen kann. „Bislang 80 Briefumschläge haben wir auch an die regelmäßigen Gottesdienstbesucher verschickt oder persönlich eingeschmissen“, sagt Pfarrer Arnoldi.

Auch dafür baut die Gemeinde auf die Hilfe von vielen, die sich einbringen. Schon über die Ostertage war man auf den analogen Weg eingeschwenkt und hatte 2.800 Grußtexte mit einer Postkarten von den bunten Fenstern der Christuskirche in die Gemeinde verschickt und verteilt. Insgesamt zehn Helferinnen und Helfer trugen zum Gelingen bei.

Aber es soll noch weiter gehen. So wurde auch ein Live-Gottesdienst aus der Christuskirche bereits überdacht. „So etwas muss aber gut gemacht sein“, erklärt der Pfarrer. Mit dem derzeit analogen Angebot für die Gemeindemitglieder zeige man sich recht zufrieden und habe bereits eine große Reichweite erlangt.

 

Ganz schön was drin, zeigt Vikarin Anthea Kuhn. Der „Gottesdienst to go“ hat bereits buchstäblich einen positiven Mitnahmeeffekt für die evangelische Kirche in Neheim. Fotos: Frank Albrecht

Immer schön auf Distanz: Sabine Keweloh aus Bergheim bekommt das Briefpaket mit Kerze von Vikarin Anthea Kuhn überreicht.

Hintergrund:

Den ersten digitalen Gottesdienst der ev. Kirche Neheim gibt es später über die Homepage der Gemeinde www.evkn.de zu sehen

Anfragen zum Versenden oder Bringen der „Gottesdienste to go“ laufen über das Gemeindebüro, Tel. 02932 / 462520

Die Christuskirche Neheim ist von Freitag bis Sonntag täglich je für zwei Stunden geöffnet