Helden des Alltags in schwierigen Zeiten

Erstellt am 27.05.2020

Von Elisabeth Patzsch

MESCHEDE - Der syrische Mitarbeiter der Flüchtlingsberatungsstelle in Meschede, Omar Turk, bringt es auf den Punkt: „Die Geflüchteten sind sehr dankbar, dass wir in diesen Zeiten, wo fast alle anderen Ämter und Behörden geschlossen sind, weiter für sie geöffnet haben. Wenn nicht, wäre das für sie eine Katastrophe“.

Es ist voll in und vor der Beratungsstelle am Montagmorgen. Während man im Großraumbüro gut voneinander Abstand halten kann, ist das im Foyer des Gemeindehauses eine echte Herausforderung. Ein Kind fährt in der Wartezeit mit dem Bobbycar durch die Flure, Handys klingeln, Dolmetscher müssen organisiert werden, man trifft Menschen, die die gleiche Heimatsprache haben, alle Migranten*innen sind mit Behelfsmasken ausgestattet.

Almut Wülfing-Weber, die zur Zeit die Beratungsstelle leitet, berichtet, dass der Andrang seit Ausbruch der Pandemie noch größer geworden ist, manchmal kaum zu bewerkstelligen ist.  Durchschnittlich 25 Geflüchtete suchen montags und donnerstags während der offenen Sprechstunde Rat und Unterstützung in der Beratungsstelle. Hauptanliegen sind Klärung des Aufenthaltsstatus, Hilfe beim Asylantrag, Vermittlung von Rechtshilfe, finanzielle Notlagen, Wohnungsprobleme und Unterstützung bei der Familienzusammenführung.

In der Regel kommen die Klienten mit Papieren, die sie nicht verstehen. Sehr oft geht es darum, Fristen einzuhalten. Dann ist sachkundiges Handeln, oft ein schneller Kontakt zu den Behörden nötig. Die Einschränkungen der Coronakrise treffen Menschen mit Fluchthintergrund besonders hart. Viele arbeiten in prekären Arbeitsverhältnissen, sind in Kurzarbeit oder wurden gekündigt.

Viele Geflüchtete sind verängstigt, ziehen sich zuhause zurück und wissen nicht, wie sie mit der Krise umgehen sollen. Eltern verfügen oft nicht über die technische Ausstattung, um die home-schooling –Aufgaben ihrer Kinder auszudrucken. Behörden sind nur online oder per Telefon erreichbar, direkte Kontaktaufnahme ist nicht möglich.

Wegen der sprachlichen Barriere ist das für Viele ein großes Problem. Sie brauchen direkte Ansprechpartner*innen, die Ihnen zuhören, die Post erklären, beim Ausfüllen des Antrags helfen, bei der Ausländerbehörde anrufen und nachfragen, warum die Bewilligung so lange dauert, eine Kopie oder einen Ausdruck machen. „Homeoffice geht hier nicht“, fügt Frau Wülfing-Weber ein.

Zu vielen der Klient*innen ist über die Jahre eine vertrauensvolle Beziehung gewachsen. Omar Turk arbeitet zum Beispiel bereits seit 10 Jahren in der Diakonieflüchtlingsberatung, kennt fast alle Menschen, die die Anlaufstelle aufsuchen. Das multikulturelle Team ist für alle eine große Bereicherung.

Auf die Frage, ob die Mitarbeiter*innen Angst hätten, sich während der offenen Sprechstunde anzustecken, ist heraus zu hören, dass sie gar keine Zeit haben, sich Sorgen zu machen. Sie tun, was sie tun können, um die Hygienevorschriften einzuhalten und wenden sich ansonsten wie gewohnt den Menschen zu, die sie brauchen.

Für viele gehört das Team der Flüchtlingsberatung ganz eindeutig zu den Helden dieser Krise. Auch die anderen Flüchtlingsberatungsstellen der Diakonie im Kirchenkreis in Warstein, Geseke, Soest sowie in den Zentralen Unterbringungseinrichtungen in Wickede/Wimbern und Echtrup sind für Geflüchtete geöffnet. Damit tragen sie in diesen schwierigen Zeiten auf Distanz sehr dazu bei, Geflüchtete im Blick zu behalten, Ihnen in die Augen zu sehen und nah zu sein. Hier wirkt die Kirche direkt unter den Menschen.

 

 

Homeoffice geht hier nicht: Das Team der Flüchtlingsberatung mit (von links): Almut Wülfing-Weber, Omar Turk und Praktikantin Madlen Körneke.