Lippstadt und Benninghausen vor Fusion

Erstellt am 02.09.2020

 

LIPPSTADT - Einmal im Jahr lädt das Presbyterium der Evangelischen Kirchengemeinde Lippstadt die Gemeindeglieder zu einer Gemeindeversammlung ein. Dort, so will es auch die Kirchenordnung, soll das Leitungsgremium über aktuelle Entwicklungen und Aktivitäten berichten. Auf viel Interesse stieß die Veranstaltung der Kirchengemeinde in der Friedenskirche.

Angekündigt waren Informationen zum Thema Angliederung der Evangelischen Kirchengemeinde Benninghausen sowie zum Projekt „Vorne anfangen“. Doch auch darüber hinaus gab es viele Anregungen und Nachfragen.

Die beiden Kirchengemeinden Lippstadt und Benninghausen arbeiten schon seit vielen Jahren eng zusammen. Seit dem Ruhestand von Pfarrer von Stieglitz teilen sich die beiden Gemeinden eine Pfarrstelle. Pfarrer Thomas Hartmann verrichtet seinen Dienst sowohl in Lippstadt als auch in Benninghausen. Er berichtete am Sonntag vom Stand der Angliederung.

„Es ist für viele ein schmerzhafter Prozess aber auch ein Bogen, der jetzt weitergespannt wird“, so Hartmann. Die beiden Kirchengemeinden kooperieren schon seit vielen Jahren beim Predigtplan, Gemeindebrief und seit kurzen beim Gemeindebüro. Und auch die Konfirmationen finden schon seit langem aus Platzgründen in der Marienkirche statt.

Nachdem allerdings in Benninghausen im Frühjahr kein neues Presbyterium gewählt werden konnte, war die Zeit gekommen, formal zu vollenden, was im täglichen Tun längst gängige Praxis ist. „Benninghausen ist eine gute Partie!“, sagte Hartmann. „1.300 Gemeindeglieder, zwei durchsanierte Gebäude, einen konsolidierten Haushalt und ganz viel Engagement – das ist eine Bereicherung!“ Bis Ende des Jahres soll der Prozess vollzogen sein, wofür sich die Kirchengemeinde Benninghausen auflösen muss, um ein neuer Teil der Kirchengemeinde Lippstadt zu werden, die dann nahezu das ganze Stadtgebiet Lippstadts umfasst.

Die Leute sehen nur, was sie kennen, und Kirche ist häufig nicht mehr dabei. Das zu ändern ist die Aufgabe des neue Gemeindeaufbaukonzept „Vorne anfangen“, das von Pfarrerin Dr. Yvonne Buthke vorgestellt wurde. Der Rückgang der religiösen Sozialisation in Familien erhöhe die Bedeutung einer religionspädagogischen Arbeit.

Mit „Vorne anfangen“ solle diese Arbeit in der Kirchengemeinde verstärkt und vernetzt werden. Die Angebote würden dabei von der Begleitung und Segnung werdender Familien, über die Schaffung einer neuen Form der Taufvorbereitung als Gemeinschaftserlebnis, der Möglichkeit zur Begegnung und Tauferinnerungen bis hin zur Vernetzung von Kindergärten und Religionspädagogen gehen. „Nur wenn es uns gelingt“, so die Überzeugung Buthkes, „Kinder und deren Eltern wieder früh mit Gottes Botschaft in Kontakt zu bringen, werden sie diese auch auf ihrem weiteren Lebensweg als Stärkung empfinden.“

Dies warf einige Fragen bei den Anwesenden auf, so zum Beispiel, wie denn der Kontakt zu Schwangeren in Coronazeiten aufgenommen werden soll. Pfarrerin Buthke räumte ein, dass sich die Situation hier seit dem Beginn der Planung vor einem Jahr natürlich verändert habe. Deshalb würden die Aktivitäten zunächst bei denen ansetzen, die sich bereits für die Taufe entschieden haben. Später wolle man dann wirklich „Vorne anfangen“.

Corona war nicht nur im Hinblick auf das neue Projekt Thema des Vormittags. Fragen nach Coronaregeln, der Haushaltssituation und Weihnachten bewegten viele Anwesende. Im Hinblick auf den Haushalt scheint nach jetzigem Stand der Zahlen das große Drama auszubleiben. Wie der Vorsitzende des Presbyteriums, Alexander Tschense, ausführte, ging man vor ein paar Wochen noch von einem Kirchensteuerrückgang von bis zu 15 Prozent aus. Aktuelle Zahlen zeigten jetzt ein Minus von 5 Prozent, was für die Kirchengemeinde immerhin noch das Fehlen von knapp 30.000 Euro bedeutet. Noch nicht eingerechnet seien dabei gestundeten Mieten oder andere Mindereinnahmen sowie das Ausbleiben von Kollekten. Damit vollziehe sich im Jahr 2020 etwas, wovon die Finanzplaner erst in drei bis fünf Jahren ausgegangen waren.

„Nicht alles, was erlaubt ist, werden wir machen.“, führte Tschense weiter zum Thema Corona aus. Man gucke sich sehr genau an, was mit der Coronaschutzverordnung möglich sei. Allerdings nutze die Gemeinde aktuell z. B. die Möglichkeit nicht aus, zugunsten einer erweiterten Rückverfolgbarkeit („Wir müssten Sitzpläne erstellen“) auf den Abstand zwischen Sitzplätzen zu verzichten. Die Sicherheit und das Wohl der Gemeindeglieder gehen hier eindeutig vor.

Gleichzeitig nehmen Gruppen und Kreise ihre Aktivitäten wieder auf und auch die Instrumental- und Vokalchöre der Gemeinde proben wieder. Der notwendige Abstand von zwei Metern zur Seite und drei Metern nach vorne stelle für Sängerinnen und Sänger dabei eine Herausforderung dar, weil das gegenseitige Hören sehr eingeschränkt sei.

Mit der Christophoruskirche haben auch Gruppen aus der städtischen Musikschule einen neuen, coronakonformen Probenort gefunden, denen das Proben im eigenen Gebäude sonst nicht möglich wäre. Die im Mai ausgefallenen Konfirmationen werden im September nachgeholt. Mit einer Ausnahme werden alle Feiern, sogar die der Nachbargemeinde Lipperode, wegen des Platzbedarfs in der Marienkirche stattfinden.

Und was ist mit Weihnachten? Hier wollte sich der Vorsitzende des Presbyteriums nicht festlegen. „Wir sind an der Frage dran! Klar ist, dass wir nicht wie in den vergangenen Jahren 1.800 Besucher in den drei Gottesdiensten der Marienkirche haben können“. Man sei auf der Suche nach anderen Orten und dafür im Gespräch mit unterschiedlichen Personen und Einrichtungen. Auch würden alternative Gottesdienstformen, die in den kleinen Kirchen stattfinden können, bedacht. Bis Ende September sollen die Angebote dann spruchreif sein.

Alexander Tschense, ist Vorsitzender des Presbyteriums und begrüßt die Fusion zwischen Lippstadt und Benninghausen.