Zum Fest faire Orangen

Erstellt am 30.10.2020

LIPPSTADT – Auf den meisten Weihnachtstellern sind sie ein absolutes Muss: Orangen. Doch die wenigsten dürften sich Gedanken darüber machen, wo die süßen Früchte herkommen und unter welchen Bedingungen sie vielerorts geerntet werden. „Das sind häufig katastrophale und menschenverachtende Umstände“, weiß die Lippstädter Pfarrerin i.R. Margot Bell, die über viele Jahre das Amt für Mission, Ökumene und kirchliche Weltverantwortung - kurz MÖWe – im Kirchenkreis Soest-Arnsberg vertreten hat.

Vor allem aus dem Süden Italiens kommen Orangen zur Weihnachtszeit nach Deutschland. Dort werden sie von afrikanischen Wanderarbeitern geerntet, die während der Haupterntemonate im November und Dezember unter erbärmlichen hygienischen Bedingungen untergebracht und mit einem Hungerlohn (1 Euro pro Stunde) abgespeist werden.

„Aber es geht auch anders“, macht Bell auf ein alternatives Projekt in Kalabrien aufmerksam. Dort haben sich unter „S.O.S Rosarno“ sechzehn Landwirte zu einem Verein zusammengeschlossen und produzieren Orangen nach den Kriterien des ökologischen Anbaus. „Wir wollen mit unserem Projekt zeigen, dass ein humaneres Wirtschaftsmodell möglich ist“, erklärt dazu Nico Quarante, einer der Landwirte, die den Arbeitern Tariflöhne zahlen und mit ihnen reguläre Arbeitsverträge abschließen.

Margot Bell: „Die Orangen aus diesem Projekt werden wir jetzt in den Kirchenkreis holen.“ Dabei kann sie auf die Unterstützung von Superintendent Dr. Manuel Schilling bauen: „Das ist eine ganz tolle Idee, die wir unterstützen werden.“ 1000 bis 1500 Kilo – etwa 7500 Orangen - sollen so angekauft werden.

Die Orangen werden über die Eine-Welt-Läden sowie den Unverpackt-Laden in Lippstadt vertrieben. Zusätzlich können Kirchengemeinden bestimmte Kontingente abrufen und nach den Weihnachts-Gottesdiensten verteilen. Anfang November werden die Früchte der Sorte Navel in Rosarno an der Stiefelspitze in Italien geerntet und dann mit dem Schiff nach Deutschland gebracht. Beim Kirchenkreis rechnet man damit, dass die Lieferung in der ersten Dezember-Woche eintrifft.

„Die Orangenernte“, so Margot Bell, „ist in weiten Teilen Südeuropas eine Form moderner Sklaverei. Die Abnehmer der Früchte sind multinationale Konzerne und Handelsketten. Sie diktieren den Bauern Preise, die nicht einmal die Produktionskosten decken.“

Mit dem Ankauf der kalabrischen Orangen leiste der Kirchenkreis nunmehr einen Beitrag, damit das Projekt S.O.S. Rosarno ein Erfolg werde und viele Nachahmer finde. „Es geht darum, eine Lanze zu brechen für eine andere Politik, eine andere Globalisierung“, fordert Bell und ergänzt: „Mit dem Kauf unserer Orangen kann jeder einen kleinen, aber wichtigen Beitrag dazu leisten.“ (Lim)

Setzen auf fair gehandelte Orangen (von links): Margot Bell, Katharina Schulte-Repel und Carmen Chao vor dem Eine-Welt-Laden in Lippstadt, wo die Südfrüchte im Dezember unter anderem verkauft werden. Foto: Hans-Albert Limbrock