Gekommen, um zu bleiben

Erstellt am 30.10.2020

Von Hans-Albert Limbrock

WARSTEIN – Keine Frage: Uwe Müller hat Glück gehabt, dass er zur passenden Zeit als Pfarrer nach Warstein gekommen ist. Ein paar Jahrzehnte vorher und er hätte vermutlich nicht sein Silbernes Ordinationsjubiläum feiern können. „Die Evangelischen Pfarrer“, so Müller, „haben es in Warstein nicht immer leicht gehabt. Auf einen ist sogar mal geschossen worden, ein anderer wurde mit Knüppeln gejagt.“ Doch das ist lange her. Inzwischen geht es in der Wästerstadt weitaus gesitteter zu. Sicherlich auch ein Grund, weshalb Müller heute sagen kann: „Ich habe es nicht bereut, nach Warstein gekommen zu sein.“

Seit 26 Jahren ist er nun schon hier. Zunächst (1994 bis 2001) als Pastor im Hilfsdienst/Pfarrer im Entsendungsdienst, im April 1995 Ordination, zum Januar 2002 dann als Inhaber der 1. Pfarrstelle in der Evangelischen Kirchengemeinde Warstein. Geplant war das so nicht unbedingt, als er 1994 nach Warstein gekommen ist: „Natürlich hat es auch einmal andere Überlegungen gegeben, aber dann hat es sich irgendwie so ergeben, dass wir hier geblieben sind.“

Ohnehin stand das Theologiestudium bei dem heute 56-Jährigen nach dem Abitur in Warburg zunächst nicht ganz oben auf der Prioritätenliste. Zur Kirche hatte er allerdings seit der Konfirmation einen guten Kontakt: „Da bin ich bei der Stange geblieben.“ Mitarbeit im Helferkreis für den Kindergottesdienst, später Vorsitz im Jugendausschuss seiner Kirchengemeinde haben ihm kirchliche und religiöse Themen nähergebracht.

Und trotzdem wollte Uwe Müller ursprünglich nicht Pfarrer, sondern Journalist werden. Als das nicht so geklappt hat, hat er begonnen, Theologie zu studieren: In Wuppertal, Bochum, Hamburg und Münster. Doch  es waren andere Zeiten damals; Nachwuchssorge war in der Evangelischen Kirche noch ein Fremdwort. Deshalb standen für ihn die Kirchentüren nach dem Studium auch nicht sperrangelweit offen. Geduld war gefragt; so genannte Wartejahre. Die hat Uwe Müller als Briefträger bei der Post und als Mitarbeiter im Nachtdienst bei der Bahnhofsmission überbrückt.

 „Ich bin schon immer gerne den Brüchen in meinem Leben gefolgt“, sagt er heute und ist dankbar, dass er durch seine Zeit bei der Post und auch bei der Bahnhofsmission eine andere Form des Lebens kennengelernt hat: „Diese Zeit und die sehr unterschiedlichen Erfahrungen, die ich dort machen durfte, haben mich schon sehr geprägt. Dort habe ich gelernt, dass das Leben längst nicht immer nur linear verläuft.“

Seine erste Stelle als Vikar ist er dann in Sundern angetreten. „Nebenbei“ hat er noch in Fernstudien Öffentlichkeitsarbeit, Wirtschaftswissenschaften Jura und Politikwissenschaften belegt. „Ich war schon immer daran interessiert, die großen Zusammenhänge zu begreifen“, begründet Müller seinen Wissensdurst.

In Warstein ist er auf eine „sehr innovative Kirchengemeinde“ (Zitat Müller) getroffen. Als Pfarrer einer Diaspora-Gemeinde lernt man ziemlich schnell, dass man um die Wahrnehmung in der Öffentlichkeit ständig kämpfen muss. Das schult und macht kämpferisch. 5500 Gemeindeglieder verteilen sich auf 180 Quadratkilometer: „Wir sind flächenmäßig so groß wie mancher komplette Kirchenkreis innerhalb der Landeskirche.“ Das erfordert viel Flexibilität und eine hohe Belastungsfähigkeit.

Da inzwischen mit Belecke und Rüthen ein Verbund gebildet wird, ist der Aufgabenbereich noch größer und vielfältiger geworden. Aktuell steht die Gebäudestrukturanalyse ganz oben auf der Agenda. Müller: „Wir unterhalten eine Fülle von Gebäuden und Einrichtungen. Das werden wir uns auf Dauer nicht mehr leisten können. Da muss man jetzt sehr genau schauen, was verzichtbar ist.“ Dass diese Diskussion an einigen Stellen schmerzhaft sein wird, weiß der Pfarrer: „Aber genau deshalb muss sie geführt werden.“

Gute Fortschritte sieht er in der Zusammenarbeit mit den im Norden und Osten gelegenen Nachbargemeinden. Die Region 6 des Kirchenkreises Soest-Arnsberg firmiert unter dem Begriff WAGE. Das steht für Warstein, Anröchte, Geseke und Erwitte, symbolisiert aber gleichzeitig auch, dass man hier Neues wagt; vor allem über den Zaun der eigenen Kirchengemeinde hinausschaut. „Das“, so Müller, „funktioniert bisher recht gut und macht richtig Spaß.“ Ähnlich positiv beurteilt er die Zusammenarbeit mit den katholischen Glaubensbrüdern und –schwestern: „Die Ökumene ist ein richtiges Pfund in Warstein. Das läuft ganz hervorragend.“

Keine Frage, Uwe Müller ist nicht nur als Pfarrer sondern auch als Mensch in Warstein angekommen: „Ich glaube, man hat sich inzwischen recht gut an mich gewöhnt – und ich mich an die Warsteiner."

Passend zum Reformationstag feiert Uwe Müller in der Martin-Luther-Kirche am Samstag ab 15 Uhr sein Silbernes Ordinationsjubiläum. Alles im vergleichsweise kleinen Rahmen; mehr lässt Corona nicht zu.

 

 

Pfarrer Uwe Müller vor der Martin-Luther-Kirche in Warstein, die ihm seit 1994 kirchliche Heimat ist. Foto: Hans-Albert Limbrock