Sanierungsbedarf im europäischen Haus

Erstellt am 05.11.2020

Von Toni Nitsche

WICKEDE - Karl-Josef Laumann, Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen, war auf Einladung von Pfarrer Dr. Christan Klein als Gastprediger im Reformationsgottesdienst Ehrengast der Christusgemeinde Wickede.

Unter strengen Schutzmaßnahmen konnte der Gottesdienst durchgeführt werden. Die Anzahl der anwesenden Gemeindemitglieder musste wegen der Verschärfung der Corona-Pandemie kurzfristig verringert werden. Aber eine generelle Absage stand nach Aussage von Minister Laumann nie im Raum.

Wie hoch das einzuschätzen ist, dass der Gesundheitsminister am Wochenende vor dem erneuten Lockdown zu Gast in Wickede war, würdigte Andreas Ersel vom Presbyterium in seiner Begrüßung.

Die aktuelle Corona-Situation erwähnte der CDU-Politiker nur kurz am Rande. In seiner Gastpredigt ging er auf Erneuerungen ein. „Ich bin ein konservativer Mensch, aber das bedeutet nicht, dass ich mich vor Neuanfängen verschließe“, so der Minister. Es müsse nur stets gut überlegt werden, was erneuert werden müsse. „Aber manchmal denke ich auch: Mein Gott, das muss anders werden, da muss frischer Wind rein, da brauchen wir eine Neubesinnung“, erzählte Laumann.

Er machte dies an mehreren Bespielen deutlich. Er sagte, dass Europa damals ein Traum von wenigen war und es eine Hoffnung für viele wurde. Das europäische Haus, das die Handschriften von Konrad Adenauer und Helmut Kohl trägt, hat Sanierungsbedarf. „Hier sind Löcher im Dach und mit dem Austritt Großbritanniens verlieren wir eine wichtiges Mitglied“, teilte Laumann mit. Seiner Meinung nach stehen bei einigen Staaten Einzelinteressen vor dem vereinten Europa. Er machte das an der unbefriedigenden Lösung der Flüchtlingsfrage deutlich.

Der Minister sieht auch in der Corona-Pandemie, dass es keine gemeinsame Lösung gibt und längst gefallene Grenzen wieder neu entstehen. Zudem glaubt der Münsterländer, dass bei wirtschaftlichen Themen lokale Interessen ein Teil des großen Ganzen sind: „Ich will aber nicht die europäische Idee schlecht machen, ganz im Gegenteil. Wir müssen uns wieder besinnen, auf das gemeinsame Fundament Europas“, forderte er.

Der Minister sieht ähnliche Entwicklungen wie in Europa in unserer Gesellschaft und in der Politik. Er appellierte an  die Bürger, gerade in Zeiten der Pandemie wieder Verantwortung füreinander zu übernehmen und alle sollten Maske tragen, damit jeder sich gegenseitig schützt. „Wir können stolz darauf sein, wie diszipliniert wir bisher diese Pandemie bewältigt haben“, teilte Laumann mit. Die christliche Soziallehre sollte jetzt der Kompass für christliche Politik sein.  „Ohne Vertrauen läuft gar nichts und jetzt muss man sich aufeinander verlassen können“, gab er einen Appell an die Bevölkerung.

Jeder Mensch sollte sich selbst betrachten und sich immer wieder ändern und verändern. „Es liegt also an uns, uns zu hinterfragen und dies in allen unseren Rollen“, rief er aus. Um in uns zu gehen, böten die Kirchen die passenden Räume der Reflexionen.

Zum Schluss äußerte er sich glücklich darüber, dass sich die beiden christlichen Kirchen angenähert haben und dass es viele gemeinsame ökumenische Veranstaltungen gibt.  „Sie hören heute dem Reformationstag den Worten eines Katholiken zu“, endete der Münsterländer seine Ansprache.