Eine Zäsur als Chance

Erstellt am 13.11.2020

 

Von Hans-Albert Limbrock

MEININGSEN – Wenn etwas Einschneidendes passiert, spricht man gerne von einer Zäsur. Der Weggang von Pfarrer Dr. Frank Stückemann war nicht nur für die Evangelische Kirchengemeinde, sondern für den gesamten Soester Ortsteil Meiningsen eine echte Zäsur; vor allem als klar wurde, dass es keinen Nachfolger geben und die Kirchengemeinde ihre seit Jahrhunderten bestehende Eigenständigkeit verlieren würde.

Nachdem sich die Unruhe darüber in dem 450 Seelen zählenden Dorf inzwischen gelegt hat, wird diese Entwicklung als eine echte Chance für die Zukunft von Meiningsen gesehen. Das liegt vor allem daran, dass die Dorfgemeinschaft durch die Teilnahme am Leader-Projekt und die Unterstützung der Evangelischen Kirche kompetente Hilfe an ihrer Seite weiß, um nun zukunftsfähige Konzepte zu entwickeln.

Dies geschieht zudem in enger Abstimmung mit der Stadt Soest. In verschiedenen Sitzungen wurden die Bürger des Ortsteils aufgefordert, in einer Zukunftswerkstatt ihre Wünsche und Ideen zu äußern, die sich nun durch das leerstehende Pfarrhaus, den großen Pfarrgarten und auch im Gemeindehaus ergeben.

Inzwischen kristallisiert sich in einer Machbarkeitsstudie heraus, in welche Richtung man nun weiter planen, welche Investoren man ansprechen kann und mit welchen Organisatoren die Inhalte mit Leben gefüllt werden können. Dabei hat man sich von einer ursprünglichen Idee, auch das Gemeindehaus mit in die Überlegungen einzubeziehen, inzwischen verabschiedet.

„Das war eine Sackgasse“, urteilt Axel Rohlfsmeier vom Institut Kirche und Gesellschaft (Villigst). Zu hoch waren die Hürden, aber auch die Unsicherheiten, um hier eine Großtagespflege zu etablieren. „Jetzt haben wir Planungssicherheit und können uns ganz auf die Entwicklung des Pfarrhauses und des Gartens konzentrieren“, sieht Ortsvorsteherin Anja Heymann einen positiven Effekt der gescheiterten Idee.

Für die knapp 180 Quadratmeter, die im Gemeindehaus frei sind, wird nun nach potenziellen Mietern gesucht. Heymann: „Interessenten dafür sind da.“

Bei dem Austausch mit den Dorfbewohnern im Frühjahr wurden gleich mehrere Dinge deutlich: Das Dorf ist gegenüber sozialen Themen durchaus offen. Und: Es fehlt an Wohnraum für ältere Menschen, denen das eigene Haus zu groß geworden ist, die aber gerne in Meiningsen bleiben möchten.

Im Pfarrgarten lässt sich nach ersten Ideen der Planer dieser Bedarf decken. Ob das alte Pfarrhaus dafür abgerissen werden muss oder Teil des Konzeptes werden kann, ist noch offen. Da das Gebäude nicht unter Denkmalschutz steht, kann in alle Richtungen gedacht werden.

Mit der Diakonie steht zudem ein interessierter Partner bereit, der in Meiningsen gern ein Angebot etablieren möchte, das es so in Deutschland bisher selten gibt. Irene Düring: „Dabei handelt es sich um ein neues Betreuungskonzept in der Erziehungshilfe.“

NeST ist ein vollstationäres Betreuungsangebot für Kinder von 0 bis 3 Jahren, die Opfer körperlicher, physischer oder sexueller Gewalt geworden sind und aus diesem Grund von ihren Eltern getrennt werden müssen. „NeST“, so Düring, „hilft mit professioneller Unterstützung diesen Eltern, wieder mit ihrem Kind zusammenzuleben und intensiv an Veränderungen zu arbeiten, um die Rückkehr des Kindes in den elterlichen Haushalt zu ermöglichen.“

Ralf Gütting, Leiter der Stabsstelle Struktur und Entwicklung beim Kreiskirchenamt Sauerland-Hellweg,  ist zuversichtlich, dass man den Meiningsern ein zukunftsfähiges Konzept vorlegen kann: „Wir sind auf einem guten Weg, hier etwas ganz und gar Außergewöhnliches zu entwickeln. Davon wird die gesamte Dorfgemeinschaft nachhaltig profitieren.“

Eigentlich sollte es am 23. November eine formelle Abschlussveranstaltung dieses Leader-Projektes geben, bei der die Ideen und Konzepte vorgestellt werden. Aufgrund von Corona kann diese nicht in der vorgesehenen Form stattfinden, sondern wird als eine Zoom-Konferenz im Internet geplant. Details dazu gibt es auf der Homepage www.meiningsen.de

Sehen Meiningsen und das Leaderprojekt auf einem guten Weg (von links): Annette Alt (Vorsitzende des Presbyteriums), Architekt Sven Grüne, Ralf Gütting (Stabsstelle Struktur und Entwicklung), Axel Rohlfsmeier (Institut Kirche und Gesellschaft) und Ortsvorsteherin Anja Heymann. Fotos: Hans-Albert Limbrock

Das Architekturbüro „Post Welters & Partner“ hat bereits verschiedene Ideen für den Bereich Pfarrhaus und Pfarrgarten entwickelt.

Bei Ralf Gütting laufen die Pläne für die Planungen in Meiningsen zusammen.