Man lässt keinen Menschen ertrinken. Punkt

Erstellt am 07.02.2020

 

Von Frank Albrecht

ARNSBERG - Das Wetter war dem Thema angepasst – kalt und nass. Und damit passte es leider nur zu gut zur Aktion des Ökumenischen Arbeitskreises Arnsberg, der sich kurz vor Weihnachten an der Initiative „Gemeinsam Retten“ von „United4Rescue“ beteiligt hat. Passend zum „Tag der Menschenrechte“ gab es dazu einen Stand mit Informationen und kleinen Booten aus Papier. Die Beteiligten aus Arnsberg hatten Hunderte von ihnen gefaltet und auf dem Steinweg in Arnsberg präsentiert.

„Im Jahr 2019 sind über 1.300 Menschen bei ihrer Flucht auf dem Meer ertrunken - mindestens“, sagt Elisabeth Patzsch, die Flüchtlingsbeauftragte des Evangelischen Kirchenkreises Soest-Arnsberg. Vermutlich, so Patzsch, könnten es auch noch mehr gewesen sein, denn die Dunkelziffer der auf See verunglückten sei hoch. Unter dem Motto „Man lässt keine Menschen ertrinken. Punkt“ hatte die Evangelische Frauenhilfe in Westfalen e.V. zum Tag der Menschenrechte und darüber hinaus klar Stellung bezogen. Symbolisch für jeden bei Flucht der verstorbenen Menschen sollte ein Papierschiffchen gefaltet werden – beeindruckend viele waren es allein schon in Arnsberg.

Die Schiffe, die fein säuberlich aufgestellt wurden, beeindruckten Menschen, die an diesem ganz normalen Werktag in Arnsberg unterwegs waren. „Wir haben mit vielen Helfenden so viele Schiffchen gefaltet, dass sie hier alle gar keinen Platz finden“, freute sich Patzsch über die Unterstützung der Initiative. Hinter den Papierbooten und dem Stand der Christen in Arnsberg stand eine klare Aktion mit Aussage. Passanten wurden angesprochen und über die Situation am Mittelmeer informiert. Auch Spenden war ein Thema, sie konnten in eine wasserdichte See-Box geschmissen werden. Jeder der gespendet hatte, bekam einen kleinen farbigen Punkt, der auf eines der platzierten Schiffe geklebt werden kann.

„Schon seit einem Jahr gibt es keine staatliche Rettung mehr auf See“, beklagten Elisabeth Patzsch und die an der Aktion beteiligten Helferinnen und Helfer. Für sie unbegreiflich, dass sich die Staaten der Europäischen Union querstellen, nicht bereit sind, die Hilfsaktion auf See zu unterstützen. Bestes Beispiel, so Patzsch, sei die „Seewatch4“, die seit vier Monaten von den italienischen Behörden fest gesetzt sei und so keine Menschen vor dem Ertrinken retten könne.

„Die Behörden finden immer etwas, um ein Schiff aufzuhalten“, so Patzsch weiter. Von höchster Stelle aus versuche die Evangelische Kirche in Deutschland, auf die Entscheidungen der Staaten Einfluss zu nehmen. Aber leider sei der Ratsvorsitzende des Evangelischen Rates, Heinrich Bedford-Strohm, mit seiner Initiative noch nicht sonderlich erfolgreich.

Die Mitwirkenden am Stand wollten sich dennoch nicht entmutigen lassen. Nach und nach kamen auf immer mehr Schiffe die Klebepunkte, selbst Schüler hatten mit ihrem Taschengeld die Aktion unterstützt. Gemeinsames Ziel: „Wir sammeln für ein zweites Schiff“, erklärte Patzsch. Dabei bekommt der ökumenische Arbeitskreis vielfältige Unterstützung. „Hier lässt sich aus einem Trauerschiff ein Hoffnungsschiff machen“, sagte Pfarrerin Claudia Schäfer aus Arnsberg.

Für alle am Stand auf dem Steinweg war es ein schönes Gefühl, etwas Gutes zu tun. „Wir möchten uns als Christen hier gemeinsam einsetzten“, beschrieb Gemeindereferentin Grace Konal vom Pastoralen Raum Arnsberg. Vor dem Hintergrund der Weihnachtsbotschaft eine wichtige Sache. „Wir sehen hier das Grundlegende – das Menschenrecht auf Leben“, ergänzte Regine Prümen-Mündelein aus Arnsberg.

Menschen – ganz gleich welcher Herkunft – hätten einfach das Recht zu Überleben. Die Lehrerin hat in der Schule viele Gespräche mit Schülerinnen und Schülern dazu geführt, gemeinsam habe man auch Bilder von Fluchtsituationen auf See gesehen. „Das hat auf jeden Fall einen persönlichen Eindruck hinterlassen, denn hier haben die Menschen ihr Leben gelassen“, so Prümen-Mündelein.

Viele gute Gespräche zum Thema und eine zufrieden stellende Spendenbilanz – auf über 300 Euro haben es die Aktiven vom ökumenischen Arbeitskreis für die Initiative gebracht. Zurück bleiben aber auch Zweifel aus Gesprächen, die das Thema „Flüchtlingshilfe“ eher kritisch betrachtet haben. Alle Beteiligten wissen aber, dass sie mit ihren Papierschiffchen wohl nicht zum letzten Mal auf das Thema aufmerksam gemacht haben.

Regine Prümen-Mündelein, Anna-Marie Mett, Pfarrerin Claudia Schäfer, Gemeindereferentin Grace Konal und die Flüchtlingsbeauftragte Elisabeth Patzsch informierten jetzt über das Leid im Mittelmeer. Fotos: Frank Albrecht

Pfarrerin Claudia Schäfer und Gemeindereferentin Grace Konal arbeiten im Ökumenischen Arbeitskreis für das Thema eng zusammen.