Eine Orgel voller Geheimnisse

Erstellt am 05.03.2021

Regelmäßig legt Leon Berben auch selbst Hand an, wenn eine der Pfeifen verstimmt ist.

OSTÖNNEN – „Armut ist die beste Denkmalpflege!" Dieser Ausspruch gilt wohl besonders für die Orgel in Ostönnen. Dass die Orgel der St.-Andreas-Kirche alt ist, war allgemein bekannt, dass sie aber so alt ist und ein einmaliges historisches Musikinstrument darstellt, hat bis zur Restaurierung im Jahr 2000 keiner vermutet. Über die Geheimnisse, die Experten der Orgel entlockten, aber auch die, die noch immer in ihr stecken, berichtet der druckfrische neue Orgelführer „Die gotische Orgel Ostönnen".

Erschienen ist das 24 Seiten starke Heftchen in der Reihe „Kleine Kunstführer" des Regensburger Verlages Schnell & Steiner in einer Auflage von 3000 Exemplaren. Der Orgelexperte und Musiker Koos van de Linde beleuchtet darin die Vorgeschichte der Ostönner Orgel an ihrem einstigen Standort in der Soester Kirche Alt St. Thomae sowie den Umbau und die Überführung des Instruments 1721/22 durch Johann Patroclus Möller in die Kirche St. Andreas.

Van de Linde geht auch auf die Reparaturen in den Jahren 1727 bis 1790 ein, beschreibt den Umbau durch Johann Hermann Dreymann (1824), die Versetzung der Orgel innerhalb der Kirche (1874), die neue Klaviatur (1892), die Restaurierungen durch Paul Ott im Jahr 1962 und Rowan West in den Jahren 2001 bis 2003. Eingehend beschrieben werden außerdem das Gehäuse, die Windlade, die Mechanik und natürlich die alten Pfeifen.

In seinem Vorwort zum neuen Orgelführer schreibt Titularorganist Léon Berben: „Die Orgel mag vielleicht auf den ersten Blick nicht sofort ihre Geheimnisse preisgeben. Beim näheren Betrachten des barocken Orgelgehäuses jedoch fallen einem Elemente auf, die aus einer deutlich älteren Periode zu stammen scheinen: Insbesondere sticht die schöne Rosette im Notenpult ins Auge oder auch die Ornamente neben der Klaviatur an den Seiten. Tatsächlich stammen diese Elemente aus dem 15. Jahrhundert.“

Weiter schreibt Berben: „Bei der letzten vorbildlichen Restaurierung hat sich dann herausgestellt, dass Teile des Blasebalgs und ein Großteil der Pfeifen aus 1425/30 stammen und damit die zweifellos ältesten klingenden Pfeifen weltweit sind. Für den Spieler jedoch ist sicherlich der Klang des Instruments noch wichtiger. Die Orgel besticht durch eine farbenreiche Intonation, einen ungemein warmen, aber stets klaren Klang. Auch wenn die Orgel mit ihren „nur“ acht Registern vielleicht klein erscheinen mag, so bietet das Instrument ungeahnte Klangkombinationen und -möglichkeiten. Die Machart der Pfeifen aus fast reinem Blei ist von erstaunlich hoher Qualität und solider Bauweise, die Pfeifen haben die Jahrhunderte zum Glück sehr gut überstanden. So können wir auch heute noch in eine einzigartige Klangwelt abtauchen.“

Erhältlich ist der Orgelführer beim Freundeskreis der Evangelischen St.-Andreas-Kirche. Dort kann man auch den Ostönner Kirchenführer sowie eine CD des Titularorganisten bestellen: helmutreinekedontospamme@gowaway.web.de

Titularorganist Leon Berben und Helmut Reineke, Vorsitzender des Fördervereins, freuen sich, dass die Ostönner Orgel erneut große Aufmerksamkeit erzielt. Fotos: Hans-Albert Limbrock

Das Instrument der Andreaskirche ist die nachweislich älteste Orgel der Welt.

Ein Organist von Weltruf: Leon Berben.