Ein kuscheliger Begleiter und Seelentröster

Erstellt am 31.03.2021

Silvia Puppe ist Inhaberin von „Spielzeug Puppe“ (Warstein). Den großen Teddybären, den ihr ihre Eltern geschenkt haben, besitzt sie seit 40 Jahren. Er war und ist immer noch ein treuer Begleiter. Foto: Dorothea Richter

 

Von Dorothea Richter

WARSTEIN/GIENGEN - „Für Kinder ist nur das Beste gut genug“. Dieser Leitgedanke prägt bis heute die Firmenphilosophie des weltweit bekannten Spielzeug-und Plüschtierherstellers der Margarete Steiff GmbH. Der Bär mit dem „Knopf im Ohr“ und dem gelben Ohrfähnchen mit roter Beschriftung ist seit Generationen der Inbegriff vom „Teddy“. Heiß geliebt von unzähligen Mädchen und Jungen auf der ganzen Welt: als Freund, Begleiter und Seelentröster, einfach zum „knuddeln“. 2002 feierte der Teddybär seinen 100. Geburtstag.

Zu verdanken ist diese berühmte Plüschfigur einer außergewöhnlichen Frau: Margarete Steiff. Ihr Lebenswerk beginnt vor 139 Jahren und wird seitdem als Erfolgsgeschichte weitergeschrieben. Dabei ist der anfängliche Lebensweg der kleinen Apollonia Margarete Steiff, geboren am 24. Juli 1847, als drittes von vier Kindern in Giengen an der Brenz, alles andere als erfolgversprechend. Mit 18 Monaten erkrankt sie an hohem Fieber, drei Jahre später stellt der Arzt Kinderlähmung fest. Die Eltern sind  verzweifelt: Die vielen Arztbesuche und Kuren helfen nicht, ihre kleine Tochter wird immer auf die Hilfe anderer angewiesen sein. Was hat sie noch vom Leben zu erwarten?

Als niemand an eine gute Zukunft für sie glaubt, sagt die Großmutter zu ihr: „Gott hat einen Plan für jedes Menschenleben, was er dabei im Sinn hat, ist eine Überraschung. Aber er hat die Gretel lieb, und auch ihr kann er etwas geben, damit sie nützlich und glücklich wird.“ Diese Worte fallen in Margaretes Herz und sind prägend für ihr weiteres Leben.

Für immer an den Rollstuhl gefesselt, erkämpft sie sich ihren Platz. Mit 17 Jahren besucht sie trotz ihrer Schmerzen eine Nähschule, die sie erfolgreich mit der Schneiderlehre abschließt. Mit ihrem ersten selbstverdienten Geld kauft sie sich eine eigene Nähmaschine, dessen Schwungrad sie auf der rechten Seite aber nur mühsam bewegen kann. Kurzerhand wird daraufhin die Maschine umgedreht. Margarete  wird in Giengen als Weiß-und Kleidernäherin zu einer gefragten Schneiderin und gründet ein Filzwarengeschäft. Damit ist im Jahre 1877 der Schritt in die Selbständigkeit gelegt, bald kann sie mehrere Näherinnen beschäftigen.

Ein von ihr gefertigtes Nadelkissen, das kleine „Filzelefäntle“ ist bei den Kindern so beliebt, dass durch Zufall das erste weiche und kindgerechte Spielzeug entsteht. Mit Hilfe ihres jüngeren Bruders Fritz entpuppt es sich als  Verkaufsschlager, als offizielles Gründungsdatum der Manufaktor Steiff schreibt man das Jahr 1880. Sechs Jahre später verkauft Margarete über 5000 Elefanten, sie entwirft nun auch andere Stofftiere wie Affen, Esel, Pferde, Kamele, Schweine, Hunde, Katzen, Hasen und Giraffen, die 1892 in dem ersten Steiff-Katalog abgebildet sind unter Margaretes  Motto: „Für Kinder ist nur das Beste gut genug!“

Steiff wird zu einem Familienunternehmen, das Margarete gemeinsam mit ihren Neffen Richard, Paul und Franz als Kuscheltierfirma betreibt. Die Umsätze des Betriebes steigen schnell und die Expansion geht mit großen Schritten voran, der Versandhandel erfolgt nach England, Italien und Holland, später auch nach Frankreich, Russland und Amerika. Und da ist auch das Stichwort für die „Geburt“ des berühmten Teddybären der Firma Steiff: Richard, Margaretes Lieblingsneffe, tritt 1897 ins Unternehmen ein. Er ist äußerst kreativ, hat die Kunstgewerbeschule in Stuttgart besucht und ein Studium in England absolviert. 1902 entwirft er den Bären „Bär 55 PB“, den weltweit ersten Plüschbären mit beweglichen Armen und Beinen aus gut zu färbendem Mohairplüsch. Richard präsentiert seinen Bären auf der Leipziger Spielwarenmesse, der zunächst bei keinem der Besucher auf Interesse stößt.

Buchstäblich in letzter Sekunde - die Abbauarbeiten haben bereits begonnen - erscheint ein Amerikaner auf der Bildfläche.  Auf der vergeblichen Suche nach einem neuartigen Spielzeug entdeckt er den beweglichen Plüschbären und ist so fasziniert, dass er auf Anhieb 3000 Bären bestellt. Dies ist der Durchbruch der Margarete Steiff GmbH, die Nachfrage nach einem kinderfreundlichen Spielzeug nimmt immer zu. In den USA beginnt ein beispielloser Verkaufserfolg für den Bären, der 1906 unter dem Namen Teddybär, nach dem amerikanischen Präsidenten Theodore „Teddy“ Roosevelt, benannt wird.

Zwei Jahre vorher führt Neffe Franz das Markenzeichen „Steiff - Knopf im Ohr“ ein, um die Produkte vor Fälschungen zu schützen und den Qualitätsanspruch von Steiff zu garantieren.

Margarete erhält auf der Weltausstellung den Grand Prix. Im Jahre 1907 stellen 400 Mitarbeiter und 1800 Heimarbeiter  973 999  Teddybären und insgesamt 1.700 000 Spielzeugartikel her. Jedes einzelne Teil eines Teddys oder Tieres wird von Hand genäht, die „Garnierung“ verleiht das typische Aussehen und vollendet den Herstellungsprozess. Zur Füllung der Tiere verwendet man anfänglich Holzwolle, später kommen weichere Materialien in das Innere. Eine Weltfirma ist entstanden - ein berühmtes Traditionshaus.

Das bewegte  Leben von Margarete Steiff geht zu Ende: Sie stirbt am 9. Mai 1909 im Alter von 61 Jahren an den Folgen einer Lungenentzündung. Ein großer Schlag für die große Familie Steiff, Freunde und Angestellten. Die Neffen übernehmen die Führung des Unternehmens. Die Firma hat ihren Sitz bis zum heutigen Tag in Giengen, in avantgardistischen Glasbauten aus dem Jahre 1903. Das Markenzeichen „Steiff- Knopf im Ohr“ steht  für Tradition  und geprüfte Sicherheit, Internationalität, Ästhetik und höchste Qualität. 2005 wurde das Steiff Museum in Form eines riesigen Knopfes erbaut, ebenfalls in Giengen.

Das Geheimnis von Margarete Steiff, sich von Gott geliebt zu wissen, geht bis heute über ihr Leben hinaus: Der Teddy bereitet weltweit zahlreichen Kindern große Freude und nimmt einen wichtigen Platz in ihren kleinen Herzen ein. Aber auch bei Erwachsenen und Sammlern sind die Steifftiere wegen ihrer Einzigartigkeit sehr beliebt.    

Margarete Steiff war die Pionierin auf dem Gebiet der Kuscheltiere.

Ohne sie wäre die Kultfigur Teddybär undenkbar.

Margarete Steiff konnte sich auf familiäre Unterstützung verlassen; hier mit ihrer Schwägerin Anna.