Reformierte Gemeinde fusioniert mit Petri-Pauli

Erstellt am 01.04.2021

In die Landschaft der Soester Kirchen kommt Bewegung. Fotos: Hans-Albert Limbrock

Von Hans-Albert Limbrock

SOEST – Christian Casdorff ist ein Pfarrer, der die Dinge gerne auf den Punkt bringt: „Das ist eine gute Möglichkeit; eine wunderbare Geschichte. Das machen wir.“ Was er gestern Morgen so treffend in einem Zoom-Pressegespräch gemeinsam Pfarrerin Leona Holler und Pfarrer Bernd-Heiner Röger zusammenfasste, ist dabei nicht viel weniger als eine recht radikale Veränderung innerhalb der Evangelischen Kirchengemeinden von Soest: Die Petri-Pauli-Gemeinde und die Reformierte Gemeinde werden fusionieren. Nach exakt 360 Jahren wird damit in drei Jahren (2024) die Geschichte der Reformierten in Soest als eigenständige Gemeinde beendet.

Der Entscheidung sind intensive Gespräche vorausgegangen, nachdem Superintendent Dr. Manuel Schilling vor einigen Monaten diese Idee erstmals als eine Option für die Zukunft formuliert hat.  „Eine derart kleine Gemeinde wie die unsere steht innerhalb der kirchlichen Strukturen vor vielen Herausforderungen“, macht Leona Holler deutlich, dass man sich schon seit einiger Zeit mit der Zukunft für die Reformierte Gemeinde beschäftigt.

Es sind vor allem finanzielle Herausforderungen, unter deren Lasten die aktuell noch 320 Gemeindeglieder ächzen und in Zukunft noch mehr ächzen werden. Holler: „Eine besondere Herausforderung ist dabei die Finanzierung des Gemeindelebens und der Kirche mit dem Haushaltsvolumen, das uns durch die Pro-Kopf-Kirchensteuereinnahmen zur Verfügung steht.“

In Gesprächen mit der Haushaltsabteilung des Kirchenkreises sei dabei die sich abzeichnende Entwicklung dramatisch deutlich geworden. „Uns“, so Holler, „wurde klargemacht, dass auf Dauer nicht genug Geldmittel zur Verfügung stehen, um das Gemeindeleben aufrecht zu erhalten. Wir haben nur noch auf absehbare Zeit die Möglichkeit, haushalten zu können. Spätestens in fünf Jahren ist unser Haushalt aufgebraucht.“ Dies sei eine überaus traurige Erkenntnis gewesen: „Zu wissen, dass es keine Möglichkeit gibt, als eigenständige Gemeinde weiter zu existieren, war für uns eine bittere Erfahrung.“

Da mag man es fast schon als (göttliche) Fügung sehen, dass in dieser Phase der Überlegungen auch bei der vergleichsweisen großen Petri-Pauli-Gemeinde (7500 Gemeindeglieder) einschneidende Veränderungen anstehen: Dort geht Pfarrer Bernd-Heiner Röger im Oktober in den Ruhestand. Dass diese Pfarrstelle in Zukunft keine 100prozentige mehr sein würde, hatte die Landeskirche frühzeitig angedeutet.

Der Vorschlag von Superintendent Schilling, beide Gemeinden fusionieren und Leona Holler bekommt die Röger-Pfarrstelle (30 Prozent bei der Reformierten, 70 Prozent bei Petri-Pauli), hat einen intensiven Diskussionsprozess unter den Gläubigen, besonders aber in den Presbyterien angestoßen, an dessen Ende nun die sich abzeichnende Fusion in drei Jahren stehen wird.

Bis es soweit ist, gehen beide Gemeinden eine so genannte pfarramtliche Verbindung ein, was überhaupt erst den Weg zu dieser Regelung freigemacht hat, die ab 1. Oktober greifen soll

„In der zweiten Phase ab 2024 wird die Reformierte Gemeinde in die Petri-Pauli Gemeinde eingegliedert“, erklärt Casdorff und ergänzt: „Aber so, dass die theologischen wie gottesdienstlichen Traditionen der Reformierten Gemeinde erhalten bleiben.“ Gedacht ist in diesem Zusammenhang an die Gründung eines „Reformierten Forums“ innerhalb von Petri-Pauli.

„Für uns war und ist auch in Zukunft wichtig, dass Inhalte, die uns als Reformierte Gemeinde auszeichnen, nicht komplett auf der Strecke bleiben“, formuliert Holler  ihre Erwartungen an eine gemeinsame Zukunft und sieht diesen Anspruch auf einem guten Weg: „Erste Gespräche haben stattgefunden, in denen ein großes Interesse und ein großer Wille zum Ausdruck kam, dass „reformiert“ nicht untergehen möge, sondern dass das reformierte Erbe, das vor allem in den Gottesdiensten und in dem gesellschaftlichen und diakonischen Handeln zum Ausdruck kommt, bewahrt und gelebt wird.“

Auch in der Petri-Pauli-Gemeinde sieht man dem Zusammenschluss zuversichtlich entgegen: „Petri-Pauli“, so Casdorff, „war schon immer eine wunderbar schillernde Gemeinde, in der es ganz verschiedene Tonlagen gegeben hat und auch in Zukunft geben wird und soll.“

Die Landeskirche sieht hierin übrigens ein Pilotprojekt auch für andere reformierte Gemeinden. Holler: „Denn auch das steht fest: Wir stehen innerhalb der Westfälischen Landeskirche, ja innerhalb der Evangelischen Kirche Deutschlands nicht allein vor dieser Herausforderung. Viele reformierte Gemeinden stehen wegen ihrer Größe vor Fusionen oder Eingliederungen. Wir haben, Gott sei Dank, derzeit noch großes Glück, die Vorgänge mitgestalten zu können und auf Unterstützerinnen und Unterstützer auf unserem Weg zu hoffen.“

 

In einer Zoom-Konferenz informierten gestern Morgen Pfarrer Christian Casdorff, Pfarrerin Leona Holler und Pfarrer Bernd Heiner Röger die Journalisten Hans-Albert Limbrock und Holger Strumann über den Fusionsprozess.

Soll als Gottesdienst-Stätte weiterhin zur Verfügung stehen: Der Schiefe Turm.