Von der Vogelstange an den Ambo

Erstellt am 07.05.2021

Ingo Leopold (l.) hat sich entschlossen eine Prädikanten-Ausbildung in der evangelischen Kirchengemeinde Neheim zu absolvieren. Pfarrer Dr. Udo Arnoldi, sowie das Presbyterium haben den Antrag an den Superintendenten befürwortet. Fotos: Achim Benke

Von Achim Benke

NEHEIM-BACHUM - Ingo Leopold, Schützenoberst der Schützenbruderschaft St. Isidor Bachum hat seinem Schützenvorstand mitgeteilt, dass er ab 2022 für das Amt des Schützenobersts nicht mehr zur Verfügung steht. Der Grund: Leopold hat sich entschlossen 2022 in die Ausbildung als ehrenamtlicher Prädikant für die Evangelische Kirchengemeinde Neheim zu gehen.

Seit November 2020 ist der 46-jährige im Presbyterium. Seine Entscheidung für die Ausbildung als Prädikant fiel während eines Gottesdienstes mit seiner Tochter Mona. Sie ist Katechumenin. „Ich habe vorher nicht viel Kontakt zur Evangelischen Kirche gehabt. Eher zur Katholischen Kirche als Schützenoberst. Doch im Gottesdienst war das Zusammenspiel von Wort und Musik wie Meditation für mich“, erzählt Leopold. Er konnte so richtig entspannen und den Alltag für eine Stunde vergessen.

Dieses Empfinden will er künftig auch der Gemeinde vermitteln können. „Das kann ich hoffentlich nach der Ausbildung zum Prädikant“, hofft Leopold. Schon jetzt steht er als Lektor während des Gottesdienstes am Ambo. Vor Menschen zu sprechen fällt ihm nicht schwer. Er war fast zehn Jahre Gewerkschaftssekretär der IG-Metall Arnsberg und ist seit 2017 selbstständiger Referent für die Fortbildung von Betriebsräten.

Ingo Leopold hat dafür das Bildungsinstitut „Leopold“ gegründet, das auch weiterhin von ihm betrieben wird. „Doch das Sprechen in der Predigt ist anders. Schon als Lektor gibt man besonderen Teilen des Textes eine höhere Wertigkeit, um andere Sinne anzusprechen. Man pausiert, betont und informiert. Hoffnung und Glauben sollen gestärkt werden“, betont Leopold. Bei Gewerkschaftsvorträgen waren für ihn eher verbaler Kampfgeist und Stärke gefragt.

„Ich habe unsere Schützen in Bachum frühzeitig informiert. Damit haben sie genügend Zeit, sich nach einem Nachfolger für mich umzuschauen und auszuwählen. Sie fanden das fair. Schützenarbeit findet meistens am Wochenende statt“, so Leopold. Aber für die Ausbildung als Prädikanten wird er an vielen Wochenenden unterwegs sein  - und somit kaum Zeit für die Schützenbruderschaft haben.

„Für die Kirchengemeinde Neheim ist das sehr gut, dass sich Leopold für die ehrenamtliche Arbeit als Prädikant engagieren möchte“, betont Pfarrer Dr. Udo Arnoldi. Zurzeit gibt es zwei Prädikanten in der Gemeinde. Stefanie Schumacher und Wolfgang Boehnke. Schumacher ist außerdem Kirchmeisterin und Diakoniepresbyterin. Boehnke ist Diakon und zusätzlich Prädikant.

„Die Aufgaben eines Prädikanten werden in den nächsten Jahrzehnten immer wichtiger werden. Sie werden die Hauptamtlichen in ihren Aufgaben sehr entlasten. Es werden nicht mehr genügend Pfarrer und Pfarrerinnen zur Verfügung stehen und die Gemeinden werden in der Fläche vergrößert“, vermutet Arnoldi.

Ein Gespräch mit dem Superintendent des Evangelischen Kirchenkreises Soest-Arnsberg, Dr. Manuel Schilling, hat vor kurzem stattgefunden. „Das verlief sehr positiv. Es war nicht wie eine Job-Bewerbung. Die Zeit verging wie im Fluge. Ich bin sehr positiv eingestellt“, meint Leopold erleichtert.

Ingo Leopold hat in dem Gespräch deutlich gemacht, dass er ein politischer und weltlicher Mensch ist. In der Gewerkschaft ist er sehr sozialisiert worden. Diese Charaktereigenschaften verkörpert Leopold in seinen gesamten Aufgaben.

Nach dem Gespräch geht die Stellungnahme des Superintendenten an das Landeskirchenamt. Im Herbst folgt dann ein Kolloquium bei der Landeskirche. Hier muss der Prädikant den Nachweis erbringen, ob er das notwendige Verständnis und die praxiseigenen Methoden für die kirchliche Mitarbeit besitzt. Danach startet die fast einjährige Ausbildung.

Ein Pfarrer als Mentorin oder Mentor wird ihn individuell in dieser Zeit begleiten. Grundsätzlich ist das der Gemeindepfarrer.

Der siebte und letzte Schritt ist der Einführungsgottesdienst. Danach bekommt der Prädikant die Beauftragung zum Dienst an Wort und Sakrament durch die Landeskirche.

Infobox

Die Ausbildung für Mitarbeitende im Ehrenamt umfasst mehrere Themengebiete. Die Homiletik: Predigen wahrnehmen und lernen; Liturgik: Gottesdienst verstehen und feiern; Amtshandlungen und Sakramente, wie Abendmahl und Taufe. Trauungen und Beerdigung sind Inhalte einer zusätzlichen, anschließenden Fortbildung; Ein wichtiger und fester Bestandteil der Ausbildung ist das Coaching. Hinzu kommen Theologie und Bibelkunde sowie das Reflektieren der eigenen Rolle als Prädikant. Zum Schluss folgen noch Ordnung und Gesetze.

Ingo Leopold steht schon als Lektor in der evangelischen Kirchengemeinde während des Gottesdienstes am Ambo. Nach seiner Ausbildung in 2023 dann als Prädikant.