Brunsteinkapelle wird verkauft

Erstellt am 02.07.2021

Von Bettina Boronowsky 

Soest – Die Evangelische Petri-Pauli-Gemeinde will die denkmalgeschützte Brunsteinkapelle verkaufen. Die Verkaufsverhandlungen stehen kurz vor dem Abschluss. Der Künstler Fritz Risken aus Ampen (76) soll das Gebäude aber möglichst so lange nutzen dürfen, bis er 80 ist.

Zur Disposition stand das Kirchlein bereits seit der jüngsten Renovierung vor gut elf Jahren. „Wir müssen uns auf die Petri- und die Paulikirche konzentrieren, die unterhalten werden wollen“, schildert Röger die Lage der Gemeinde. Er beschäftigt sich bereits lange mit der Kapelle. „Für die Gottesdienste und die Zahl der Gläubigen reichen diese beiden Kirchen aus. Wir können nicht noch die Brunsteinkapelle unterhalten.“ Die Instandhaltung der zahlreichen Kirchen (und der Kapelle) sieht er ohnehin als Problem auf den Kirchenkreis zukommen.

Der Künstler Fritz Risken hatte das Gotteshaus 1998 für den Preis einer symbolischen Mark übernommen. Hintergrund der Maßnahme: Ein Gebäude, das genutzt wird, verfällt weniger schnell. 2004 wurde die Kapelle durch die Evangelische Landeskirche entwidmet und im Jahr 2010 für mehr als 300 000 Euro grundlegend renoviert, weil der Chorraum einzustürzen drohte. Risken richtete in dem gut zehn Meter hohen gotischen Gebäude sein Atelier ein und initiierte Kleinkunstveranstaltungen wie Lesungen, Konzerte und Ausstellungen. Bekannt wurde die vorweihnachtliche Präsentation seiner Sammlung von mehr als 140 Krippen.

„Ich weiß gar nicht, wo ich meine 3 000 Bilder lagern soll, wenn ich aus der Brunsteinkapelle herausgehe“, klagt Risken. Nicht zuletzt wegen dieses Problems möchte die Kirchengemeinde dem Künstler die Möglichkeit erhalten, die Kapelle noch einige Jahre zu nutzen. Interessenten, die das Kapellchen, in der Vergangenheit unter anderem als Arztpraxis und als Hotel nach dem Motto „Schlafen im gotischen Gemäuer“ nutzen wollten, sind abgesprungen.

Knackpunkte sind die aktuell unzureichende sanitäre Ausstattung – zur Toilette muss man um die Kirche herumgehen – und der fehlende zweite Ausgang, ein Fluchtweg, der aus brandschutztechnischen Gründen notwendig ist. Aber bauliche Veränderungen sind an dem denkmalgeschützen Gebäude kaum möglich.

„Die Brunsteinkapelle ist ein supersensibles Bauwerk. Bei jeder Maßnahme sitzen wir mit im Boot“, sagt Anna-Maria Berendes von der Unteren Denkmalbehörde bei der Stadt Soest. Das betreffe zwar nicht unbedingt den Kauf, sondern vor allem Umbauten. „Aber es ist natürlich schlau, sich schon vor dem Kauf zu informieren“, meint die Denkmalschützerin

Verhandelt werden muss auch mit der Landeskirche, zum Beispiel über die Inneneinrichtung der Kapelle. Dazu gehören die Kanzel, die als die älteste in Soest gilt, die 200 Jahre alte Tür, den Altartisch, die 20 alten Grabplatten im Boden und die Glocke im Türmchen, die noch vor wenigen Jahren das erste Soester Glockenkonzert einläutete.

Ehemalige Gotteshäuser in Deutschland wurden schon zu Bibliotheken, Hotels und Restaurants umgebaut. „Jede Kirche ist anders“, sagt Pfarrer Röger dazu. Für jede müsse eine individuelle Nutzung gefunden werden.

Ein Kleinod mitten in der Stadt: Nachdem die Brunsteinkapelle in den vergangenen Jahren dem Amper Künstler Fritz Risken als Atelier gedient hat, steht sie nun unmittelbar vor dem Verkauf. Vorerst soll Risken bleiben können. Foto: Hans-Albert Limbrock

Kirchlein mit Geschichte

Die Brunsteinkapelle wurde 1225 erstmals urkundlich erwähnt als Stiftung der Familie Brundstein, genannt Schonekind, und gehörte danach zwei weiteren Familien. 1408 ging sie an den Soester Stadtrat. In der Zeit der Rekatholisierung wurde die Brunsteinkapelle „Ketzerkirche“ genannt, weil sie vom Rat zur Verfügung gestellt worden war, damit das Abendmahl in beiderlei Gestalt gefeiert werden konnte. 1662 stürzte das Gewölbe ein. Die Reformierte Gemeinde erneuerte das Gebäude und nutzte es seitdem.

1890 verkauften die „Reformierten“ die Kapelle an die Petrigemeinde und zogen selbst in den „Schiefen Turm“. Als Alt-St. Thomä zerstört wurde, nutze die reformierte Gemeinde die Brunstenkapelle ab 1949 erneut. 1988 wurde sie zum Gottesdienstraum für die Baptisten. Bald war sie aber zu klein für die fast 400 Gemeindemitglieder.

Nach zehn Jahren zogen die Baptisten aus und der Künstler Fritz Risken zog ein. Heute gilt die Brunsteinkapelle als die letzte erhaltene von insgesamt 20 mittelalterlichen Bürgerkapellen.