Offene Türen für Behinderte

Erstellt am 23.07.2021

 

Von Frank Albrecht

Hüsten. Eine Gruppe von zwölf Mitgliedern der Evangelischen Kirchengemeinde Hüsten hatte sich jetzt auf den Weg gemacht, mehr über die laufenden Umbauarbeiten am Gemeindehaus auf dem Mühlenberg zu erfahren. Nach einer Corona bedingten Einschränkung des Gemeindelebens in Hüsten, führte Jochen Ullrich die Interessierten durch die neuen Räume, die schon Gestalt angenommen haben. Kinder und die Helfer des Kindergottesdienstes, aber auch Seniorenkreis oder Frauenhilfe wie die Gruppe „kreuz + quer“ oder der Kreis junger Familien werden sich über die neuen Möglichkeiten freuen.

Über Fotos auf der Homepage der Gemeinde nimmt der Bauausschuss die Mitglieder der Gemeinde immer wieder mit und dokumentiert einzelne Fortschritte der Umwandlung des alten Gemeindehauses für alle greifbar. So wird derzeit das gesamte Untergeschoss des alten Hauses gründlich auf links gekrempelt, während im oberen Bereich weiterhin Pfarrerin Ulrike Rüter ihr Zuhause hat. Mehr Raum für die Treffen der Gemeinde und vor allem eine barrierefreie Ausrichtung des neuen Gemeindehauses sind das vordringliche Ziel des Umbaus.

So wird die Barrierefreiheit künftig schon von außen zu erkennen sein. „Der Eingangsbereich wird mit einem Leitsystem für Sehbehinderte ausgerüstet“, erklärte Baustellen-Führer Jochen Ullrich. Die so genannten taktilen Streifen, geben Menschen mit Blindenstock die Richtung vor, über die sie sich dem Eingang des Hauses gefahrlos nähern können. Für den barrierefreien Umbau auf dem Mühlenberg hat sich die Gemeinde bei der Behinderten Interessenvertretung (BIV) in der Stadt Arnsberg schlau gemacht. Danach sind im Außenbereich für die Treppen kontraststarke Farben gewählt worden, und auch eine Rampe für Rollstuhlfahrer wird gebaut.

Die bauliche Struktur des Hauses und seine Lage an der Straße stellen für den barrierefreien Umbau des Gemeindezentrums eine Herausforderung dar. Die erforderliche Rampe wurde mit dem Behindertenbeauftragten des HSK besprochen, und nun soll eine spezielle Nutzung für Rollstuhlfahrer beachtet werden. Wie auch immer, die Tür des neuen Eingangs wird sich auf einer Breite von 1,20 Metern für alle automatisch öffnen. Eine Schiebetür ist die Lösung und soll künftig die Besucher in Hüsten direkt in den Eingangsbereich führen. „Schon dafür ist Geduld gefragt, der Weg ist noch lang“, macht Ullrich den Gästen der Baustellenführung Mut.

Barrierearm geht es auch im Innern des Gebäudes weiter. Die Rohre für den neuen Toilettenbereich, der auch mit dem Rollstuhl benutzt werden kann, sind schon verlegt. Eine spezielle Akustikdecke im Gemeindesaal schluckt später den Schall und will für klare Kommunikation sorgen und so die „Hörsamkeit“ des Saals verbessern. Geplant wurde bis ins Detail: Selbst die Form des so genannten Sauberläufers ist schon ausgedacht. Kurze Wege für die Gemeinde in den Saal und variable Nutzungsmöglichkeiten prägen die Pläne der Hüstener für ihren Umbau. Der Gemeindesaal soll zum Schmuckstück des Hauses werden.

Der eigens dafür errichtete Anbau schließt sich nahtlos an den Altbau von Anfang des 20. Jahrhunderts an. Eine komplette Außenmauer hat man dafür abgerissen und die Last des Haues auf neue Stahlträger verlegt. Fünf riesige Fenster geben dem Raum Licht, eines von ihnen dient auch als Notausgang.

Aber auch hier machen sich die derzeitigen Lieferschwierigkeiten bei Baumaterialien bemerkbar. „Die Fenster“, erzählt Jochen Ulrich, „werden nicht vor September eintreffen.“ Davon wollen sich die Mitglieder des Bauausschusses und die Gäste der Baustellenführung aber nicht vergrämen lassen, zu groß ist die Vorfreunde auf das, was da kommt.

Dabei hat das Haus, das sich schon seit 1974 im Besitz der Kirchengemeinde befindet, so einiges zu erzählen. Bei den Sanierungsarbeiten sind die Tapeten aus den 60er Jahren wieder zum Vorschein gekommen, am Fußboden hat man die verschiedenen Phasen des Deckenbaus nachvollziehen können. Aber auch die Bautugenden der Hausbauer sind deutlich geworden. „Beim Bau wurde einst gespart“, erklärt Jochen Ulrich, „man hat gute Steine genommen, aber schlechten Mörtel verarbeitet.“

Den ehrgeizigen Plänen zum Umbau des Gemeindehauses soll das aber keinen Abbruch tun: Bewusst habe man sich für eine Baufirma entschieden, die viel Erfahrung für das Projekt mitbringt. „Bauen im Bestand ist immer eine Herausforderung“, erklärt Ulrich weiter, und niemand mag ihm widersprechen. Und die macht auch vor der Finanzierung des Unterfangens nicht halt: Im sechsstelligen Bereich liegen die Kosten. Einen nicht unerheblichen Teil macht die barrierefreie Ausstattung des Gebäudes aus. Bei der „Aktion Mensch“ hat man einen Antrag auf Unterstützung eingereicht und eine positive Würdigung der Maßnahmen durch die Interessenvertreter der Behindertenvereinigung bekommen.

Darüber hinaus haben alle weiter die Chance, ihren Teil für das später neue Gemeindehaus zu leisten: In der Gemeinde werden Spenden zur Unterstützung gesammelt. Bei der Volksbank Sauerland wird zudem eine Crowdfunding-Aktion gestartet, und man hofft auf große Beteiligung. „Unser Dank geht auch an den Bauausschuss der Gemeinde, der alles mitgeplant hat“, schließt Jochen Ullrich den interessanten Rundgang ab.

 

 

Baustellen-Führer Jochen Ullrich erklärt den Interessierten aus der Gemeinde die spannenden Details des Umbaus am Paul-Schneider-Haus in Hüsten. Fotos:_Frank Albrech

Pfarrerin Ulrike Rüter, Jochen Ullrich und Beate Ullrich freuen sich schon auf die Fertigstellung des Projektes, bei dem sich der Neubau an den Altbau anschmiegen soll.