Wenn der Waschzuber zum Taufbecken wird

Erstellt am 23.07.2021

Pfarrer Werner Vedder holte am Ende der Zeremonie Eltern mit Täufling und die Paten zum Altar.

Von Josef Holthoff

Welver. Mion soll im Kreis der ganzen Familie getauft werden, das war das erklärte Ziel von Mareike und Daniel Nastalie aus Welver. Das fünfte Kind der jungen Familie, das bereits im Mai vergangenen Jahres geboren wurde, soll mit der Taufzeremonie vor der großen Familie damit auch in die christliche Gemeinschaft aufgenommen werden. Daher zögerten sie nicht lange, als sie von der Möglichkeit der Haustaufe erfuhren.

Pfarrer Werner Vedder, der in der Evangelischen Kirchengemeinde Niederbörde seinen Pfarrbezirk hat, schöpft dazu das Taufwasser aus einem alten Waschzuber, der als Brunnen umfunktioniert wurde und in dem Seerosen blühen. Auf dem Hof der Großmutter des kleinen Erdenbürgers, dem Weringhof, findet die ganze Familie Platz. Paten, Onkel, Tanten und natürlich die Geschwister des Täuflings, Mila, 14, Jahre, die Zwillinge Milow und Mika, 11 Jahre, und der 4-jährige Miro, dem bei dem Gottesdienst eine besondere Rolle zufällt. Er läutet die kleine Glocke zu Beginn und zum Ende des Gottesdienstes mit Hingabe.

Neben dem liebevoll geschmückten Altar sind die Taufkerze und die alte Hausbibel dekoriert, die seit 1914 im Besitz der Familie ist. Diese Bibel hat ihren Ursprung auch auf dem Weringhof zwischen Welver, Vellinghausen und Norddinker, auf dem jetzt die Hoftaufe zelebriert wird.

Werner Vedder begrüßt diese neue Form der Taufe. Bisher fanden die Taufen nur in der Gemeinschaft der Gemeindegottesdienste statt. Vedder: „In Pandemiezeiten müssen neue Wege beschritten werden.“ Zudem ist sozusagen ein Stau entstanden, da viele Taufen aufgeschoben wurden, um den Kreis der Gäste zu vergrößern zu können.

Aber gerade in der Gemeinde Welver ist auch durch die Zusammenlegung der vier Kirchspiele Borgeln, Schwefe, Dinker und Welver zu der neuen Kirchengemeinde Niederbörde ein großer Bedarf entstanden, da  dadurch anzahlmäßig weniger Gottesdienste stattfinden. Allein in den kommenden drei Monaten sind jetzt mehr als dreißig Taufen zu bewältigen, und die Nachfrage steigt weiter.

Werner Vedder lobt die Kreativität der Eltern bei der Vorbereitung der Taufen. „Da wird gern das alte Waschgeschirr der Oma zur Taufe genommen und auf den Altären finden sich die unterschiedlichsten Kreuze. Sei es das Familienkreuz von der Wohnzimmerwand oder das selbst gezimmerte Kreuz aus Birkenholz, immer ist es etwas Besonderes und dazu sehr lebendig."

Häufig werden auch die Fürbitten von Eltern, Paten und Großeltern sehr individuell gestaltet. Die musikalische Ausgestaltung ist nicht immer so imposant wie jetzt auf dem Weringhof, ein Posaunenchor, der hauptsächlich mit Familienmitgliedern besetzt ist, sorgt hier für den musikalischen Rahmen. Häufig sind es dann Familienmitglieder, die auf einem Instrument spielen, berichtet Vedder, aber auch Musik aus der Retorte oder ein Organist der Kirchengemeinde mit einem Keyboard wird genommen. Dabei legt Pfarrer Werner Vedder auf eines großen Wert. „Es muss ein Gottesdienst bleiben und darf nicht zu einem Event werden“ betont er.

In der Katholischen Kirchengemeinde, der Pfarrei St. Maria Welver, gibt es solche Haus- und Hoftaufen nicht, wie der katholische Seelsorger Pastor André Aßheuer auf Nachfrage erklärt, auch eine Häufung der Taufen wird dort nicht wahrgenommen, an den Wochenenden finden dort jeweils zwei bis drei Taufen statt.

Dass die momentane gefühlte Zunahme der Taufen in der Evangelischen Kirche eine Coronaerscheinung ist, wie im Taufgespräch mit Pfarrer Vedder häufig vermutet wird, und in der Pandemie mehr Kinder geboren werden, kann die Standesbeamtin im Bürgerbüro des Welveraner Rathaus, Kerstin Hesse, nicht bestätigen. Im ersten Halbjahr des vergangenen Jahres verzeichnete sie insgesamt 57 Geburten, in diesem Jahr stehen dem 56 Geburtseinträge gegenüber. Das wird viele Eltern beruhigen

Der 4-jährige Bruder des Täuflings, Miro, durfte zu Beginn und zum Ende der feierlichen Zeremonie die kleine Glocke läuten. Fotos: Hoppe

Pfarrer Werner Vedder tauft den einjährigen Mion, der von seinem Vater Daniel Nastalie gehalten wird.

Die Familienbibel auf dem Weringhof ist aus dem Jahr 1914 und hat schon viele Taufen und weitere Anlässe begleitet.