Detektivgeschichte und Märchen

Erstellt am 10.09.2021

Wie der Flügel ins Gemeindehaus nach Geseke kam - Kirchengemeinde investiert 33.000 Euro

Pfarrerin Christina Ziemssen am Bechstein Flügel

 

Von Hans-Albert Limbrock

Geseke. Ein paar Kratzer. An manchen Stellen ist buchstäblich der Lack ab. Keine Frage, der Flügel, der im Geseker Gemeindehaus steht, hat schon bessere Zeiten erlebt. Aber dass sich unter der etwas mitgenommenen Fassade ein echtes Schmuckstück verbirgt, ein Schmuckstück, das Experten Seufzer des Entzückens entlockt – das hat lange Zeit niemand geahnt.

„Das“, so Gemeindepfarrerin Kristina Ziemssen, „ist eine ganz spannende Geschichte.“ Als sie vor nunmehr sechs Jahren ihren Dienst in Geseke begann, ist ihr der Flügel gleich aufgefallen. „Ich habe irgendwie gespürt,  dass das etwas ganz Besonderes ist.“ Auf Nachfrage, wo der Flügel herstamme und wie in die Gemeinde gekommen sei, gab es stets die gleiche Antwort: „Der steht doch schon immer hier.“

Aber mit dieser Auskunft hat sich die Pfarrerin nicht zufrieden gegeben. Da das Gemeindehaus in den nächsten Monaten renoviert wird, hat sie mit ihren Nachforschungen begonnen. Und die sind in der Tat spannend wie eine Detektivgeschichte: „Zunächst habe ich mit Klaus Irmscher Kontakt aufgenommen. Das ist ein enger Freund, der sich mit solchen Dingen sehr gut auskennt.“

Irmscher hat ihr geraten, bei der Firma Bechstein nachzufragen, die den Flügel gebaut haben. Bechstein gehört zu den renommiertesten Klavierbauern weltweit. Ihre Flügel stehen in vielen großen Konzerthäusern rund um den Globus. In Düsseldorf war man bei der Beschreibung gleich sehr angetan und hat einen Experten nach Geseke geschickt, der das Instrument unter die Lupe genommen und auf Herz und Nieren geprüft hat.

„Drei Stunden hat er sich mit unserem Flügel beschäftigt“, verrät Ziemssen. Das Urteil des Fachmannes: Es besteht zwar einiges an Restaurierungsbedarf, aber insgesamt ist er noch gut in Schuss. Nach umfangreicher Generalüberholung habe man wieder ein Instrument, das wie neu sei. Und das Beste: Es handelt sich um einen historischen Flügel im Originalzustand. Als Baujahr konnte 1898 ermittelt werden.

Ziemssen: „Das hat uns natürlich schon überrascht. Der Flügel ist also über 120 Jahre alt.“ Doch damit war die Frage, wie die Gemeinde in den Besitz des schwarzen Schmuckstücks gekommen ist, natürlich noch nicht beantwortet. Also hat Ziemssen weiter geforscht. Die entscheidende Spur konnte dann Professor Dr. Christian De Witt liefern, der ist inzwischen musikalischer Leiter der Folkwang-Schule Essen und war zuvor Kantor und Organist in Geseke.

Von ihm hat Ziemssen erfahren, dass der Flügel ursprünglich in Osnabrück  bespielt wurde. Dort hat er einer wohlhabenden Unternehmerfamilie gehört. Nachdem während des 2. Weltkrieges das evangelische Gemeindehaus zerbombt wurde und das dortige Klavier in Schutt und Asche gefallen war, hat der Unternehmer dem evangelischen Kirchenmusiker der Gemeinde seinen Flügel zur Verfügung gestellt. Dieser Kirchenmusiker war der Vater von De Witt, der den Flügel dann mit nach Geseke gebracht und nach seinem Weggang der Gemeinde überlassen hat. „Und damit schließt sich der Kreis“, sagt die Pfarrerin.

Für das Presbyterium war relativ schnell klar, dass man in die Restaurierung investieren werde. „Im Grunde genommen“, so Ziemssen, „ist das meiste ganz normaler Verschleiß. Allerdings ist der Flügel in den letzten Jahren auch nicht mehr besonders gepflegt worden.“ 33.000 Euro wird die Generalüberholung kosten. Ein neuer Flügel dieser Qualität würde eine sechsstellige Summe kosten. Ziemssen: „Im Presbyterium waren alle der Meinung: Wir machen das. So etwas gibt man nicht so einfach weg. Der hat schließlich schon vierzig Jahre treue Dienste bei uns geleistet. Es ist auch ein starkes Signal, was uns Musik in dieser Gemeinde wert ist.“

Dass das Geld bestens angelegt sein wird, unterschreibt auch Annette Elisabeth Arnsmeier, die in Soest bei Petri-Pauli als Kantorin tätig ist. Sie hat nach einem Probespiel bestätigt, dass der Flügel ein tolles Instrument mit einem tollen, besonders weichen  Klang ist.

„So ein bisschen ist das wie im Märchen“, schmunzelt Pfarrerin Ziemssen. „Da wird aus Aschenbrödel bekanntermaßen auch eine schöne Prinzessin.“ Ganz so schnell wie im Märchen wird die Verwandlung allerdings nicht gehen.  Ein ganzes Jahr wird es dauern, bis der Bechstein 1998 wieder in Geseke steht. Rechtzeitig zur Wiedereinweihung des Gemeindehauses im Herbst kommenden Jahres soll er fertig sin. „Dann gibt es garantiert ein außergewöhnliches Konzert“, verspricht Kristina Ziemssen. 

Das Innenleben des wertvollen Musikinstrumentes steht noch sehr gut da

Ihre Spende ist herzlich willkommen:

Sie haben es gelesen. Der Bechstein Flügel, der uns jahrzehntelang treue musikalische Dienste geleistet hat, muss dringend restauriert werden, damit wir alle noch lange unsere Freude an diesem einmaligen Instrument haben  können. Wenn Ihnen der Erhalt auch am Herzen liegt, spenden Sie gerne:

Zahlungsempfänger:

Ev. Kirchengemeinde

Sparkasse Geseke

IBAN: DE56416519650000007948

Bitte unbedingt den Verwendungszweck angeben: 49106-27710011 Bechstein-Flügel

Bei Rückfragen stehe ich selbstverständlich zur Verfügung.

Pfarrerin Kristina Ziemssen