Bewahrung der Schöpfung: Christians for Future stellen Forderungen

Erstellt am 24.09.2021

Aufbruch für Klimagerechtigkeit in den Kirchen

Übergabe der Forderungen an die Kirchenvertreter in Soest, Superintendent Dr. Schilling (Vierter von links) und Propst Röttger (hinten Mitte)

 

Von Kerstin Werner

16. September 2021 – Einen neuen Aufbruch für Klimagerechtigkeit in den Kirchen wünschen sich die C4F. Sie erkennen an, dass Klimagerechtigkeit in den Kirchen an vielen Orten schon seit Jahren eine wichtige Rolle spielt - dieses Handeln ist aber nicht flächendeckend und oft nicht der Größe der Herausforderung angemessen.

Die Aktivist:innen der C4F haben das Handeln der Kirchen analysiert und kommen zu dem Fazit: Es reicht nicht. Gerade in der evangelischen Kirche gibt es viele positive Beispiele für politisches Engagement für Klimagerechtigkeit, aber nicht in allen Landeskirchen und Gemeinden. Zudem hat die EKD zum Beispiel beschlossen, bis zum Jahr 2050 Klimaneutralität zu erreichen, was nicht annähernd konform ist mit dem 1,5 Grad-Ziel. Zum Vergleich: Damit liegt die EKD aktuell sogar hinter dem neuen deutschen Klimaschutzgesetz, das die Neutralität bis 2045 anvisiert. Manche Landeskirchen haben schon schärfere Ziele, andere schwächere.

Auch in der katholischen Kirche gibt es nicht genug Einsatz für Klimagerechtigkeit: Katholische Bischöfe lassen sich kaum auf Klimademos blicken und finden selten deutliche Worte zum Klimaschutz. Die Bistümer haben – mit wenigen positiven Ausnahmen wie Freiburg (Ziel: Klimaneutralität bis 2030) – größtenteils nicht einmal Klimaziele definiert und zu oft keine hauptamtlichen Umweltbeauftragten eingesetzt.

In zwölf Punkten haben die C4F ausgearbeitet, wie aus ihrer Sicht Klimagerechtigkeit in den Kirchen gelebt werden sollte: Die Kirchen sollen deutlich sichtbarer den politischen Diskurs mitgestalten, ihre Rolle als moralische Instanz wahrnehmen und anwaltschaftlich für die benachteiligten Menschen dieser Erde auftreten, die die Klimakrise wohl am härtesten treffen wird. Unter anderem bei den eigenen Gebäuden und Anwesen soll bereits bis 2030 Klimaneutralität erreicht werden und die Kirchen sollen sich zu aktivem Divestment verpflichten, das heißt nicht mehr in Unternehmen investieren, die mit Öl, Gas und Kohle Umsatz machen. Darüber hinaus soll Klimagerechtigkeit auch in der Gemeindearbeit zum ständigen Thema werden.

Andere Gruppen der For-Future-Bewegung, etwa Fridays For Future und Parents For Future unterstützen die Forderungen der C4F. Sie unterstützen die Forderungen genauso wie etliche Theolog:innen, Wissenschaftler:innen, Leitungen von Verbänden und Orden und andere bekannte Personen, zum Beispiel der Hauptgeschäftsführer von Misereor Pirmin Spiegel, Bischöfin a.D. Bärbel Wartenberg-Potter, Provinzial der zentraleuropäischen Provinz der Jesuiten Bernhard Bürgler SJ, viele Professor:innen wie Prof. Dr. Markus Vogt, Prof. Dr. Ruben Zimmermann, Prof. Dr. Dr. Ulrich Hemel vom Bund Katholischer Unternehmer und der Co-Chair des diesjährigen UNO-Weltklimarat Berichts Prof. Dr. Hans Pörtner vom Alfred-Wegener Instituts. Weitere Unterzeichner*innen sind beispielsweise Udo Hahn, Direktor Evangelische Akademie Tutzing, Annette Behnken von der Evangelischen Akademie Loccum und Pater Anselm Grün OSB. Am 16. September überreichen Aktivist:innen den Forderungskatalog an hochrangige Vertreter:innen der Landeskirchen, Diözesen und Vertreter:innen der Freikirchen. In anschließenden Gesprächen erörterten sie mit den Kirchen, die Möglichkeiten, sich sichtbarer und mutiger in der Klimakrise zu engagieren.

Die 12 Forderungen im Überblick

DIE PROPHETISCHE STIMME DER KIRCHEN

1. Die Kirchenleitungen zeigen sich solidarisch mit den Forderungen von Fridays For Future Deutschland und kommunizieren dies öffentlichkeitswirksam durch Worte und Taten.

2. Die Kirchenleitungen stehen zusammen mit anderen Religionsgemeinschaften auf nationaler und regionaler Ebene in regelmäßigem strukturiertem Austausch mit der Klimagerechtigkeitsbewegung mit dem Ziel, sich gemeinsam für Klimagerechtigkeit einzusetzen.

3. Die Kirchenleitungen auf nationaler und regionaler Ebene machen mit regelmäßigen öffentlichkeitswirksamen Aktionen, zum Beispiel persönlicher Beteiligung an Demonstrationen zum Globalen Klimastreik, Menschenketten, für Klimagerechtigkeit, Mahnwachen oder ähnlichem, auf die Dringlichkeit des Klimaschutzes aufmerksam.

4. Die Kirchenleitungen suchen das persönliche Gespräch mit der Politik und fordern einen deutlichen Wandel hin zu klimagerechter Politik.

5. Die internationale ökumenische Zusammenarbeit und weltkirchliche Solidarität auf den  unterschiedlichen kirchlichen Ebenen wird gestärkt in Bezug auf die gemeinsame Herausforderung der globalen Klima- und Umweltkrise, die viele Länder in Afrika, Lateinamerika, Asien und Ozeanien besonders hart trifft.

UMSTELLUNG DES EIGENEN HANDELNS IN DEN KIRCHEN

6. Die Landeskirchen und (Erz-)Bistümer setzen sich das Ziel, bis 2030 Klimaneutralität zu erreichen. Haushaltsplanungen und Investitionsentscheidungen werden an diesem Ziel ausgerichtet.

7. Die Landeskirchen und (Erz-)Bistümer stellen sicher, dass alle land- und forstwirtschaftlichen Flächen in kirchlichem Besitz bis 2035 klimapositiv und nach den Kriterien des Ökolandbaus bewirtschaftet werden. Neuverträge werden ab sofort nach diesen Kriterien abgeschlossen. Auf den Einsatz von Torf wird ab sofort verzichtet.

8. Die Landeskirchen und (Erz-)Bistümer verpflichten sich auf Divestment (Ausschlusskriterien für Geldanlagen) von Kohle, Öl und Gas und verkünden diese Verpflichtung öffentlichkeitswirksam.

9. Alle (Erz-)Diözesen und Landeskirchen schaffen pro 100.000 Kirchenmitgliedern eine Vollzeitstelle im Umwelt- und Klimabereich. Auf nationaler Ebene richten die Kirchen Kompetenzstellen Klimaneutralität ein.

BEWUSSTSEINSWANDEL INNERHALB DER KIRCHEN

10. Die Kirchenleitungen fördern kooperative Bündnisse, die das Engagement für Klimagerechtigkeit in den Kirchen vorantreiben, wie das Ökumenische Netzwerk Klimagerechtigkeit.

11. Die Kirchenleitungen stellen sicher, dass das dringende Handeln zur Bewahrung der Schöpfung in der pastoralen Arbeit und Ausbildung grundgelegt ist. Dafür organisieren sie verpflichtende Fortbildungen für alle Hauptamtlichen zum Thema Klimakrise.

12. Die Kirchenleitungen fördern verstärkt Schöpfungsverantwortung in Liturgie und Spiritualität. Zusätzlich beteiligen sich die Kirchen an dem Bemühen, pastorale Antworten auf die große Sorge und Zukunftsangst vieler Menschen zu bieten und schaffen seelsorgerische Angebote für interessierte Aktivist*innen.