Pfarrer ein Leben lang

Erstellt am 10.12.2021

Von Frank Albrecht

Hüsten. Das Kirchenjahr beginnt, ein Pfarrer geht: Mit einem ausgedehnten Gottesdienst hat jetzt die Evangelische Kirchengemeinde Hüsten ihren offiziellen Abschied von Pfarrer Reinhard Weiß begangen. Im Beisein von Superintendent Dr. Manuel Schilling, seiner evangelischen Amtskolleg*innen aus der Stadt Arnsberg sowie des katholischen Amtsbruders Daniel Meiworm erlebten die Gemeindemitglieder eine bewegende Zeremonie, die an Wirken und Wirkung des langjährigen Pfarrers erinnerte.

„Jetzt ist es so weit, mit deiner Verabschiedung nach 34 Jahren geht eine Ära zu Ende“, sagte Pfarrerin Ulrike Rüter vor der Gemeinde und an den scheidenden Reinhard Weiß gewandt. Zusammen mit der Familie von Weiß konnte Rüter zum Abschied zahlreiche Mitglieder der Gemeinde in der Hüstener Kreuzkirche begrüßen, die unter den strengen Auflagen der Corona-Schutzverordnung ihren Weg in das Gotteshaus zum Abschiednehmen gefunden hatten. Dabei gelang es allen am Gottesdienst Beteiligten, den Advent mit Start in das neue Kirchenjahr sowie den Abschied von einem beliebten Geistlichen in einer kirchlichen Feier gelungen zu verbinden.

In Liedern und Texten stand der Gottesdienst ganz im Zeichen von Licht und Helligkeit. Zwar stritten die Adventskerzen am Altar in einem Spiel zunächst symbolisch darüber, welche von ihnen zuerst angezündet werden sollte, aber schließlich konnte doch ein Kind aus dem Kindergarten die erste Adventskerze entzünden.

„Ihr Lieben – groß und klein“, eröffnete Pfarrer Reinhard Weiß seine vorerst letzte Ansprache in der Kreuzkirche, in der er Licht und Finsternis und seine Bedeutung zum Thema machte. Einer Finsternis, die von Not durch Flut, Pandemie und die Flüchtlingssituation geprägt sei, stellte Reinhard Weiß die Hoffnung gegenüber. „Die Welt sehnt sich nach Licht“, so der Pfarrer in seiner Ansprache. Und er machte deutlich, dass es Gottes Heil auch gebe, ohne dass die Menschen es verdient haben.

Dem adventlichen Glaubensbekenntnis folgte schließlich Superintendent Dr. Manuel Schilling mit dem Akt der Entpflichtung von Pfarrer Reinhard Weiß, die er vor dem Altar im Kreis von Kolleginnen und Kollegen aus der Evangelischen und Katholischen Kirche vollzog. Dr. Schilling erinnerte an die Stationen des Scheidenden, der nach einem Start in Bochum in Arnsberg hängen geblieben sei und hier sein segensreiches Wirken fortsetzen konnte.

„Jetzt ist es so weit, mit deiner Verabschiedung nach 34 Jahren geht eine Ära zu Ende“

Pfarrerin Ulrike Rüter

„Mit dem Ruhestand gehst du nun in eine neue Lebensphase, aber du darfst weiter predigen“, erklärte der Superintendent vor der versammelten Gemeinde. Und über die im Kreis stehenden Kolleg*innen empfing Reinhard Weiß den Segen Gottes. Stehend nahm die Gemeinde dazu Abschied von ihrem Seelsorger, der in Absprache mit der Kirchenkreisleitung und der Landeskirche seine Tätigkeiten nun zunächst für ein Jahr komplett ruhen lässt.

Von einem Stuhl vor dem Altar aus hörte Reinhard Weiß zur Verabschiedung die Grußworte. „Sie sind einer aus dem Volk und haben sich die Erdverbundenheit aus dem Ruhrgebiet bis heute bewahrt“, sagte Superintendent Schilling in seiner Laudatio. Weiß, der 34 Jahre lang als Pfarrer in der Gemeinde tätig war, habe ein Leben lang den Herrn zu den Menschen getragen, so Schilling.

Zu seinen Stationen gehörte seine einstige Beratungstätigkeit für Kriegsdienstverweigerer, die von ihm sehr geliebte Arbeit mit Kindern in der Gemeinde sowie seine Tätigkeit als Notfallseelsorger. „Sie haben die Menschen im Kirchenkreis nie hängen gelassen“, lobte der Superintendent und erinnerte an eine hohe vierstellige Zahl von kirchlichen Amtshandlungen, die das Wirken von Weiß begleitet haben. Dr. Schilling lobte, dass der scheidende Pfarrer über viele Jahre eine wichtige Stimme in der Kirche gewesen sei und den Menschen in der Gemeinde den Segen gebracht habe.

„Du hast unter dem Segen Gottes gewirkt, gearbeitet und gelebt“, betonte Pfarrer und Dechant Daniel Meiworm aus der benachbarten St. Petri Kirche, der die Grüße von der Katholischen Kirche überbrachte. Er erinnerte an die vielen Dinge, die man gemeinsam in der Kirche erlebt habe, z.B. im Gedenkjahr an den Reformer Martin Luther. Für ein Luther-Playmobil-Männchen, das Pfarrer Weiß ihm damals zum Geschenk gemacht habe, wolle er sich zum Abschied revanchieren und überreichte Petrus als Räuchermännchen. Mehrmals betonte Pfarrer Meiworm die ökumenische Verbundenheit zwischen den beiden Kirchen in Hüsten, die von Reinhard Weiß intensiv unterstützt wurde.

Zum Spaß für den Verabschiedeten und die anwesende Gemeinde trug Pfarrerin Ulrike Rüter ihren Abschied in Reimform vor. Nun stehe für ihn ein Sabbatjahr zur Befreiung von den kirchlichen Verpflichtungen an. Rüter machte klar, dass es im Leben von Reinhard Weiß mehr Dur als Moll gegeben habe und sie sich schon auf das Wiedersehen in 365 Tagen freue.

Für das Presbyterium erinnerte Beate Ulrich an die große Zahl der kirchlichen Handlungen, die das Leben des Pfarrers in der Hüstener Gemeinde bestimmt haben: Über 400 Taufen, über 500 Konfirmationen und über 1.000 Beerdigungen zählte die Vorsitzende des Presbyteriums auf und bedankte sich im Namen aller auch bei Ehefrau Lydia Weiß für die gewährte Unterstützung.

Dem mit so vielen Worten und Musik Verabschiedenden bleib zum Schluss nichts anderes, als mehrmals nur noch „Danke“ zu sagen. „Mein Dank geht vor allem an die Familie: Ihr habt mich immer getragen und unterstützt“, so Reinhard Weiß. Auf dem Weg aus der Kirche drückte die Gemeinde durch kräftiges Zuwinken noch einmal ihren Dank und ihre Verbundenheit mit ihrem langjährigen Pfarrer aus Müschede aus.

Der so herzlich Verabschiedende tritt nun mit 63 Jahren sein Sabbatjahr an, das ihm den erhofften Abstand von den Verpflichtungen bringen soll. Nach einem Jahr schloss er eine erneute Unterstützung der Arbeit in der Gemeinde zumindest bei Gottesdiensten nicht aus. „Priester bleibt man schließlich ein Leben lang“, lachte Pfarrer Reinhard Weiß zum Abschied.

 

 

 

 

 

Buchstäblich im Kreis seiner Evangelischen und Katholischen Amtskollegen nahm Pfarrer Reinhard Weiß die Entpflichtung von seinen Aufgaben in der Kirchengemeinde Hüsten durch Superintendent Dr. Manuel Schilling entgegen. Fotos: Frank Albrecht

Beim Ausmarsch aus der Kirche verabschiedete sich die Gemeinde mit kräftigem Winken von ihrem beliebten Pfarrer Reinhard Weiß (m.).

Ob an der Gitarre oder der Trompete: Der aus dem Dienst scheidende Pfarrer Reinhard Weiß nutzte die Gelegenheit, sich zum Schluss noch einmal selbst in die musikalische Gestaltung des Abschiedsgottesdienstes einzubringen.