Grenzerfahrungen

Erstellt am 24.06.2022

Sagar Hussein berichtet von seiner Flucht aus Bangladesch

 

Von Elisabeth Patzsch

Meschede. Mucksmäuschen still waren die fast fünfzig Zuhörer:innen im Gemeinsamen Kirchenzentrum in Meschede, als vier Geflüchtete aus Syrien, Bangladesh und Eritrea von ihren Erfahrungen auf der Flucht nach Europa berichteten. Die Abschottung Europas wurde in den Geschichten spürbar.

Menschenunwürdige Bedingungen in Libyen, überfüllte Boote, Angst, die Überfahrt über das Mittelmeer nicht zu überleben, tagelange Wanderungen ohne Verpflegung bis zur Erschöpfung, Pushbacks, die Abhängigkeit von Schleppern und katastrophale Unterbringungslager haben die Menschen auf der Flucht an ihre Belastungsgrenzen gebracht.

Aber es wurde auch von bewegenden positiven Erfahrungen unterwegs und in Deutschland erzählt. Da standen 2015 Menschen am Münchener Hauptbahnhof und hießen die Geflüchteten willkommen, da gab es Ehrenamtliche, die die Wege durch das völlig fremde Land intensiv mit begleitet haben und so ein Ankommen und eine Integration ganz entscheidend mit gestaltet haben.

Die PRO ASYL – Ausstellung „Grenzerfahrungen – Wie Europa gegen Schutzsuchende aufrüstet“ hatte die Initiator:innen der Veranstaltung, Carina Hesse (Diakonie Flüchtlingsberatung Meschede), Mechthild Thoridt (Grüne), Hartmut Köllner (Zukunftswerkstatt Meschede) und Elisabeth Patzsch (Flüchtlingsbeauftragte des Evangelischen Kirchenkreises Soest-Arnsberg) zu der Veranstaltung, bei der die Ausstellung im Rahmen eines Podiumsgespräches eröffnet wurde, angeregt.

Carina Hesse machte in ihrer Begrüßung deutlich, wie wichtig es sei, gerade jetzt, wo sich die EU-Grenzen für Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine geöffnet haben, darauf hinzuweisen, dass an anderen Außengrenzen der EU weiterhin systematisch gegen Schutzsuchendende aufgerüstet wird. Birgit Naujoks, die Vorsitzende des Flüchtlingsrates NRW, führte aus, dass an den Grenzen täglich Recht gebrochen wird und Geflüchtete, teilweise sogar mit Gewalt daran gehindert werden, in der EU einen Asylantrag zu stellen.

Die Expertin erklärte, wie viele hochgradig kostspielige Anstrengungen die EU unternimmt, ihre Grenzen zu sichern, mit Elendslagern abzuschrecken und Menschen zurückzudrängen. Dieses sei von der Mehrzahl der europäischen Staaten so gewollt. Es sei eine große Herausforderung, auf diese Missstände immer wieder hinzuweisen.

Hoffnungsschimmer sind die Menschen und Organisationen, die sich hier in Deutschland, aber auch an den EU-Außengrenzen für Geflüchtete stark machen. Sie zeigen deutlich, dass die Gesellschaft auch ein anderes Gesicht hat. Im Anschluss ergaben sich bei den Rundgängen durch die 16 Tafeln der Ausstellung noch viele Gelegenheiten zu Fragen und persönlichem Austausch. Eine Gruppe von Syrer:innen erfreute die Teilnehmer:innen mit köstlichen arabischen Broten, die mit frischen Falafeln und Gemüse gefüllt waren.

Alle waren sich einig, dass diese Veranstaltung in ihrer Mischung aus berührenden Bildern, bewegenden Geschichten, erschreckenden Informationen, aber auch Hoffnungszeichen und interkulturellen Begegnungen sehr gelungen war. Die Ausstellung kann noch bis zum 30. Juni 2022 im Gemeinsamen Kirchenzentrum in Meschede betrachtet werden.