Es leuchtet wieder golden

Erstellt am 06.04.2023

Historische Leuchter der Marienkirche in Bielefeld aufwendig restauriert

Peter Michael Buck (links) ist ein Meister seines Fachs. In seiner Werkstatt in Bielefeld wurden die Lippstädter Leuchter restauriert. Fotos: Hans-Albert Limbrock

Von Hans-Albert Limbrock

Lippstadt. Natürlich darf man darüber diskutieren, ob Kirche jemals wieder goldene Zeiten erleben wird; vermutlich muss man das sogar. Angesichts der großen Herausforderungen in kommender Zeit und der Vielzahl an Problemen in aktueller darf das aber bezweifelt werden. Fest steht hingegen, dass die Lippstädter Marienkirche, die im vergangenen Jahr stattliche 800 Jahre alt geworden ist, schon viele goldene Zeiten erlebt hat und nach abgeschlossener Renovierung nun wieder in hellem Glanz erstrahlt und an glänzende auch optisch Zeiten erinnert.

Das liegt auch an den goldenen Leuchtern, die – gemessen an der Gesamtmaßnahme – nur einen kleinen Teil der Renovierung und Restaurierung ausmachen, dafür aber umso mehr ins Auge stechen. „Sehr gelungen. Das passt absolut hierhin“, lobte Pfarrer Thomas Hartmann die Arbeit von Peter-Michael Buck, als dieser ein erstes, in seiner Werkstatt von Grund auf überholtes Exemplar vorstellte. Insgesamt fünf dieser Leuchter werden in der Bielefelder Werkstatt  wieder auf Vordermann gebracht.

Peter-Michael Buck ist ein Handwerker alter Schule; einer von der Sorte, die nichts dem Zufall überlassen und sich mit Kompromissen bei ihrem handwerklichen Tun nur selten zufrieden geben. Alles muss sitzen. Perfekt sitzen. Auch deshalb ist der Bielefelder, der auf seiner Visitenkarte als Berufsbezeichnung „Metallbildner, Gürtler- und Metalldrückmeister und Produktdesigner“ stehen hat, nicht nur ein Meister seines Fach – oder besser: seiner Fächer -, sondern er ist auch ein echter Künstler.

Das wurde bei der Vorstellung der Leuchten nicht nur deutlich, sondern vor allem auch sichtbar. Über 75 Jahre alt sind die Lampen mit ihren jeweils acht Armen, die der Fachmann als Replik eines flämischen Barockleuchters einordnet, inzwischen alt. Gestiftet wurden sie 1947 vom damaligen Superintendenten Paul Dahlkötter, der seine eigene Silberhochzeit zum Anlass nahm, seiner Gemeinde etwas Gutes zu tun, das zwar vermutlich nicht die Ewigkeit überdauern wird, aber dennoch für viele Jahre leuchtender, goldener Schmuck für die Marienkirche war und nun auch wieder sein wird.

Dass man trotz der aufwendigen Restaurierung keine neuen Leuchter erwarten können, machte Buck in seiner launigen Art gleich zu Beginn seiner Aufführungen deutlich: „Exakt wie im Urzustand bekommt man das nicht hin. Wenn ich in den Spiegel gucke, sehe ich auch nicht mehr aus wie vor 50 Jahren.“ Aber dieser Einwurf darf getrost als pures Understatement eines Könners gewertet werden, denn die Leuchter sehen nach dieser Generalüberholung aus wie neu. „Wir versuchen immer, nach Möglichkeit alles zu erhalten“, gab er einen Einblick in die filigrane Arbeit von sich und seinem Mitarbeiterteam. In den kommenden Wochen werden nun auch die anderen Leuchter zurückkehren.

Fast zwei Jahre hat die Renovierung der mächtigen Innenstadtkirche gedauert, die Ostersonntag wieder eröffnet wird. 1,25 Millionen Euro hat die Maßnahme gekostet. Förderverein, Bund und Land haben diese beachtliche Summe aufgebracht. Die letzte große Renovierung liegt inzwischen auch schon mehr als fünfzig Jahre zurück. Sechs Jahre lang hat damals zwischen 1966 und 1972 eine Vielzahl von Handwerkern buchstäblich Hand angelegt.

Kirche ist wieder schmuck

Als die aktuelle Renovierung im Sommer 2021 begann, versprach Dombaumeister Gunther Rohrberg: „Unser Ziel ist es, die Kirche wieder schmuck zu machen.“ Nach fast zweiundzwanzig Monaten kann man heute sagen, dass dieses Ziel absolut erreicht ist.

Aber das Gotteshaus ist nicht nur schmuck, licht und hell geworden. Vielmehr wurde auch in neue Technik  investiert, denn mit zum Sanierungspaket gehört auch eine neue Elektrik. Durch aufsteigende Feuchtigkeit war die alte Elektrik immer wieder mal von Kurzschlüssen bedroht. Bei starken Regenfällen hat das Grundwasser oft Fußbodenniveau erreicht. Allerdings ist die Gefahr seit der Renaturierung der Lippe insgesamt deutlich zurückgegangen. Für das Verlegen der neuen Kabelstränge musste der Fußboden an einigen Stellen aufgenommen werden. Und schließlich wurden auch die Beleuchtung und das Lautsprechersystem des mit 11.200 Quadratmetern Innenraum größten Gotteshauses im Kirchenkreis Soest-Arnsberg optimiert.  

Aber all das verblasst im Vergleich zu der Reinigung der Wandflächen. Hier wurde zweifelsohne die größte Wirkung erzielt. Ruß, Staub, Mikroorganismen und Feuchtigkeit hatten sich wie ein Schmutzfilm über Wandflächen, Decken und Gewölbe gelegt. Für die Säuberung zeichnet die renommierte Firma Ars Colendi aus Paderborn verantwortlich, die sich akribisch Zentimeter für Zentimeter vorgearbeitet haben, um den Schmutz zu beseitigen. Dirk Pieper, Architekt des Kirchenkreises, weiß: „Das war eine extrem aufwendige Arbeit. Eine Arbeit, die einfach Zeit und Geduld gebraucht hat.“

Noch aufwendiger und damit auch deutlich teurer wäre es gewesen, die Wände und Decken nicht nur zu reinigen, sondern die unter einer Schicht liegende (wertvolle) Malerei wieder zum Vorschein zu bringen. Aber das war einfach nicht bezahlbar. „Damit würde die Maßnahme mindestens doppelt so teuer“, rechnet Pieper hoch. Dafür gab es weder ausreichend Fördergelder noch konnte die Lippstädter Kirchengemeinde diese Herkulesaufgabe stemmen. Aber wer weiß? Vielleicht wird das ja in fünfzig, sechzig Jahren bei der nächsten Restaurierung passieren – wenn die Zeiten dann wieder golden sind.

 

Golden wie vor 75 Jahren schimmern die Lampen nun wieder.

Fünf dieser prachtvollen Exemplare gehören zum Bestand der Lippstädter Marienkirche.