Verpflichtung für die Zukunft - Restaurierung der Chorfenster aus der Wiesenkirche befindet sich in der finalen Phase

Erstellt am 19.02.2019

Soest/Paderborn. New York, Quebec, Hongkong, Sevilla – die Mitarbeiter der Glasmalerei Peters sind auf der ganzen Welt zuhause und gehören zu den gefragtesten Experten der Branche weltweit. Da mag man glauben, dass ein Auftrag wie die Restaurierung der Wiesefenster aus dem beschaulichen Soest nur ein Projekt von vielen ist.

Aber das Gegenteil ist der Fall, wie Seniorchef Wilhelm Peters vehement betont: „Das ist eine ganz und gar außergewöhnliche Aufgabe; ein herausragender Auftrag. Das ist das mit Abstand größte Ensemble mittelalterlicher Glasfenster – das Schönste, was Westfalen in dieser Hinsicht zu bieten hat. Ich bin daher fast ein wenig traurig, dass wir uns nun dem Ende nähern.“

Eine Einschätzung, die Projektleiter Christoph Sander nur zu gerne unterschreibt: „So einen Fensterzyklus in dieser Dichte restaurieren zu dürfen, ist auch in unserer reichhaltigen Firmengeschichte etwas ganz Besonderes. Das ist alles andere als Alltags- oder Tagesgeschäft.“

Bei einem Ortstermin haben sich Dombaumeister  Jürgen Prigl und Dr. Dirk Strohmann, beim LWL zuständig für den Bereich Glasmalerei, jetzt vom Fortgang der finalen Arbeiten überzeugt. Restauratorin Simone Schmidt ist zuversichtlich, dass sie den Auftrag in den kommenden Wochen abschließen kann. Dann sind alle Fenster der Wiesenkirche gereinigt und restauriert. Mit dem Einbau, der noch im März abgeschlossen werden soll, wird dann auch die weitere Schutzverglasung angebracht, damit die Fenster zukünftig vor Umwelteinflüssen besser geschützt werden.

Während der Arbeiten in den Werkstätten der Glasmalerei Peters ist dabei einmal mehr deutlich geworden, welch unglaublicher Schatz diese Fenster darstellen, deren Entstehungsgeschichte vor 1376 datiert wurde. Sander: „So alte Fenster findet man in Deutschland ganz selten. Allenfalls einige Fenster im Kölner Dom sind vergleichbar.“

Für Jürgen Prigl ist das eine weitere Bestätigung für den außergewöhnlichen Stellenwert der Wiesenkirche: „Es gibt nichts Schöneres und Wertvolleres als die Fenster dieser Choranlage. Das ist einzigartig. Damit gehört unsere Kirche ganz nach oben in der europäischen Kathedralenszene.“

Seit dem Herbst 2016 sind die Paderborner Restauratoren mit den gläsernen Kunstwerken aus dem Chorraum beschäftigt. Immer wieder sind sie dabei auch auf unliebsame Überraschungen gestoßen. „Unsere Arbeit hat etwas von der eines Chirurgen“, erklärt Christoph Sander die aufwändige Technik, mit der das Glas vom Schmutz befreit wird, der sich zum Teil über Jahrhunderte förmlich eingebrannt  hat.

Dabei ist es nicht das erste Mal, das Hand angelegt wird am filigranen Kirchenschatz. Es lassen sich im Grunde drei Epochen ausmachen: Die Originale stammen aus dem Mittelalter. 1881/1882 hat es die erste große Restaurierung unter dem Architekten Memminger gegeben. Eine weitere hat dann der berühmte Glaskünstler Gottfried von Stockhausen 1967/68 verantwortet.

Dass die Fenster überhaupt so gut erhalten sind, ist der Weitsicht einiger Soester zu verdanken, die dafür gesorgt haben, dass sie bereits Anfang des 2. Weltkrieges ausgebaut und im Keller der Brauerei Topp eingelagert wurden. So. haben sie die Bombenangriffe auf Soest im Winter 1944/45, bei der auch die Wiesenkirche massive Schäden davon getragen hat, unbeschadet überstanden.

Mindestens 100 Jahre, so die Paderborner Experten, werden die Fenster durch die aktuelle Maßnahme, die über 800.000 Euro gekostet hat und mit Bundesmitteln gefördert worden ist, nun geschützt sein.

Spätestens, wenn die Frühlingssonne Ende März durch  die Scheiben bricht, wird man sich von diesem außergewöhnlichen Anblick wieder verzaubern lassen können. Ein Anblick, auf den sich Prigl jetzt schon freut: „Diese Fenster sind ein unglaublicher Schatz der Vergangenheit. Gleichzeitig aber sind sie für uns auch Verpflichtung für Gegenwart und Zukunft.“