Das Recht auf Wiedergutmachung - Gabriela Bier hilft hörbehinderten Menschen, die Unrecht erfahren haben

Erstellt am 21.02.2019

Mut machen möchte Gabriela Bier Menschen, die Leid erfahren haben. Mut, einen Antrag auf finanzielle Entschädigung zu stellen. Die Hörbehindertenberaterin der Diakonie hilft beim „Papierkram“. Foto: Kathrin Risken

Kreis Soest.  Detektivarbeit wird Gabriela Bier nicht leisten können, das haben später andere zu tun. Wohl aber kann sie Menschen Mut machen, darüber zu erzählen, dass ihnen Leid angetan wurde. Und sie kann dabei helfen, einen Antrag auf Entschädigung zu stellen. Die Beraterin der Diakonie Ruhr-Hellweg ruft hörbehinderte Menschen, die als Kinder oder Jugendliche Unrecht erfahren haben und bis heute unter den Folgen leiden, dazu auf, finanzielle Wiedergutmachung in Anspruch zu nehmen. Die Diakonie unterstützt bei der Antragstellung.

In manchen Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen, Schulinternaten oder Psychiatrien sind früher Kinder und Jugendliche misshandelt worden, sie wurden geschlagen, sexuell missbraucht, für Arbeit haben sie kein oder viel zu wenig Geld bekommen. Die Folgen sind noch heute spürbar: „Die Menschen leiden unter Depressionen, haben Suizidgedanken oder Ängste“, so Bier.

Für sie setzt sich die „Stiftung Anerkennung und Hilfe“ ein. Das deutschlandweite Hilfesystem wurde im Jahr 2017 von Bund, Ländern und Kirchen etabliert. Anträge auf Wiedergutmachung können all jene stellen, die von 1949 bis 1975 in der Bundesrepublik Deutschland und bis 1990 in der DDR  in stationären Einrichtungen der Behindertenhilfe oder der Psychiatrie Repressalien und Misshandlungen erfahren haben und noch bis heute unter den Folgen leiden.

Nachgewiesen werden muss das natürlich. Und da ist mitunter Detektivarbeit gefragt. Denn zu beweisen, dass jemand in einer Einrichtung war, die es vielleicht so gar nicht mehr gibt, ist nicht selten mühselige Puzzlearbeit, die die Betroffenen mitunter gar nicht leisten können. Hinzu kommt die Sprachbarriere. Die Stiftung unterstützt beim „Puzzlen“.

Die Diakonie sieht es dabei als ihre Aufgabe an, Wege aufzuzeigen, wie man an Informationen über die Vergangenheit kommen kann. „Auch ein alter Brief der Eltern kann Hinweise über die Einrichtung geben“, erzählt Gabriela Bier.

Sie möchte auf die bisher wenig bekannte Stiftung hinweisen, in erster Linie aber Mut machen, das Formular überhaupt auszufüllen. Aus ihrer Erfahrung mit Ratsuchenden weiß sie, dass Misshandlungen verdrängt oder ungern zum Thema gemacht werden: „Die Menschen erinnern sich nicht immer an alles, was man ihnen angetan hat.“ Erst, wenn sie darüber lesen, dass sie Anspruch auf finanzielle Wiedergutmachung haben, bricht das Leid wieder auf.

Bis jetzt haben sich acht Betroffene bei Gabriela Bier gemeldet. Die Fachfrau hofft, dass noch mehr Menschen ihr Recht auf Entschädigung wahrnehmen. Gabriela Bier ist unter der E-Mailadresse gbier@diakonie-ruhr-hellweg.de zu erreichen oder telefonisch unter 02921 3620 240.