Ein Thema, das wütend macht - Diskussion über „Sexualisierte Gewalt“ im Mittelpunkt beim traditionellen Empfang der Schulleiter

Erstellt am 27.02.2019

Von Hans-Albert Limbrock

Meschede. Nur weil draußen die Sonne eine Ahnung von Frühling vorgaukelt, fällt es nicht unbedingt leichter, sich mit einem schwierigen Thema zu beschäftigen. Einem sehr schwierigen Thema: „Sexualisierte und sexuelle Gewalt an Minderjährigen.“ Diese Erfahrung mussten auch die Teilnehmer beim traditionellen ökumenischen Empfang für Schulleitungen im gemeinsamen Kirchenzentrum machen, wo Fachfrau Dr. Petra Lillmeier referierte.

Dass das Thema gleich zu Beginn des Jahres weitere Aktualität erfahren würde, hat bei der Planung des Empfangs natürlich niemand ahnen können. Fälle wie der offenbar dutzendfache Missbrauch von Kindern auf dem Campingplatz im ostwestfälischen Lügde sind allerdings Indiz dafür, wie omnipräsent die Thematik ist.

So omnipräsent, dass auch die Kirche und kirchennahe Einrichtungen immer wieder von Enthüllungen und Skandalen erschüttert werden. Die beiden Dechanten Hubertus Böttcher und Georg Schröder sowie der Superintendent des Kirchenkreises Soest-Arnsberg, Dieter Tometten, als gemeinsame Gastgeber des Empfangs versuchten denn auch erst gar nicht, die Brisanz herunterzuspielen.

Vor allem Georg Schröder fand angesichts des Missbrauch-Vorfalls in Wormbach, der Anfang Januar die Schlagzeilen der sauerländischen Presse dominiert hat und noch immer für große Empörung im Raum Meschede sorgt, offene und kritische Worte: „Die Brisanz ist, dass hier Priester der Kirche tätig waren – im Rahmen der katholischen Kirche, die einen hohen Anspruch an das menschliche Zusammenleben verkündet. Unsere Kirche wird mit diesem Thema noch lange zu tun haben.“

Und Schröder stellte in diesem Zusammenhang eine durchaus provokante, weil weitreichende Frage: „Sind das Amtsverständnis und die zölibatäre Lebensform des Priesters eine Begünstigung, um Gewalt und sexuelle Gewalt auszuüben?“

Die Referentin Dr. Lillmeier ist „unabhängige Erzbischöfliche Beauftragte für Fälle sexuellen Missbrauchs im Bereich des Erzbistums Paderborn“ und hat zudem lange im Schuldienst gearbeitet; kennt also die vielfältigen Facetten des Themas. Sie weiß auch: „Das ist kein leichtgängiges Thema. Es macht wütend und ekelt vielleicht auch an.“

Sie sensibilisierte die anwesenden Schulleiter dafür, genau hinzuschauen, was an ihren Schulen passiert. Schon kleinste Veränderungen im Verhalten der Kinder könne ein Indiz sein, dass etwas nicht stimmt. Gleichzeitig warnte sie aber auch vor überzogener Panikmache.

Dechant Böttcher betonte noch einmal, wie schwer sich „seine Kirche“ im Umgang mit diesem Thema tue. „Zu oft ist nach dem Prinzip verfahren worden, dass nicht sein kann, was nicht sein darf.“ Die nun praktizierte Offenheit und offensive Auseinandersetzung mit Missbrauchsfällen im kirchlichen Raum führe teilweise zu einer echten Existenzkrise – vor allem der Katholischen Kirche. Böttcher: „Es ist aber nicht die Kirche, die schlimmste Verfehlungen begangen hat, sondern es sind einzelne Täter, die für diese Übergriffe zur Verantwortung gezogen werden müssen.“ Deshalb müsse sich die Kirche auch gegen einen ständigen Generalverdacht zur Wehr setzen.

Pfarrer Georg Schröder nahm in diesem Zusammenhang vor allem auch die Bischöfe in die Pflicht: „Sie haben die Verantwortung. Ich habe allerdings das Gefühl, dass nicht alle sich dieser Verantwortung auch stellen und diese wahrnehmen.“

Dechant Hubertus Böttcher begrüßte die Schulleitungen und nahm auch zum Thema Missbrauch im kirchlichen Raum Stellung. Fotos: Hans-Albert Limbrock

Dr. Petra Lillmeier hielt das Impulsreferat zum Thema „Sexualisierte und sexuelle Gewalt an Minderjährigen“.

Pfarrer Georg Schröder sieht die Bischöfe in der Pflicht.