Ein Denkmal für das Leben - Erinnerung an Johanna Volke steht stellvertretend für die vielen tausend Hebammen

Erstellt am 20.04.2019

Von Hans-Albert Limbrock

Soest. Es gibt Geschichten, die sind so gut, die muss man einfach erzählen. Und manchmal muss ihnen sogar ein Denkmal setzen. Das Leben von Johanna Volke (1892 bis 1963) ist solch eine Geschichte. Und der Soester Bildhauer Michael Düchting hat dem bewegten Leben der Hebamme aus Bad Sassendorf nun ein Denkmal gesetzt, das Mitte vor kurzem in Nachbarschaft der Kulturscheine  seiner Bestimmung übergeben wurde.

„Die Geschichte von Johanna Volke ist so anrührend, das ich mir gesagt habe, die muss ich einfach mit meinen Mitteln als Bildhauer erzählen“, erklärt Düchting seine Motivation. 1500 bis 2000 Babys hat Volke auf die Welt geholfen. Bei Wind und Wetter war sie in Bad Sassendorf und im Umland mit dem Fahrrad unterwegs. Immer dabei: Hirtenhund Asso, den sie verletzt gefunden und dann gesund gepflegt hatte. Auch ihm hat Düchting in seiner Bronze-Interpretation ein Denkmal gesetzt.

Anlass, dass der fleißigen und gottestreuen Frau nun nach so vielen Jahren in dieser besonderen Form gedacht wird, ist ihr 55. Todestag. Ortsheimatpfleger Volker Kneisel hat sich der Geschichte von Johanna Volke erinnert und den Anstoß zu dieser Stein und Bronze gemeißelten Erinnerung gegeben.

Der eigentliche Initiator aber ist Pfarrer Christian Casdorff, der bereits im Sommer 2013 in seiner Eigenschaft als Kurseelsorger geschrieben hat: „Wir haben als Wahrzeichen des Ortes den störrischen Salzesel, mühsam von Menschenhand angeschoben - So ein Bronzekunstwerk müsste es auch von Johanna Volke bei uns geben – mit allem Drum und Dran, mit Hund und Fahrrad und Tasche: ein  kräftig gebautes Gnadenkind Gottes.“

Diese Vorgabe hat Michael Düchting praktisch eins-zu-eins umgesetzt. „Es ist ein Denkmal für das Leben“, sagt der Künstler und ergänzt: „Man muss sich das mal vorstellen: Eine Frau, die in den 40-/50er-Jahren bei Wind und Wetter mit dem Rad unterwegs ist, die bei jeder Tages- und Nachtzeit bis weit in die Dörfer fährt, um den Müttern beizustehen.“

Um dieses Gefühl in einem Denkmal zu verewigen, hat der Steinmetz die Figur zunächst in Gips formuliert und die Formen und Konturen dabei bewusst recht grob gehalten. Die stilisierte Landschaft von Bad Sassendorf und seinen heutigen Ortsteilen soll dem Betrachter dabei einen Eindruck geben, wie groß der Wirkungskreis der Rad fahrenden Hebamme war. Düchting: „Ich möchte ein Gefühl geben, was diese Frau geleistet hat.“

Das ist dem Soester zweifelsohne gelungen.  Davon ist auch Ortsheimatpfleger Kneisel überzeigt. Der ist von der Düchting-Darstellung dermaßen angetan, dass er noch ein zweites, etwas kleineres Denkmal bei ihm in Auftrag gegeben hat. Das hat Kneisel dem nach Johanna Volke benannten Evangelischen Familienzentrum geschenkt, damit Kinder, Eltern und Erzieher einen bildhaften Bezug zur Namensgeberin haben.

Im Gemeindebrief hat Kneisel der Hebamme bereits ein schriftliches Denkmal gesetzt; darin heißt es unter anderem: „Eine vorbildliche Frau, die nicht nur ihr Familienleben mit sieben Kindern managte, sondern mit bereits drei Kindern die schwierige Ausbildung zur Hebamme absolvierte, danach über drei Jahrzehnte lang weit über 1000 Kindern ans Licht der Welt verhalf und  sich um die Vor- und Nachsorge der Wöchnerinnen getreu ihrem Hebammen-Eid und mehr kümmerte.“

Für Kneisel steht Johanna Volke stellvertretend für die vielen Hebammen, die heute tätig sind und die besonderen Charaktereigenschaften verkörpern, die es brauch, diesen ganz besonderen Beruf auszuüben: „Mut, Einsatzbereitschaft, Tüchtigkeit und absolute Zuverlässigkeit – um nur einige zu nennen.“

Der Soester Bildhauer Michael Düchting hat der Hebamme Johanna Volke ein Denkmal gesetzt, weil deren Lebensgeschichte ihn zutiefst berührt hat. Fotos: Hans-Albert Limbrock

In seiner Werkstatt hat Düchting zunächst verschiedene Modelle entworfen.

An der Kulturscheune in Bad Sassendorf hat das Denkmal seit Mitte März seinen Platz.