Bei beißender Kälte unterwegs mit Kreuz und Fahnen - Ökumenisches Bündnis wirbt für Arbeitnehmerrechte und Gottvertrauen

Erstellt am 23.04.2019

Von Kathrin Koppe-Bäumer

Arnsberg. „Zum neunten Mal sind einige von Ihnen beim Kreuzweg der Arbeit dabei. Mit welchem Vertrauen tun Sie das jedes Jahr aufs Neue? Bewirkt das etwas, dass wir durch die Stadt ziehen, oder ist es nur ein Tropfen auf den heißen Stein?“

 

Diese provozierenden Fragen stellte Susanne Schulze, Referentin für Erwachsenenbildung im Kirchenkreis, den etwa 30 Vertreterinnen und Vertretern, die für den Bezirksverband Hellweg-Sauerland der Katholischen Arbeitnehmerbewegung (KAB), die Gewerkschaften Verdi und Bauen-Agrar–Umwelt, den Caritas- Verband Arnsberg-Sundern und den Evangelischen Kirchenkreis Soest-Arnsberg bei eisigen Temperaturen am Kreuzweg der Arbeit teilnahmen.

 

Auf den Eingangsstufen zum Landgericht antwortete ihr Diakoniepfarrer Peter Sinn mit der biblischen Geschichte des Evangelischen Kirchentags, der im Juni in Dortmund stattfindet: Er erzählte vom israelitischen König, der den assyrischen Diplomaten Rabshake von Lachisch in Erstaunen versetzt, als er nicht auf militärische Stärke, sondern auf Gottes Beistand im Krieg vertraut.

 

Das ließ die kritischen Fragen von Susanne Schulze nicht verstummen. Vielmehr setzte sie eins drauf und fragte nach, ob die Kreuzweggänger nicht manchmal lieber zu Hause blieben, angesichts von Zwängen und Lobbyisten und der Angst, selbst unter die Räder zu kommen.


Peter Sinn führte Ergebnisse der Ipsos-Studie von September 2018 auf, laut derer 60 Prozent der Deutschen meinen, dass das bestehende System die Reichen und Mächtigen fördere. Parteien und Regierungen werde misstraut. 

„Das meiste Vertrauen haben die Deutschen in das Justizsystem, nur 44 Prozent misstrauen ihm.“ Angesichts dieser Fragen und Statistischen Ergebnisse zogen Schulze und Sinn ein Fazit, in dem Vertrauen und produktives Misstrauen in ein konstruktives Verhältnis zu einander Gesetze wurden: Wer am Kreuzweg teilnehmen, vertraue auf das deutsche System, das Rede-und Versammlungsfreiheit erlaubt. 

Durch den Kreuzweg machten die Teilnehmer ihre Skepsis öffentlich und bereiteten dadurch Raum für Vertrauen.  Und: „Wir gehen durch Arnsberg, um deutlich zu sagen, Menschen sind einander anvertraut. Es gibt Redebedarf und einen Wunsch nach Transparenz.“
Vorausgegangen waren dieser dritten Station zwei Haltepunkte vor der Bezirksregierung und vor dem Gebäude der AOK. Dort hatten Vertreter der KAB und der Caritas-Konferenz für die Einführung einer Sockelrente plädiert, die Altersarmut verhindert, und Stellung genommen zu den Chancen und Risiken der Digitalisierung am Arbeitsplatz. Auf dem Europaplatz erinnerten Gewerkschaftsvertreter an die Würde des arbeitsfreien Sonntags für alle. 

Zum Abschluss kamen alle zu einer Andacht in der Liebefrauenkirche zusammen. Dort mündeten die zuvor ausgesprochene Skepsis, die mahnenden Worte und die Hoffnungen, die Jesus geweckt hat mit seinem konsequenten Einsatz für Menschen in Not, in das Lied „Großer Gott wir loben dich“. Gesungen wurde es in der Textversion der KAB: „Uns, o Herr, hast du bestellt, dass an Deinem Reich wir anbauen, mitten in der Arbeitswelt. Hilf uns, deiner Kraft vertrauen. Gib dein Wort uns als dein Licht, zeige uns dein Angesicht.“

Mit Fahnen, Gebetszetteln, Megaphon und Gitarre startet der Kreuzweg der Arbeit am Sauerlandtheater. Fotos: Kathrin Koppe-Bäumer

Susanne Schulze und Peter Sinn gestalten vor dem Landgericht die dritte Kreuzwegstation über Vertrauen