Abschied von einem begnadeten Netzwerker - Jürgen Prigl geht als Dombaumeister und verteilt sein Erbe auf drei Schultern

Erstellt am 19.06.2019

Von Hns-Albert Limbrock

Soest. Trude Herr. Die hat gefehlt. Die hätte singen können „Niemals geht man so ganz“. Denn auch wenn Dombaumeister und Bauhüttenmeister Jürgen Prigl in einer gut gefüllten Wiesenkirche offiziell verabschiedet wurde, so ganz geht er noch nicht. Denn er wird auch in Zukunft seinen Nachfolgern Daniel Müller und Gunther Rohrberg mit Rat und Tat zur Seite stehen – wenn es denn gewollt ist.

Prigl ist bekanntermaßen Perfektionist. Und wenn etwas nicht so klappt wie geplant, dann nervt ihn das gewaltig. Deshalb war es auch kein Wunder, dass er nach der Mitteilung, die Ministerin werde sich um 30 bis 45 Minuten verspäten, zunächst ungewohnt sprachlos war. Aber dieser Moment dauerte nicht lange und Prigl zeigte, dass er auch ein Meister des Improvisierens ist.

Zunächst erinnerte er launig daran, wie er den damaligen Minister Franz-Josef Kniola, der neben dem früheren SPD-Fraktionsvorsitzenden Norbert Römer und Ex-Landtagspräsident Eckhard Uhlenberg zu den Ehrengästen zählte, für die Idee der Gründung einer Meisterschule von europäischem Rang begeistern konnte: „Danach ging das hier richtig los. Da sind wir richtig durchgestartet“

Diese kleine Geschichte machte vor allem eines deutlich, was die große Gabe von Jürgen Prigl ist: Er ist ein genialer Netzwerker, ein Türöffner, ein Menschenfänger. Wenn er von einer Idee überzeugt ist, dann folgt er dieser mit einer Beharrlichkeit, der sich nur die wenigstens entziehen können.

Ob Johannes Rau (†), Hannelore Kraft, Wolfgang Clement, Peer Steinbrück, Sigmar Gabriel, Jürgen Rüttgers, Armin Laschet, Norbert Blüm – ja sogar bis hin zu Kanzlerin Angela Merkel. Er hat sie alle für die Wiesenkirche begeistern können und so dafür gesorgt, dass die Millionen kontinuierlich aus diversen Fördertöpfen von Düsseldorf, Berlin und Brüssel nach Soest geflossen sind – und auch in Zukunft fließen werden.

Wohl auch deshalb fand Heinz-Helmut Piel, Vorsitzender des Dombauvereins, nur lobende Worte: „Er hat die Wiesenkirche, die Stadt Soest und die ganze Region durch seine Leistungen weit über die Landesgrenzen berühmt gemacht. Wäre es unserem Dombauverein vor 28 Jahren nicht gelungen, Jürgen Prigl an die Dombauhütte zu verpflichten, so wäre die Restaurierung nicht so außergewöhnlich weit fortgeschritten und nicht so hervorragend gelungen. Vielleicht wäre die Baustelle sogar geschlossen worden.“

Ähnlich anerkennend formulierten auch stellvertretende Landrätin Irmgard Soldat, stellvertretende Bürgermeisterin Christine Mackensen sowie Uhlenberg und Römer ihre kurzen Grußworte. Ihnen eins war dabei die Feststellung: Prigl war (und ist) ein absoluter Glücksfall für dieses Bauwerk europäischen Ranges.

Mit Daniel Müller und Gunther Rohrberg sowie Bärbel Cöppicus-Wex, die die Wartezeit auf die Ministerin mit einem kurzen Vortrag über das Westfälische Abendmahl-Fenster ebenfalls verkürzte, ruht die Last der Nachfolge nun auf gleich drei Schultern.

Immerhin kann sich das Trio auch in Zukunft auf die Unterstützung aus der Landeshauptstadt verlassen, wie Ministerin Ina Scharrenbach nach ihrer Ankunft versprach: „Ich kann Ihnen die weitere Unterstützung zusagen.“

Mit der Weitergabe einer aus Stein geformten Fackel und dem festlichen Auszug aus der Wiesenkirche erlebte der Wechsel auch ein Bild großer Symbolik. Und spätestens da hätte man sich dann doch das Lied gewünscht „Niemals geht man so ganz…“