Europäische Flüchtlingspolitik am Pranger - Veranstaltungsreihe des Evangelischen Kirchenkreises startet mit Lesung und Theater

Erstellt am 12.06.2019

Von Hans-Albert Limbrock

Soest. Mit dem Auftritt von Firas Alshater erlebte die Veranstaltungsreihe des Evangelischen Kirchenkreises Soest-Arnsberg „Gewalt überwinden – Vielfalt FAIRbindet“  inhaltlich einen guten Auftakt. Einzig die Publikumsresonanz fiel enttäuschend aus. Nur knapp 50 Interessierte kamen zu dem Auftritt des populären You-Tubers in das Soester Bürgerzentrum.

„Da hatten wir uns schon ein wenig mehr erhofft“, räumte Lena Husemann, Leiterin der Erwachsenenbildung im Kirchenkreis, ein. Und Hans-Albert Limbrock, Öffentlichkeitsreferent und Koordinator der ehrenamtlichen Flüchtlingsarbeit, ergänzte: „Die Themen Flucht und Integration sind aus unserer Sicht zwar immer noch zwei eminent wichtige Themen. Aber vielleicht sind viele Ehrenamtliche, die sich seit Jahren engagieren, inzwischen müde und wollen sich nicht unbedingt auch noch in ihrer Freizeit damit beschäftigen.“

Die, die da waren, erlebten einen Firas Alshater, den die vielen freien Stühle offenbar nicht sonderlich störten. Mit Lesungen aus seinen Büchern „Ich komm auf Deutschland zu“ und „Verstehe einer der Deutschen“ sowie Video-Clips aus seinen You-Tube-Programmen schaffte der Syrer den schmalen Spagat der ernsthaften Information und  augenzwinkernder Unterhaltung.

Erinnerung an Schiffsunglück

Wenn 200 Schülerinnen und Schüler neunzig Minuten mucksmäuschenstill sind und einem Menschen zuhören, der neunzig Minuten auf der Bühne über ein sehr schwieriges Thema  monologisiert, dann ist das schon außergewöhnlich.

Der aus Warstein stammende und in Hannover lebende Theatermann und Schauspieler Willi Schlüter hat das in der Aula der Gesamtschule geschafft. „Das Boot ist voll“ ist ein bewegendes Ein-Personen-Stück. 

Darin wird das Schiffsunglück vor der italienischen Ferieninsel Lampedusa erzählt. 368 Flüchtlinge, größtenteils aus Eritrea, sind im Oktober 2013 kurz vor der Küste ertrunken. Der Eisdielenbesitzer Vito (Schlüter) erzählt die Geschichte des tragischen Morgens.

Zusammen mit Freunden, mit denen er auf seinem Boot „Gamar“ zum Fischen unterwegs war, hat er Dutzende von Menschen gerettet. Vito ist überzeugt, dass noch viel mehr Flüchtlinge hätten gerettet werden können, wenn  die italienischen Behörden und Rettungseinrichtungen nicht versagt hätten.

Darüber berichtet er in „Das Boot ist voll“ und schafft es in einem eindringlichen Monolog, der buchstäblich unter die Haut geht und Gänsehaut erzeugt, sein Publikum mitzunehmen und für dieses schwierige Thema zu sensibilisieren. Das Stück wird so auch zu einer deutlichen Anklage an die gescheiterte Europäische Flüchtlingspolitik.

Dass sich ihre Schülerinnen und Schüler so intensiv auf die schwierige Thematik einließen, erfreute auch Schulleiterin Kerstin Haferkemper: „Das macht mich schon ein bisschen stolz.“

Am Abend gastierte Willi Schlüter mit seinem Stück dann noch in der Theateraula Belecke. Knapp 70 Besucher schauten sich dort die in Kooperation zwischen Kirchenkreis und Kulturinitiative Warstein organisierte Aufführung an.

Ohne seinen Hund Zucchini tritt Firas Alshater nicht auf. Das war auch im Bürgerzentrum so. Fotos: Hans-Albert Limbrock

Theatermann aus Leidenschaft und unterwegs mit einer Botschaft: Willi Schlüter.