Starkes Zeichen für Ökumene Evangelische und katholische Christen ziehen gemeinsam zum Gnadenbild nach Werl

Erstellt am 23.09.2019

Von Heyke Köppelmann

SOEST. Eine Strecke von 15 Kilometern liegt zwischen Soest und Werl. Neben der räumlichen Distanz bestand aber auch lange in der Geschichte eine strenge konfessionelle Trennung. Doch diese Grenzen sind überwunden. Evangelische und katholische Soester Christen zogen jetzt zusammen zum Gnadenbild in der Basilika: Erstmals starteten sie eine gemeinsame Stadtwallfahrt.

Pfarrer Kai Hegemann von der Wiese-Georgs-Gemeinde und Propst Dietmar Röttger begleiteten die Pilger, die sich mit dem 12-Uhr-Geläut der Wiesenkirche trafen, im Vorbeigehen einen Gruß zu Patroklus schickten und zu Fuß durch die Felder den Türmen entgegen zogen. Später folgten die Radler und diejenigen, die lieber mit dem Bus fahren wollten. Alle setzten ein starkes Zeichen des Miteinanders, hieß es abends beim festlichen Wallfahrtsgottesdienst mit Lichterprozession und persönlichem Segen für den Einzelnen.

„Es braucht Mut, neue Wege zu beschreiten“, sagte der Werler Wallfahrtstleiter, Dechant Dr. Gerhard Best, vielen ist er aus seiner Zeit als Gemeindepfarrer bekannt. „Es ist richtig, dass wir gemeinsam gehen“, betonte er, „dass wir nicht nur reden, sondern konkret handeln. Dankeschön, dass dies möglich ist. Dankeschön, dass wir gemeinsam hier sind.“

Jeder mit einer Muschel in der Tasche, die Pastoralverbunds-Sekretärin Stefanie Feindt noch schnell auf dem Wochenmarkt besorgt hatte, waren die Fußwanderer sechs Stunden zuvor gestartet. Der Soester Burkhard Schnettler schloss sich an: „Guten Tag, ich bin Burkhard. Unter Pilgern duzt man sich.“ Wallfahrer halten sich nicht lange auf mit steifen Förmlichkeiten. Jeder kommt mit jedem ins Gespräch, sie schweigen und spüren ihren Gedanken nach. Da geht es nicht nur um die Erfahrungen unterwegs, sondern auch um Themen, die die Menschen darüber hinaus bewegen.

„Ich bin Kai“, stellte sich in der Andacht auch der Wiese-Seelsorger vor, und los ging’s – immer der gelben Jakobsmuschel nach, die als Symbol auf blauem Grund den Pfad auf historischem Boden markiert. Jüngster im Bunde: Der 14-jährige Jason, der voriges Jahr auf der evangelischen Seite mitgelaufen ist. „Es hat Spaß gemacht“, erzählt er, deshalb ist er nun wieder dabei. So wie Marianne Müller, die gekommen ist, um nette Menschen zu treffen. Graciosa Cadosa ist schon oft aufgebrochen, um in der Gruppe und für sich allein über Gott, die Menschen und die Welt nachzudenken. Sie stimmt unterwegs ein Lied aus ihrer portugiesischen Heimat an.

Die Gläubigen steuerten zwei Stationen an, die als Sinnbild für die ökumenische Nähe stehen: Propst Dietmar Röttger sprach besinnliche Worte in der evangelischen Andreaskirche in Ostönnen, Pfarrer Kai Hegemann stimmte die Pilger in der Pfarrkirche Cäcilia in Westönnen mit einem Impuls auf die Schluss-Etappe ein. Gut, dass im Westönner Gemeindehaus die Pforten offen stehen: Freundliche Frauen haben bereits den Tisch gedeckt und bieten Kaffee und Kuchen an. Noch ein kleines Stück, dann ist es geschafft.

Als die Pilger nun wieder losmarschieren, sehen sie schnell die Werler Stadtsilhouette – nun ist es nicht mehr weit. Sie biegen um die Ecke, und da kommt ihnen, dort draußen vor der Toren der Hellwegstadt, auch schon Gerhard Best entgegen, Ministranten tragen Banner für die Marienwallfahrt.

Eine freudige Begrüßung, ein kräftiges Händeschütteln, dann geht’s weiter, denn das Ziel liegt nah. Schon ist aus der Ferne Glockenklang zu hören: Ob nun Eile angesagt ist, weil ja der Gottesdienst beginnen soll? Gemach, meint der Wallfahrtsleiter, „ohne mich fangen sie nicht an.“ Zu dem Zeitpunkt „schauert“ er gerade mit den Soestern unter einem großen, schützenden Baum. Dass sie nass wurden, machte ihnen nicht viel aus. Sie wissen: „Es regnet, Gott segnet“.

Die Werler kommen den Soestern entgegen: Wallfahrtsleiter Gerhard Best (im Hintergrund) begrüßt die Wallfahrer mit dem katholischen Propst Dietmar Röttger (links) und dem evangelischen Pfarrer Kai Hegemann. Fotos: Köppelmann

Treffpunkt Wiesenkirche: Nach dem Mittagsgeläut und einer Andacht in der Taufkapelle zogen die Pilger los.