„Ich könnte aus der Haut fahren“ Wer mit Geflüchteten arbeitet, bekommt oft Grenzen der Belastbarkeit aufgezeigt

Erstellt am 26.09.2019

MESCHEDE. Klar, engagiert sollte man sein. Ein dickes Fell zu haben und eine gewisse Gelassenheit zu den eigenen Kernkompetenzen zu zählen, kann auch nicht wirklich schaden. Und doch kommt der Tag, kommt die Stunde, an der man buchstäblich aus der Haut fahren möchte. Menschen, die mit Geflüchteten arbeiten, kennen solche Momente.

Für sie hatten Diakoniepfarrer Peter Sinn und Elisabeth Patzsch, Synodalbeauftragte für Flüchtlingsarbeit, jetzt in der Reihe des Evangelischen Kirchenkreises „Kompetent im Ehrenamt“ im gemeinsamen Kirchenzentrum in Meschede jetzt eine Fortbildung „Ich könnte nur noch aus der Haut fahren“ organisiert, wie man mit seiner Wut und Ohnmacht besser umgehen kann.

„Nach vielen Jahren bewundernswertem Engagement in der Arbeit mit Geflüchteten kämpfen Engagierte auch mit belastenden Gefühlen“, weiß Patzsch um die Problematik.

Nach der allgemeinen Euphorie, die sich auf dem Höhepunkt der Flüchtlingswelle vor allem in den Jahren 2015 und 2016 zunächst unter den Engagierten breitgemacht hatte, ist vielerorts Ernüchterung eingekehrt, und nicht wenige haben sich inzwischen aus ihrem  ehrenamtlichen Engagement wieder verabschiedet.

Das zunehmend rauer werdende politische Klima, die weitere Verschärfung in der Abschiebepolitik, eine ausufernde Bürokratie und auch persönliche Enttäuschungen beim Umgang mit den Geflüchteten sind die Hauptursachen für die Frustration.

Das formulierten auch die Teilnehmer an der Veranstaltung im Gemeindezentrum so. Gleichzeitig aber betonten sie auch, welch unfassbarer Gewinn die Arbeit mit den Geflüchteten und der Kontakt zu ihnen ist. „Dadurch hat mein Leben einen völlig neuen und zutiefst bereichernden Inhalt und Sinn bekommen“, formulierte einer stellvertretend für fast alle Anwesenden, die aus Meschede, Brilon, Olsberg, Medebach und Hallenberg ins Kirchenzentrum gekommen waren.

„Wir wollten uns an dem Abend ganz bewusst Zeit nehmen, die Gefühlwelt genauer zu betrachten und zu entwirren“, erklärte Diakoniepfarrer Sinn das Konzept und ergänzte: „Dabei ging es uns auch darum, ganz bewusst neue Blickwinkel und Perspektiven zu entdecken.“ (Lim)

Auch das gehörte zu dem Abend für Ehrenamtliche: Mit unterschiedlichen Hüten symbolisierten sie ihre jeweilige Gefühlslage. Fotos: Elisabeth Patzsch

Auf Pappkartons waren verschiedene Statements formuliert, zu denen man sich positionieren konnte.