Der lange Weg zur Gleichberechtigung Festrednerin Claudia Montanus beleuchtet beim Bezirksverbandsfest der Frauenhilfe viele interessante Schicksale

Erstellt am 04.10.2019

Von Thomas Brüggestraße

MESCHEDE-OLPE. „Heute schon gewählt?“, das wollte Claudia Montanus, Bildungsreferentin des Landesverbands, von den Frauen in der Olper Schützenhalle wissen: „Wurst oder Käse beim Frühstück, oder doch besser Marmelade? Was soll ich anziehen? Bus oder Auto, wie fahre ich zum Bezirksverbandsfest der evangelischen Frauenhilfe? Habe ich meinen Ehepartner gewählt vor vielen Jahren, habe ich gewählt, was ich mal werden will, wieviel Kinder ich mal haben will, die Wohnungseinrichtung, die Hobbies?“

Was allen heute so völlig selbstverständlich erscheine, das sei vor hundert Jahren und erst recht davor bestenfalls ein Traum gewesen, und der Weg zur Wahl, zum Recht zur Wahl, der sei steinig und holprig gewesen – der Weg zu echter Gleichberechtigung der Frauen noch lange nicht zu Ende gegangen.

„Frauen.Wahl.Recht – Wir dürfen wählen“, so hatte Festrednerin Claudia Montanus,  ihren Vortrag für das Bezirksverbandsfest der evangelischen Frauenhilfe in Olpe überschrieben: Vor einhundert Jahren zogen die ersten 37 Frauen als Abgeordnete ein in die Nationalversammlung im Nationaltheater in Weimar. Marie Juchacz darf als erste Frau ans Rednerpult – und trotzdem durften die Männer noch bis 1977 bestimmen, ob die Frau arbeiten gehen darf oder nicht.

Immer noch verdienen Frauen bis heute im Schnitt weniger als Männer. Und Frauen sind immer noch benachteiligt, wenn sie zum Beispiel Abgeordnete werden wollen, zeigte Montanus auf. Ihr Vorwurf: Frauen verdienen weniger als Männer, die fünf- oder sechstausend Euro an Wahlkampfkosten-Beteiligung, die zahlen sie aber in gleicher Höhe wie die Männer!  Genau betrachtet werde so – wieder einmal – politische Einflussnahme an Geld und Geschlecht geknüpft. Der Landesverband der Frauenhilfen setze sich hier für eine Nachbesserung ein: Im vergangenen Jahr sei frau dem Aktionsbündnis „Parität in den Parlamenten“ beigetreten.

Coco Chanel, Rosa Luxemburg, Käthe Kollwitz, Marie Curie – Montanus beleuchtete viele beeindruckende Frauen-Biographien, erinnerte auch an Elisabeth Selbert, damit sie eben nicht vergessen wird: „Männer und Frauen sind gleichberechtigt.“ Im Grundgesetz steht das, und Selbert stritt dafür im Zigarrenqualm der Parlamentarischen Versammlung.

Montanus fasste zusammen: „Viel ist erreicht, viel steht noch aus. Als Christinnen und Engagierte stehen wir in einer Reihe mit den vielen Frauen, deren Namen heute fielen. Niemand von uns muss eine zweite Rosa Luxemburg werden oder zeichnen können wie Kollwitz – aber die eigenen Gaben zum Wohl anderer einsetzen, den Mut auftun gegen Ungerechtigkeit, das kann jede von uns – mit den je eigenen Gaben.“

Die Kollekte des Tages wird zur Hälfte der Evangelischen Frauenhilfe Wengern zugute kommen, um damit Frauen mit Behinderungen zu unterstützen. Die zweite Hälfte geht an die Aktion „Brot für die Welt“, und dort für die Hilfe zugunsten Kindern und Jugendlichen in Indien.

Margot Bell aus Lippstadt, Ehrenamtskoordinatorin und Pfarrerin im Ruhestand, stellte „Brot für die Welt“ in ihrem Grußwort noch einmal vor: Seit 60 Jahren gibt es das „Evangelische Werk für Diakonie und Entwicklung“ mit Sitz in Berlin. Bells Botschaft: „Werden Sie Botschafterin in ihrer Gruppe, in ihrem Umfeld. Wie das geht, erfahren Sie bei mir.“

Ein weiteres Grußwort sprach  Dieter Tometten, der seit dem Zusammenschluss der beiden Kirchenkreise Soest und  Arnsberg  Superintendent und leitender Geistlicher des großen Kirchenkreises ist. In dieser Funktion war er erstmals beim Bezirksverband Arnsberg zu Gast. Tometten lobte die Arbeit der Ehrenamtlichen, sprach über Hilfe und ausgestreckte Hände, darüber, wie schön es sei, Leute wieder auf die Füße zu stellen.

Tometten: „Frauenhilfe, das hat für mich schon immer einen guten Klang gehabt. Frauenhilfe, das ist eine bewegende Gemeinschaft.“ Allerdings zeigte der Blick in die Runde auch deutlich: Noch mehr und gerne auch junge Frauen sollten mitmachen, um die Gemeinschaft in die Zukunft zu tragen.

„‘Frauen.Wahl.Recht‘ – da sind wir noch weit von entfernt“, das merkte Anna-Maria Mette aus Arnsberg an – die ehemalige stellvertretende Bundesvorsitzende der Katholischen Frauengemeinschaften (kfd) berichtete vom Kampf der katholischen Frauen landauf, landab um mehr Mitbestimmung und den Zugang zu allen Weiheämtern.

Wenn die Frauenhilfe zum Bezirksverbandsfest ruft, ist die Halle stets gut gefüllt. So auch in diesem Jahr in der Schützenhalle in Meschede-Olpe. Fotos: Thomas Brüggestraße

Zum ersten Mal war Dieter Tometten in seiner Funktion als Superintendent des fusionierten Kirchenkreises beim Bezirksverbandsfest.

Festrednerin Claudia Montanus, Bildungsreferentin des Landesverbands.

Adelheid Treeck, stellvertretende Bezirksvorsitzende der evangelischen Frauenhilfe Arnsberg