Goldener Glanz in der Abteikirche

Erstellt am 30.10.2019

Von Beate Ullrich

MESCHEDE. Zum 20. Mal begann im Sauerland das weltgrößte Bläserfestival „Sauerlandherbst“. Der neue künstlerische Leiter, Thomas Clamor, hatte den Wunsch, zum Auftakt des Jubiläums einen ökumenischen Gottesdienst zu feiern, unter Beteiligung von vielen Bläsern. Die Bläser, die sich mit der Gestaltung von Gottesdiensten am besten auskennen, sind natürlich die Posaunenchöre, und sie waren in die Benediktinerabtei Königsmünster in Meschede eingeladen.

160 Bläserinnen und Bläser aus den nordrhein-westfälischen Landeskirchen und dem CVJM waren der Einladung gefolgt und erlebten einen wunderbaren Tag voller Wertschätzung und Anerkennung, rundum lecker versorgt durch die Klosterküche. Vor- und nachmittags wurde geprobt unter der Leitung der Posaunenwarte Ulrich Dieckmann (Westfalen), Jörg Häusler (Rheinland) und Klaus-Peter Diehl (CVJM).

Die Stücke, unter anderem von Uhlenhoff und Fünfgeld, waren teilweise sehr anspruchsvoll. Trotzdem klappte alles sofort recht gut, so dass die Posaunenwarte sich nicht mit dem Buchstabieren von Noten und Rhythmen aufhalten mussten, sondern direkt in die musikalische Gestaltung einsteigen konnten.

Bei dieser Gelegenheit zeigte sich wieder einmal, was für eine hervorragende Bildungsarbeit in den Posaunenwerken geleistet wird. Zu der Zeit, als der erste Sauerlandherbst geplant wurde, hätte man diese Noten ganz „normalen“ Posaunenchorbläsern bei so kurzer Probenzeit nicht aufs Pult legen können. Zum Lohn für den Einsatz gab es nicht nur freien Eintritt in das Konzert am Abend, sondern zusätzlich Freikarten für einige weitere Konzerte.

Der Gottesdienst in der übervollen Abteikirche wurde gehalten vom Alt-Abt der Benediktinerabtei, Stephan Schröer, und dem Leitenden Obmann des EPiD (Evangelischer Posaunendienst in Deutschland), Rolf Bareis. „So viel goldenen Glanz hatten wir noch nie an diesem Altar“, freute sich Schröer. Die Musik spielte eine große Rolle in seiner Predigt. „Aus dem verzweckten Alltag auszubrechen, das kann mit dem Geschenk der Musik gelingen“. Die Musik gaben die 160 Bläser gerne dazu.

 

Nach der Predigt improvisierte der bekannte Jazztrompeter Frederik Köster mit dem Flügelhorn über sein „Liebeslied“, an der Orgel begleitet von Kreiskantor Gerd Weimar. Bei diesen himmlischen Tönen konnte man schon vergessen, dass man in einem Gottesdienst saß:  Es wurde spontan applaudiert. Nach dem Nachspiel und einem begeisterten Applaus gaben die Bläser noch eine Zugabe, die „Sarabande“ von Michael Schütz. Auch etwas ungewöhnlich in einem Gottesdienst, aber üblich im Sauerlandherbst.

 

Am Abend gab es zum Jubiläum noch ein „Feuerwerk“ in Form eines Konzertes von European Brass. 39 junge BlechbläserInnen und SchlagwerkerInnen aus 13 Ländern treffen sich projektweise unter der Leitung von Professor Thomas Clamor und erarbeiten dabei nicht nur ihr Konzertprogramm, sondern tauschen sich auch aus über ihre verschiedenen musikalischen und sozialen Kulturen und Traditionen.

 

Der Funke sprang gleich beim ersten Stück über, der Ouverture zur „Feuerwerksmusik“ von Georg Friedrich Händel. Es folgte die Uraufführung der Festivalfanfare „Sauerlandherbst“, eine kurze Auftragskomposition von Thorsten Wollmann, die künftig in jedem Konzert erklingen soll. Einen vier-chörigen Gabrieli, die Motette „Omnes Gentes“ einmal wirklich vierchörig in der Kirche verteilt zu hören, war ein unvergessliches und seltenes Klangerlebnis. Auch Johann Sebastian Bachs Bearbeitung des Chorals „Wachet auf, ruft uns die Stimme“ wurde in einem außergewöhnlichen Arrangement vorgetragen. Bei dem Eingangsthema wechselten sich Flügelhorn und Trompete  mit leichtfüßig perlenden Tönen ab. Der Choral ertönte kraftvoll aus allen acht Posaunen, wie ein lebendiges Zitat aus der biblischen Offenbarung.

 

Es ging weiter mit lateinamerikanischem Schwung der Grand Fanfare von dem venezolanischen Trompeter und Komponisten Giancarlo Castro. Den (offiziellen) Abschluss des Konzertes bildete eine Beschreibung rätoromanischen Dorflebens, die Suite Maletgs Rumantschs von Stephan Hodel. Unter anderem wurden Kühe unter gemütlichen Kuhglockenklängen durch das Dorf getrieben, eine übermotivierte leicht schräge Blaskapelle lud zum Fest – ein herrlicher musikalischer Spaß.

 

Beendet war das Konzert damit noch lange nicht, denn erst nach der vierten Zugabe wurden Thomas Clamor  und sein Orchester vom Publikum entlassen. Für die beteiligten Posaunenchöre ging damit ein wundervoller Tag zu Ende.

160 Bläserinnen und Bläser aus den nordrhein-westfälischen Landeskirchen und dem CVJM waren der Einladung gefolgt