Bad Sassendorf. Theologe, Philosoph, Musiker, Mediziner: der große Albert Schweitzer war wie kaum eine andere Persönlichkeit des 20. Jahrhunderts auf vielen Ebenen mit Leib und Seele engagiert. Es gibt etliche Veröffentlichungen über sein beispielloses Leben und Wirken. Einer der sich seit vielen Jahren intensiv mit Schweitzer beschäftigt und auseinandersetzt ist der Soester Dr. Wolf Kalipp, Organist, Musikwissenschaftler, Kulturphilosoph und Mitglied der Kantorei der evangelischen Kirchengemeinde Bad Sassendorf.
Martin Anemüller, Vorsitzender des Männerkreises der Evangelischen Kirchengemeinde, begrüßte ihn als kundigen Referenten jetzt zu einem eindrucksvollen lebendigen Vortrag im Wechsel mit Musikbeiträgen im Mehrgenerationenhaus. Parallel dazu war es Anemüller gelungen, über Kontakte, die er beim Kirchentag in Dortmund gesucht und gefunden hatte, eine kleine Albert-Schweitzer-Ausstellung mit 15 Postern nach Bad Sassendorf zu holen, die noch bis einschließlich 21. Juli während der Öffnungszeiten des Mehrgenerationenhauses in der Wasserstraße zu besichtigen ist.
Den wohl ergreifendsten Moment erlebten die zahlreichen Gäste des Vortrags erst ganz zum Schluss: Dr. Wolf Kalipp gab eine zehn Minuten lange Originaltondokumentation Schweitzers wieder, deren Wortlaut aktueller denn je ist: Er appellierte in seiner universellen Ethik an die Ehrfurcht vor dem Leben, rief die Menschen auf, sanftmütiger zu sein und richtete die dringende Bitte an sie, jede Art von Kriegsführung aus ethischen Gründen zu verwerfen. Während die Stimme des Mannes zu hören war, der vor 124 Jahren im Elsass das Licht der Welt erblickte, erfüllte eine nahezu andächtige Stille den Raum. Berührende Minuten, die bei vielen Gästen sicher noch den Heimweg bestimmten.
Dr. Wolf Kalipp, Mitglied der „Association internationale Albert Schweitzer Lambaréné", präsentierte einen Überblick über die wichtigsten Stationen des Gelehrten, Musikwissenschaftlers und "Urwalddoktors", der aufzeigte, welche Vielfalt an Menschlichkeit von Albert Schweitzer ausging und von ihm in Verbindung mit uneingeschränkter Nächstenliebe gelebt wurde. Schweitzers großartiges Wirken wurde neben vielen Auszeichnungen 1954 mit dem Friedensnobelpreis honoriert.
Ethik, die alles Leben als gleichwertig anerkennt - dieser Grundsatz charakterisierte besonders seine hingebungsvollen Arbeit in der Urwaldstation Lambaréné. Gemeinsam mit seiner Ehefrau Helene baute Albert Schweitzer dort ein Spitaldorf mit 70 Krankendörfern und behandelte nicht nur Afrikaner sondern bot getreu seinem Lebensmotto auch vielen Tieren eine Herberge. Neben seinem humanitären Schaffen zählte die Musik, besonders das Orgelspiel, zu seinen großen Vorlieben.
Eine Präsentation mit Bildern aus dem Leben Albert Schweitzers und der Einspielung stimmungsvoller Orgelmusik gaben dem Vortrag eine ganz besondere Note. Dr. Wolf Kalipp verstand es brillant, das Lebenswerk des großen Mannes - auch manchmal mit einer Portion Humor - darzustellen. Das Publikum konnte nachvollziehen, wie ergreifend es für den Referenten gewesen sein muss, während einer Reise in die Vergangenheit am Schreibtisch Schweitzers Platz nehmen zu dürfen. Eineinhalb Stunden reichten gar nicht aus, um das Lebenswerk des „Urwalddoktores" komplett zu beleuchten. Wer bisher wenig davon gehört hatte weiß jetzt, was gelebte Humanität heißt.