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Interreligiöser Pilgerweg

3.7.2025

Christlich-Islamischer Dialog macht Pilgern zum Thema – Spannender Rundgang durch Kirche und Moscheen

Die Moschee der Marokkanischen Gemeinde am Berliner Platz ist noch eine Baustelle – hier wurden die „Pilger“ ebenfalls herzlich von den Mitgliedern der Gemeinde empfangen und umsorgt. Fotos: Frank Albrecht
Die Moschee der Marokkanischen Gemeinde am Berliner Platz ist noch eine Baustelle – hier wurden die „Pilger“ ebenfalls herzlich von den Mitgliedern der Gemeinde empfangen und umsorgt. Fotos: Frank Albrecht

Von Frank Albrecht

Neheim. Gegenseitiges Verständnis und das daraus erwachsene Miteinander christlicher und islamischer Religionen sind seit Jahren das Ziel einer besonderen Initiative in Neheim: Der „Christlich-Islamische Dialog“ widmet sich dem Näherkommen beider Religionen auf sachliche und zugleich freundschaftliche Art und Weise. Seit 25 Jahren finden regelmäßig Veranstaltungen statt, bei denen sich die Evangelische Kirchengemeinde Neheim und die islamische Gemeinde miteinander austauschen. Nach Themen wie Essen oder Beten in den jeweiligen Religionen stand jetzt ein Sonntag ganz im Zeichen des Themas „Pilgern“, das natürlich ebenfalls aus christlicher sowie aus islamischer Sicht umfassend beleuchtet wurde.

 

Startpunkt des interreligiösen Pilgerwegs, zu dem Pfarrer Dr. Udo Arnoldi in Abstimmung mit den Vertretern der islamischen Gemeinden eingeladen hatte, war die Neheimer St. Johannes-Kirche. Hier konnte zunächst der katholische Amtskollege, Pfarrer Stephan Jung, die rund 30 Teilnehmenden an einer zum Thema passenden Ausstellung in der Kirche begrüßen. Zu sehen ist dort aktuell eine Ausstellung, die sich unter dem Titel „Pilgern – auf historischen Wegen im Sauerland“ mit dem Thema auseinandersetzt und die Tradition des Pilgerns vor Ort beleuchtet.

 

Pfarrer Dr. Udo Arnoldi schloss sich der Begrüßung der Gäste an und verband zum Auftakt mit einem Segenswunsch die gemeinsamen Absichten. „Ihr Weg ist auch mein Weg“, so Arnoldi an die Nachbarn gerichtet. Er stellte vor, dass der Pilgerweg nur eine von mehreren Veranstaltungen im Rahmen des Christlich-Islamischen Dialogs sei, die zum 25-jährigen Jubiläum der Initiative geplant sind.

 

Pflicht der Religionsausübung

 

Von der St. Johannes-Kirche aus machte sich die gemischte Pilgergruppe durch die Sonne zunächst auf den Weg zur türkischen islamischen Gemeinde DITB auf der Langen Wende in Neheim. Hier wurden die „Pilger“ bereits erwartet, und nach dem Ablegen des Schuhwerks fanden alle – Männer wie Frauen – einen Platz im Gebetssaal der Moschee. Vom ausgelegten Teppichboden bis zu den festlichen Verzierungen des Saals überrascht, lauschten alle den Erklärungen zur Moschee und zum Thema des Rundgangs – dem Pilgern aus islamischer Sicht.

 

Mit Fotos auf einem großen Bildschirm erfuhren alle, dass das Pilgern nach Mekka in allen islamischen Glaubensrichtungen ein wichtiges Ritual ist, das der Geschichte von Abraham und seinem Sohn Ismael folgt. Das Pilgern ist zudem eine Pflicht in der Religionsausübung für alle, die es sich finanziell und gesundheitlich leisten können.

 

Die christlichen Mitglieder des Dialogs lauschten gespannt den Erklärungen, die das Pilgern zur Kaaba beschrieben. Damit das wichtige Ritual in der Religion korrekt ausgeführt wird, gebe es auch Vorbereitungskurse zum Pilgern, wurde erklärt. Auch, dass die Sprache in den Gebeten stets Arabisch sei, wurde beschrieben – denn dies ist die Sprache des Propheten. Von der Gelegenheit, Fragen zu stellen, wurde reichlich Gebrauch gemacht. Und so kamen die Ausstattung der Moschee, wichtige Rituale wie das Freitagsgebet oder Opfer- und Zuckerfest zur Sprache. Ebenfalls wurde die Rolle der Frau angesprochen und Mitglieder der Gemeinde erklärten, dass diese in einem von den Männern abgetrennten Bereich ihren Platz in der Moschee finden.

 

Rund 180 Familien zählen zur DITB-Gemeinde in Neheim, die seit 1987 einen Moschee-Standort in Neheim hat. Für die Leitung der Gottesdienste durch einen Imam braucht es eine fünfjährige Ausbildung in der Türkei. Für Angehörige einer islamischen Religion ist das Beten in jeder Moschee erlaubt – gleich von welchen Landsleuten sie errichtet oder genutzt wird. Vor der Fortsetzung des interreligiösen Pilgerwegs wurde noch einmal gebetet. Und mit dem Psalm 1 und der Sure al-Fatiha, der Eröffnung, Sure 1, die vom Imam gesungen wurde, machte sich die Gemeinschaft wieder auf den Weg – die künftige Al-Sunnah Moschee des marokkanischen Kulturvereins als Ziel.

 

Auf einer Fläche am Berliner Platz in Hüsten entsteht gerade das Gebäude, das dem Kulturverein künftig als Treffpunkt und Moschee dienen soll. Auf der Baustelle, die nach dem Spatenstich vom März 2024 weit fortgeschritten ist, begrüßte der Vorsitzende Rochdi Koubaa die Pilger. Er ergänzte die Informationen zur Tradition des Pilgerns und stellte zudem Gemeindemitglied Yassim El Ghanmi Amghax vor, der mit einem weißen Leichentuch gekleidet die hier traditionelle Pilgerkleidung zeigte.

 

Ergänzend dazu nutzte Pfarrer Stephan Jung die Gelegenheit zu erklären, dass es in der christlichen Tradition eigentlich keine spezielle Pilgerkleidung gebe. Dafür – so Jung – sei aber die Muschel in Anlehnung an die in der Nähe von St. Diago de Compostela gefundenen Muscheln das Erkennungszeichen der Pilger. Auch, dass die Pilgerpässe das Nächtigen in einfachen Unterkünften nachweisen und die die letzten 100 Kilometer zu Fuß gegangen sein sollten, mache das Pilgern im Christentum aus, so Pfarrer Jung.

 

Durch den Wald und über den RadXpress-Weg „RXA“ zurück nach Neheim führte die Pilger ihre letzte Etappe des Rundwegs. Und nach einem spirituellen Impuls von Dr. Udo Arnoldi im Wald lud dieser alle ein, den Rest des Weges bis zur Christuskirche in Neheim schweigend zu gehen. „Das fördert die tiefe Verbindung zur Natur“, so Dr. Arnoldi, und sei Besinnung und Loslassen zugleich. In der evangelischen Kirche fand vor dem Abschluss bei Obst und Getränken im Gemeindehaus die Verabschiedung der Teilnehmenden voneinander statt. „Gesegnet war dein Weg, der Friede sei mit dir“, wurde dem jeweiligen Nachbar gewünscht. Passend war schließlich auch das Abschlusslied, und alle sangen glücklich „Möge die Straße uns zusammenführen“.

 

 

Erste Station des Pilgerrundgangs im Christlich-Islamischen Dialog: die Moschee des Vereins DITB auf der Langen Wende in Neheim.
Erste Station des Pilgerrundgangs im Christlich-Islamischen Dialog: die Moschee des Vereins DITB auf der Langen Wende in Neheim.