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Prophet des einen Gottes
18.9.2025
Elias-Oratorium wirft Schatten voraus – Großes Interesse an fachlichem Vorgespräch

Von Frank Albrecht
Meschede. Fast schon 180 Jahre ist es her, dass der Komponist Felix Mendelssohn Bartholdy sein wohl größtes Werk – das Oratorium „Elias“ komponierte. Da passt es gut in die Zeit, das opulente Werk am Sonntag, 28. September, erneut zur Aufführung zu bringen: Kirchenmusikdirektor Gerd Weimar wird dafür wieder mit seinen Chören und Musizierenden in der Mescheder Abtei Königsmünster zu Gast sein.
Neben vier Solisten singen der Projektchor des Kirchenkreises Soest-Arnsberg, der Oratorienchor Arnsberg und das Vokalensemble „Canteremo“ – den instrumentellen Teil steuert die Philharmonie Südwestfalen bei. Zu einem Vorgespräch über das Stück, seine Geschichte und aktuelle Bezüge hatte jetzt die Stiftung Kirchenmusik unter dem Titel „Elias – Prophet des einen Gottes – eine Spurensuche in Judentum, Christentum und Islam“ in die Abteikirche eingeladen und fachliche Kompetenz dazu aufgeboten. Das Interesse daran war groß.
Neben dem Hausherrn, Abt Dr. Cosmas Hoffmann OSB, beteiligten sich auch Dr. Ahmet Arslan, Dialogbeauftragter der Fatih-Moschee in Meschede, Yehuda Almagor, Regisseur und Leiter des Arnsberger Teatron Theaters, und der Superintendent des Evangelischen Kirchenkreises Soest-Arnsberg, Dr. Manuel Schilling. Pfarrer i.R. Rainer Müller und Albert Frohn übernahmen die Moderation der Veranstaltung und leiteten eine spannende Diskussion mit ihren Fragen ein.
Das Fachgespräch widmete sich der Verankerung des Werkes und seinem Wirken in den drei großen Religionen – Christentum, Islam und dem jüdischen Glauben. Die Zuhörerinnen und Zuhörer des Gespräches erfuhren in den einzelnen Beiträgen, wie unterschiedlich und doch auch wieder gleich, das Leben und Wirken von Elias in den verschiedenen Religionen gesehen wird.
Dass es eine besondere Situation für ihn sei, in dieser Runde zu sitzen, machte der Theaterregisseur und Gründer des Arnsberger Teatron Theaters, Yehuda Almagor, deutlich. Der gebürtige – aber, wie er selbst sagte, nicht aktiv praktizierende Jude – drückte seine Freude aus, vom Thema hören und darüber sprechen zu können. Almagor erinnerte dazu an ein Spiel aus seiner jüdischen Kindheit, dass „Stuhl von Elias“ genannt wurde. Das Spiel, so Almagor, sei eng an den religiösen Hintergrund geknüpft und verdeutliche die jüdische Philosophie, dass der Messias niemals ankomme. Im beschriebenen Spiel sei der „Stuhl des Elias“ deshalb stets frei und er als Kind enttäuscht geblieben.
„Elias kommt auch an zwei Stellen im Koran vor“, erklärte Dr. Ahmet Arslan von der Fatih-Moschee in Meschede. Dort werde Elias als Prophet bezeichnet, der bescheiden und mutig durch die Welt gelaufen sei. Zu seinem Stellenwert in der islamischen Religion falle eine Einordnung aber schwer, Elias sei als eine Art entrückter Prophet bekannt geworden. Trotzdem, so Arslan, zähle Elias nicht zum Kreis der prominent bekannten Propheten seiner Religion, gelte aber als aufrichtiger und standhafter Diener Gottes.
Aktuelle Bezüge zum heutigen Israel spielen eine Rolle
Einen großen Sprung zurück – in die Wirkungsszeit von Elias vor 2.500 Jahren und die Entstehung des Werkes von Felix Mendelssohn Bartholdy im Jahr 1846 forderte der Superintendent des Kirchenkreises, Dr. Manuel Schilling, von seinen Zuhörenden. Er erinnerte daran, dass der Komponist zu Zeiten des Biedermeier gelebt und gearbeitet habe und stets die sich aufbauenden Spannungen in der Gesellschaft im Blick behielt. „Er hat sie gesehen und versucht, in seinen Werken musikalisch umzusetzen“, so Dr. Schilling.
Detailliert beschrieb der theologische Leiter des Kirchenkreises die zeitgeschichtlichen Zusammenhänge während der Entstehung, die u.a. von Widersprüchen, aber auch von Religiosität geprägt gewesen sein sollen. Ziel von Bartholdy sei auf jeden Fall gewesen, den Einzelnen in seiner Zeit und dessen musikalische Haltung mit seiner Arbeit zu stärken. „Die Besonderheit des Stückes macht aus, dass dramatisch, statt episch erzählt wird“, so Dr. Schilling in seinem Beitrag.
Geschickt spielten die Moderatoren Rainer Müller und Albert Frohn ihren Elias-Fachleuten immer wieder den Ball für weitere Beiträge zu. Den griff erneut Yehuda Almagor auf und verdeutlichte, dass die Sprache des Stückes und das Sprechen darüber wichtig sei. „Ich kann aber nicht über Elias sprechen, ohne aktuelle Bezüge zu Israel zu sehen“, so Almagor, der dafür den Applaus des Publikums erntete. Er verwies auf die jungen Menschen, die als Soldatinnen und Soldaten auszögen, um zu töten. Die Bibel biete dazu Geschichten an, die sich interpretieren lassen. Als Theatermann, so Almagor, habe er aber die Aufgabe, mit seiner Inszenierung die Geschichte zu interpretieren.
Etwas weg von der musikalischen Betrachtung des Elias spannte Dr. Arslan den Bogen. „Elias war ein Prophet Gottes, der aber nicht militärisch, sondern mit Worten gekämpft hat“, so Arslan. Der Begriff des „Jihad“ sei als Gotteskrieg übersetzt falsch verstanden worden und eher eine Bezeichnung für den inneren Kampf, den die Menschen mit sich austragen. Elias habe mit seiner Stimme und den Glauben an Gott gekämpft, so Arslan weiter, der dazu auch auf die Verbindungen zur aktuellen politischen Situation verwies.
Welche verschiedenen Dimensionen von Wahrheit es gebe und, dass der Widerspruch zwischen den religiösen Wahrheiten nicht einfach aufzulösen sei, beschrieb Abt Cosmas aus der Abtei Königsmünster. Die Erzählung von Elias sei von Sehnsucht nach Einheit und Verstehen geprägt. „Die richtig große Schlacht im Alltag führen wir gegen uns selbst“, so Abt Cosmas. Der Wunsch vieler Menschen sich zu öffnen, sollte dabei größer sein als die Angst davor. Cosmas riet, im Vertrauen auf die Gerechtigkeit Gottes zu leben und die Gewalt nicht zu übernehmen, sondern vielmehr auf Gott zu vertrauen. „Die Menschen befinden sich derzeit ständig in einer Spirale – sie sollten aufwachen und sich dieser Spirale verweigern“, so Abt Cosmas unter dem Applaus des Publikums.
