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Bereitschaft zur Veränderung ist überall spürbar
13.8.2025
Superintendent Dr. Manuel Schilling äußerst sich im Sommer-Interview zu vielfältigen Themen

Soest-Arnsberg. Es ist inzwischen so etwas wie liebgewordene Tradition, dass sich Superintendent Dr. Manuel Schilling in einem großen Sommer-Interview zu den Themen äußerst, die ihn und oft auch den gesamten Kirchenkreis bewegen. Auch in diesem Jahr hat er sich den Fragen von Hans-Albert Limbrock, Leiter der Öffentlichkeitsarbeit im Kirchenkreis gestellt. Im ersten Teil des mehrteiligen Interviews steht dabei ein Rückblick auf die fünf Jahre, die Schilling den Kirchenkreis nunmehr leitet, im Blickpunkt.
Sie sind etwas mehr als fünf Jahre Superintendent im Kreis Soest. Was waren die besonders positiven Erfahrungen, die Sie in dieser Zeit gemacht haben?
SCHILLING: Als allererstes: Die Menschen in Börde und Sauerland sind fröhliche Leute. An der Lippe und an der Ruhr lässt es sich gut leben. Nördlich und südlich der Haar macht es Freude, evangelisch zu sein. Zweitens: Die Menschen hier haben mich – und auch meine Familie – freundlich aufgenommen. Wir leben gerne hier. Drittens: wir Evangelischen haben uns aus den beiden Altkreisen Soest und Arnsberg zusammen auf einen neuen Weg begeben. Die Bereitschaft zur Veränderung spüre ich an allen Ecken und Enden.
Und welches waren die negativen Erlebnisse; was die größten Enttäuschungen?
Der mit Abstand schlimmste Moment war im Bielefelder Landeskirchenamt am 20.November 2023. An dem Tag saßen wir mit einigen Superintendentinnen und Superintendenten im Großen Saal des LKA. Vor einer rasch aufgebauten Stellwand erklärte Präses Annette Kurschus ihren Rücktritt wegen der ungeklärten Verantwortlichkeit für Missbrauchsfälle in ihrer Siegener Vergangenheit. Der unprofessionelle Umgang mit dieser Thematik von Seiten unserer Kirche führte zu dem Rücktritt dieser verdienten Person – er war dann unvermeidlich und konsequent.
Ist die Aufarbeitung dieser Geschehnisse gelungen oder sehen Sie dort noch Verbesserungspotential, um verloren gegangenes Vertrauen zurückzubekommen?
Der „Siegener Fall“ und die im Januar 2024 erschienene „Forums-Studie“ zum Umgang mit sexualisierter Gewalt hat nicht nur mir die Augen für die Versäumnisse und die Schuld unserer Kirche in diesem Bereich geöffnet. Ich bin unzufrieden, dass wir mit all unserem Bemühen, diese Geschichte aufzuarbeiten und uns zu verbessern, nur so langsam vorankommen, vielen Menschen immer noch so viel schuldig bleiben.
In fünf Jahren kann man nicht alles richtig gemacht haben. Das zu glauben, wäre vermessen. Was aber war Ihr bisher größter Fehler, wo haben Sie buchstäblich Lehrgeld bezahlt?
Das wunderbare Projekt „Maria“: mit einer Gruppe von Jugendlichen aus unserem Kirchenkreis für zwei Wochen durch Westfalen zu wandern und neunmal mit dem szenischen Oratorium aufzutreten, zusammen mit vielen Chören vor Ort, dabei allein dreimal in Kirchen unseres Kirchenkreises – dieses wunderbare Projekt also habe ich vom organisatorischen Aufwand unterschätzt. Damit habe ich viel Konfusion erzeugt und manche Mitarbeitenden an den Rand der Nerven und der Kraft gebracht. Das tut mir im Nachhinein sehr leid. Ich habe gelernt: Kirche kann und muss kreativ sein und neue Wege beschreiten. Sie muss das aber bitteschön ordentlich und gut organisiert machen.
Ein guter Freund hat Ihnen nach der Wahl zum Superintendenten gesagt: Du hast Dich auf den Tiger gesetzt, jetzt musst Du ihn auch reiten. Um im Bild zu bleiben: Fühlen Sie sich im Sattel des Tigers inzwischen wohl, konnten Sie ihn weitgehend zähmen?
Ein anderer guter Freund hat mir gesagt: was für ein schiefes Bild! Du der Dompteur, die anderen das wilde Tier. Nimm mal eine sanftere Vorstellung. Dieser Freund hat Recht. Den Kirchenkreis Soest-Arnsberg zu leiten, ist und bleibt ein Abenteuer, wenn man will auch ein Ritt über den Bodensee. Aber ich teile diese Leitungsverantwortung mit anderen, werde unterstützt, erhalte Resonanz und Rückmeldung. Deshalb würde ich mittlerweile sagen, aus dem Tiger ist in Symphonie-Orchester geworden. Tatsächlich stehe ich am Pult, aber die Musik machen die anderen. Wunderbare Musik.
Im zweiten Teil des Interviews wird sich der Superintendent zur Zukunft der Kirchen im Kirchenkreis äußern.
