Nachrichten

Das Leben feiern

9.10.2025

Trauerbegleiterin Christina Balkenohl hat ihren eigenen Trauerweg hinter sich

Christina Balkenohl hat eigene Erfahrung gemacht, was es bedeutet, wenn man in jungen Jahren ein Elternteil verliert und ist in der Trauergruppe von Sommerland aufgefangen worden. Foto: Klaus Bunte

Von Klaus Bunte

 

Soest. Dreizehn Jahre sind seither vergangen. Christina Balkenohl war vierzehn Jahre alt, als ihre Mutter mit gerade einmal 46 Jahren plötzlich verstarb. Seit sieben Jahren gab es damals Sommerland, eine Anlaufstelle für trauernde Kinder, Jugendliche und ihre Familien bei der Diakonie Ruhr-Hellweg. Ihr vertraute sich Christina auf eine Empfehlung hin an.

 

In diesen Tagen beging Sommerland den 20. Geburtstag mit einem Gottesdienst und einem bunten Sommerfest auf dem Vorplatz der Wiesenkirche. Das Motto des Tages: „Wir wollen das Leben feiern.“ Gegenüber, im Haus der Diakonie, konnten sich die großen und kleinen Besucher über Sommerland informieren, es gab zahlreiche Mitmachangebote und Aktionen.

 

Ein Beispiel dafür, was dieses Angebot über die Jahre hinweg bewirkt hat, ist Christina Balkenohl. „Es ist etwas anderes, wenn man die Möglichkeit hat, sich zu verabschieden“, meint die junge Frau, heute 27 Jahre jung. „Aber die hatte ich nicht. Das hat meine Welt damals ziemlich aus den Angeln gehoben. Ich konnte nach dem Tod meiner Mutter nicht so weiterleben wie zuvor.“

 

In ihrem Umfeld hatte sie zwar etliche Freunde und Angehörige, die sie aufzufangen versuchten, aber niemanden mit vergleichbaren Erfahrungen. Die fand sie in der Sommerland-Jugendgruppe: „Ich weiß von anderen, die befürchteten, vom Leid der anderen noch weiter heruntergezogen zu werden, aber ich selber befürchtete das nicht. Gemeinsam mit anderen, die Ähnliches erlebt haben, da durchzugehen, hat auch einen ganz anderen Wert, als würde man das allein mithilfe eines Psychologen aufarbeiten wollen.“

 

Irgendwann müsse man sich dem Problem stellen, könne es nicht mehr verdrängen: „Unsere Trauerbegleiterin Anna Möllenberg hat dafür ein schönes Bild: Man kann versuchen, einen schweren Medizinball lange unter Wasser zu tauchen. Aber irgendwann hat man dazu nicht mehr die Kraft und die Trauer kommt wieder an die Oberfläche. Ich bin mir sicher, in der Verarbeitung meiner Trauer wäre ich ohne Sommerland heute nicht dort, wo ich bin – und ich könnte heute auch nicht so frei darüber sprechen.“ 

 

Dem Begriff „Trauergruppe“ zum Trotz gehe es recht locker zu. Zu Beginn der Gruppentreffen werden auch alltägliche Probleme besprochen: „Man steigt ja in eine bestehende Gruppe ein, daher gibt es immer andere, die bereits einmal oder mehrfach den Jahrestag des Todes des Angehörigen oder Daten wie das erste Weihnachten ohne das verstorbene Elternteil erlebt haben. Dadurch können alle voneinander lernen, damit umzugehen. Einige kommen auch deshalb zu Sommerland, weil ihr Alltag kaum die Zeit bietet, sich bewusst mit den Verstorbenen zu beschäftigen.“


Dass sie diese Arbeit zumindest in Teilen dazu bewogen haben mag, Sozialpädagogik zu studieren, also Menschen in Krisenzeiten zu begleiten, schließt sie nicht aus. Nach ihrer Rückkehr vom Studienort Münster an den Möhnesee kehrte sie zu Sommerland zurück – nun als ehrenamtliche Mitarbeiterin: „Für jene Jugendlichen, die gerade frisch in dieser Krise sind, ist es gut zu sehen, dass es gut weitergehen kann, es wird immer anders bleiben und Trauer geht nicht weg, aber es kann wieder anders gut werden.“

 

Eine Aufgabe, die Trauerbegleiterin Anna Möllenberg wie folgt beschreibt: „Ich kann den Menschen nicht die Trauer abnehmen, ich kann ihr Päckchen nicht tragen, aber ich kann mit ihnen gehen und ihnen Möglichkeiten aufzeigen, ihren Trauerweg zu finden. Und den zu gehen und den Kindern kreative Möglichkeiten anzubieten, damit sie ihre Trauer zum Ausdruck bringen können, das ist für mich eine sehr schöne und lebensbejahende Aufgabe.“

 

Um dieses so besondere und wichtige Angebot der Diakonie auch in den nächsten Jahren in Soest und Umgebung zu ermöglichen, ist Sommerland auf Spenden angewiesen. 

zurück zur Übersicht