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Wir wurden mit ihr groß

4.12.2025

Raynhild Hartung-Weier gibt Krippenspielleitung an Emmaus-Kantor ab

Raynhild Hartung-Weier mit Regisseur Benedikt Redeker im vergangenen Jahr nach der Aufführung: Es war ihre Abschiedsvorstellung.

Von Klaus Bunte

 

Soest. Beim Krippenspiel ist etwas zu Ende gegangen, was man nach fünfundvierzig Jahren mit Fug und Recht als eine „Ära“ bezeichnen kann. So lange hatte Raynhild Hartung-Weier die musikalische Leitung über das Christgeburtsspiel – und somit fast über die Hälfte aller gut 100 Doppel-Aufführungen der Traditionsveranstaltung.

 

Hartung-Weier übernahm die Leitung 1979, dirigierte bis zum vergangenen Jahr, somit neun Jahre über ihre Pensionierung als Musiklehrerin am Archigymnasium hinaus, nur unterbrochen von der Corona-Phase. Nach dem Tod von Heinz Hengst im Jahr 2013, der im Alter von 91 Jahren verstarb, uns ebenfalls fast 50 Jahre lang Regie geführt hatte sowie jetzt in Benjamin Redeker seinen dritten und dauerhaften Nachfolger gefunden hat, ist der Generationswechsel beim traditionsreichen Krippenspiel endgültig vollzogen.

 

„Als ich kurz zuvor nach Soest gezogen war und die Leitung übernehmen sollte, war es für mich in erster Linie eine Herausforderung positiver Art“, erinnert sich Hartung-Weier. „Als junge Lehrerin sah ich mehrere reizvolle Aspekte: die musikalische Herausforderung, das Arbeiten mit den Kindern und Jugendlichen, das Aufführen einer Tradition, die viele Herzen berührt. Mit den Jahren wurde das Krippenspiel Teil meiner eigenen Weihnachtstraditionen und vor allem ein Muss; ein fester Bestandteil meines Jahres.“ An ein Abgeben sei viele, viele Jahre gar nicht zu denken gewesen, so viel bedeute ihr das Krippenspiel.

 

Langzeit-Mitspielerin Lena Werntze, die sich heute um die Organisation kümmert: „Fast alle, die heute teilnehmen, sind mit ihr groß geworden. Sie hat das Krippenspiel sehr geprägt und es stets liebevoll und authentisch, mit viel Fingerspitzengefühl, geleitet. Ich bin ihr sehr dankbar für die vielen Jahre und die schönen Zeiten mit ihr. Ohne Raynhild gäbe es das Krippenspiel vielleicht schon lange nicht mehr. Daher werde ich sie auch in Zukunft im Herzen mit in die Proben nehmen.“

 

Dass sie in absehbarer Zeit aus Alters- und aus gesundheitlichen Gründen den Taktstock abgeben würde, war nur eines der Probleme, mit denen sich die Krippenspieler in den vergangenen Jahren konfrontiert sahen. Ursprünglich eine mit Schülern besetzte Inszenierung, fanden sich durch den mangelnden Kontakt zu den Schulen kaum noch Jugendliche, weshalb es mehr und mehr zu dem wurde, was die Aktiven heute als „Generationenspiel“ bezeichnen, mit Mitwirkenden vom Jugendlichen bis hinauf ins Rentenalter. Dies kann aber durchaus positive Nebeneffekte haben: So singt die Rolle des Josef in diesem Jahr der ausgebildete Soester Tenor Frank Rinsche.

 

Die Soester Gymnasien lehnten zudem vor einigen Jaren die Übernahme der Trägerschaft ab. Der Evangelische Kirchenkreis Soest-Arnsberg sprang segensreich in die Bresche, sicherte die Krippenspieler somit versicherungstechnisch und finanziell ab und stellt von diesem Jahr an auch mir Paul Herbort den Kantor der Emmaus-Gemeinde und die Gemeindehäuser als Probenorte zur Verfügung.

Fehlende Noten als echte Herausforderung

Für Herbort ist die Übernahme wie einst für seine Vorgängerin eine echte Herausforderung. Der junge Kirchenmusiker trat seine Stelle in Soest erst im Frühjahr an. Der gebürtige Espelkamper hatte zuvor in Herford studiert, einige Zeit in Berlin verbracht und war dann über Werl nach Soest gelangt. Daher hat er das Krippenspiel noch nie live erlebt, muss also mit den Ton- und Videoaufnahmen vergangener Aufführungen arbeiten.

 

Und natürlich mit dem Notenmaterial – doch das ist leichter gesagt als gesungen: Raynhild Hartung-Weier dirigierte alles längst aus dem Kopf, und Noten händigte sie ihren Sängern nie aus – die sollten schließlich auswendig singen und nicht am Notenblatt kleben. So war es bei zwei Liedern zunächst schwierig, die handschriftlichen Noten aus den sechziger Jahren wieder aufzutreiben. Man kann ja nicht irgendein anderes Arrangement nehmen: Die Sänger müssten dieses komplett neu einstudieren und auch das Publikum will schließlich das hören, was es seit jeher gewohnt ist.

 

Für Herbort ist dies „eine spannende Aufgabe. Eine musikalische Leitung nach einer so langen Zeit zu beerben ist immer herausfordernd. Gleichzeitig freue ich mich darauf, mit einem so engagierten Ensemble zu arbeiten. Ich habe einen großen Respekt vor dieser traditionellen Veranstaltung, die für viele Soester einfach dazugehört.“

 

Er sei froh, zuvor bereits Musiktheater-Erfahrung als musikalischer Leiter des Fehde-Musicals gesammelt zu haben. Vorteilhaft sei zudem, dass er als Kantor der Emmaus-Gemeinde den Spielort bereits gut kenne. „Ich habe das große Glück, dass die allermeisten aus dem Ensemble das Stück sehr gut kennen und mir meine Fragen nett beantworten können. Gerade am Anfang ist meine Herangehensweise sicherlich für den einen oder anderen ungewohnt. Aber ich denke, wir befinden uns auf einem guten Weg. Man spürt, wie wichtig allen Mitwirkenden das Krippenspiel ist.“

Termin

Donnerstag, 18. Dezember, 17 und 20 Uhr, in der Hohnekirche. Der Eintritt ist frei, Spenden sind willkommen.

Von diesem Jahr an übernimmt Paul Herbort, der neue Kantor der Soester Emmaus-Gemeinde, die musikalische Leitung beim Soester Krippenspiel – für den Neu-Soester, der erst im Frühjahr nach Soest zog und es daher noch nie live hat miterleben können, eine echte Herausforderung. Foto: Klaus Bunte

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