Keine Flüchtlinge zweiter Klasse

Erstellt am 29.04.2022

Asylarbeitskreis Soest nutzt Besuch von Kurschus, um auf Missstände hinzuweisen

Mitglieder vom Arbeitskreis Asyl aus Soest demonstrierten am Rande der ZUE in Echtrop gegen die Ungleichbehandlung von Flüchtlingen. Präses Annette Kurschus und ihre persönliche Referentin Silke Niemeyer hörten ihnen aufmerksam zu. Fotos: Hans-Albert Limbrock

Von Hans-Albert Limbrock

Möhnesee-Echtrop. Die Forderung vom Asylarbeitskreis Soest ist ebenso einfach, wie klar formuliert: „Kriegsflüchtlinge, die bei uns Schutz suchen, sind gleich zu behandeln.“ Die aktuelle Lage zeige jedoch, dass die Praxis aktuell eine andere sei: Flüchtlinge aus der Ukraine hätten deutlich mehr Vorteile als Geflüchtete aus anderen Kriegsländern. „Es gibt Flüchtlinge zweiter Klasse und das darf nicht sein“, erklärte denn auch Edith Engelbach, die mit Mitstreitern und Mitstreiterinnen den Besuch von Präses Annette Engelbach an der ZUE in Möhnesee-Echtrop nutzte, um auf die Missstände aufmerksam zu machen.

Bereits im Vorfeld des Besuchs hatte man sich an die Ratsvorsitzende der Evangelische Kirche Deutschland (EKD) gewandt und um ihre Unterstützung gebeten: „Bitte machen sie sich für eine Gleichbehandlung aller Geflohenen stark.“ Vor allem bei den Kindern, so der Arbeitskreis, zeigten sich große Diskrepanzen. Während etwa Kinder ukrainischer Flüchtlinge schnellstens in den Regelschulbetrieb integriert werden sollen, hätten die Kinder von Flüchtlingen aus Afghanistan, Irak, Syrien usw. mindestens sechs Monate lang überhaupt keinen Zugang zu öffentlichen Schulen. Diese Unterscheidung setze sich bei den Themen Unterbringung, Sprachförderung, finanzielle Unterstützung oder Arbeitsmarkt fort.

„Ich setze mich mit aller Kraft dafür ein, dass die Rechte der Flüchtlinge aus der Ukraine auch für die anderen gelten“, zeigte sich Kurschus auf der Seite der Kritiker und ergänzte. „Das sind sonst Flüchtlinge 2. Klasse. Unter diesen Regeln leiden die Menschen.“ Pfarrerin Silke Niemeyer, die persönliche Referentin der Präses, hatte dem Arbeitskreis zuvor in einer Mail mitgeteilt, dass Kurschus wisse, wie viel Leidenschaft, Zeit und Kraft die Engagierten investieren: „Der Schutz und die Würde von Geflüchteten ist ihr persönlich (Anmerkung der Redaktion: der Präses) schon lange ein Herzensanliegen, für das sie sich persönlich und wir mit ihr einsetzen.“ Niemeyer versprach: „Seien Sie sicher: die Präses wird tun, was in ihrer Möglichkeit steht und was klug ist, um sich gegen eine Zwei-Klassen-Gesellschaft unter den Geflüchteten zu wehren.“

Beim anschließenden Rundgang über das Gelände der ZUE Echtrop machte Elisabeth Patzsch, Flüchtlingsbeauftragte des Kirchenkreises, darauf aufmerksam, „dass die Situation für die Menschen hier sehr belastend ist“. Innerhalb von 48 Stunden hätten viele von ihnen die Unterbringung in Soest verlassen müssen und seien nach Echtrop gebracht worden: „Das war nicht sehr glücklich.“ Aktuell leben dort 738 Menschen aus 34 verschiedenen Nationen.

Thomas Sommer, zuständiger Abteilungsleiter bei der Bezirksregierung, verteidigte diese Maßnahme. Durch den Krieg in der Ukraine sei eine Situation entstanden, auf die niemand vorbereitet gewesen sei. Man habe daher relativ kurzfristig entschieden, die Ukrainer nach Möglichkeit in zentralen Einrichtungen gesammelt unterzubringen. Aber auch die Einrichtung in Echtrop entspreche durchaus den nötigen Standards: „Es geht darum, die Menschen vernünftig zu behandeln und unterzubringen. Und das passiert auch hier.“

Dass noch nicht alles rund laufe und es Verbesserungspotenzial gebe, räumte auch der Mann der Bezirksregierung ein. Es sei bekannt, dass Echtrop „in die Jahre“ gekommen sei und es erheblichen Renovierungsbedarf gebe: „Wir sind in dieser Beziehung im ständigen Austausch mit den Ministerien.“

Präses Kurschus, die sich bei ihrem Besuch auch die persönliche Flüchtlingsgeschichte von Kevin aus Nigeria schildern ließ, versprach, dass sie ihr Netzwerk und ihre Kontakte einsetzen werde, um sich gegen Missstände einzusetzen: „Wir müssen dahinkommen, dass es diese Unterschiede nicht gibt, sondern dass es immer eine Gleichbehandlung aller Geflüchteten gibt, und zwar auf dem Niveau, wie die Geflüchteten aus der Ukraine behandelt werden.“

Von Kevin aus Nigeria ließ sich Annette Kurschus dessen persönliche Flüchtlingsgeschichte schildern.