"Selbst der Regen hat uns zusammengehalten"

Erstellt am 05.08.2022

Warten gehört zum Wandern: Die Wandergruppe an der Bushaltestelle in Küstelberg.

Von Kathrin Koppe-Bäumer

Kirchenkreis. Einmal mehr erwies sich das Sauerland erwies sich als reizvolle Wandergegend für  die fünfte klimafreundliche und spirituelle Wanderwoche, an der jetzt  mit 23 Teilnehmer:innen und zwei Leiterinnen teilnahmen. Die Wanderungen boten viel Gelegenheit, sich kennenzulernen, Freundschaften zu schließen und zu pflegen. Das Essen unterwegs war vegetarisch und vegan. Die Fahrtwege wurden mit Bussen und Bahnen oder in großen Fahrgemeinschaften überwunden. Der CO2-Fußabdruck der Woche sollte möglichst gering sein.

Die 6-tägige klimafreundliche und spirituelle Wanderwoche begeisterte Teilnehmende aus dem Sauerland, dem Ruhrgebiet und Ostwestfalen. Entdeckungen in der Natur und in den Dörfern der Region regten zum Staunen und zum Austausch an. Die Organisatorinnen Simone Pfitzner, Seelsorge-Referentin im Evangelischen Kirchenkreis Soest-Arnsberg, und Kathrin Koppe-Bäumer, Regionalpfarrerin in den Kirchengemeinden Olsberg-Bestwig, Brilon, Marsberg und Medebach, blicken deshalb  dankbar und zufrieden. Mitgemacht haben 23 Männer und Frauen, darunter 19, die schon Erfahrung mit dieser Gruppe gemacht hatten.

„Wir Neuen wurden offen und freundlich von der Gruppe aufgenommen“, stellte eine Meschederin  in der ersten Rückmelderunde in der umgebauten Kapelle im Bildungshaus St. Bonifatius in Elkeringhausen fest. Hier wurde die Gruppe nach einer 12-Kilometer  langen Wanderung von Medebach-Glindfeld aus über den Seelenort „Himmelssäulen“ mit einer schmackhaften Minestrone-Suppe und Kaffee erfrischt. Helmut Geldbach vom SGV Medebach hatte die Gruppe bedachtsam bergauf und bergab geführt und darauf geachtet, dass nach Anstiegen Pausen eingelegt wurden, während derer sich auch die langsameren Gruppenmitglieder erholen konnten.

Mit Achtsamkeit durch die Natur

Um gutes Klima geht es bei den Wanderwochen, die Koppe-Bäumer und Pfitzner seit 2020 im Sommer und im Herbst durchführen. „Wir versuchen mit geringem CO-2-Ausstoß und mit großer Achtsamkeit für die Bedürfnisse von Menschen und Natur zu wandern. Die Teilnehmenden reisen mit Bussen und Bahnen oder, wenn sie aus Soest kommen, in großen Fahrgemeinschaften in einem Auto an und wieder ab. Das Essen ist vegetarisch oder vegan. Eine Plastiktüte für unterwegs entdeckten Müll gehört in alle Rucksäcke“, erläutert Koppe-Bäumer das Konzept des Projekts.

Im Juli erwanderte sich die Gruppe die Schlossroute in Kallenhard bei Warstein und kam mit dem Demeter-Landwirt, der die Ländereien von Schloss Körtlinghausen bewirtschaftet, über biologisch- dynamische Landwirtschaft ins Gespräch. Auch über das Leben einer jungen Familie, die zusammen mit FSJ-lern und Praktikant:innen  aus ganz Deutschland und einem erfahrenen Team den Hof bewirtschaftet. So weit ab von größeren Städten  können auch junge Leute für eine Zeitlang leben und lernen viel, berichtete Stefan von Bonin. Im Hofladen erstanden einige das Rapsöl aus der Körtlinghauser Ölmühle und das dort produzierte Dinkelmehl. Dorothee Wenken nutzte beides für die Zubereitung der saisonal-regional-biologischen Picknicks, die sie am Schmalah-See und in Helmeringhausen der Gruppe servierte.

Den Franziskushof lernte die Gruppe auf einer Wanderung zum Buchhorst oberhalb von Olsberg kennen. Vallerie Hohnstein, die als Landwirtin und Ausbilderin erst seit Kurzem hier arbeitet, führte die Gruppe durch den Pferdestall, zu den Schafen, Hühnern und Rindern und erklärte, wo und wie die körperlich und geistig förderbedürftigen Bewohner:innen des Josefsheim mit Freude und hohem Einsatz ihrer Arbeit nachgehen und ausgebildet werden. Einer, der auf den Rollstuhl angewiesen ist, sammelt täglich die Eier ein, ein anderer, der kaum sprechen kann, verständigt sich mit allen Tieren. „Wenn er ruft, kommen Schafe, Rinder oder Hühner zu ihm“, staunte Hohnstein. Die Atmosphäre auf dem Biohof strahlte Menschen- und Naturfreundlichkeit aus. Das gab viel Gesprächsstoff bei der Fortsetzung der Wanderung.

Eine Wanderung führte zu den Dörfern der Grafschaft Düdinghausen. Horst Frese erzählte in Deifeld von der „Weiberschlacht“ und von konfessionellen Auseinandersetzungen im 16. Jahrhundert. Er zeigte die zum Dorfversammlungsraum umgebaute Kapelle. So wie hier konnte die Wandergruppe auch in Helmeringhausen auf dem liebevoll gestalteten Dorfplatz sehen, welche tollen Ergebnisse Eigeninitiative der Dorfbewohner:innen und Förderung durch LEADER-Mittel im Sauerland hervorbringen.

Staunen über die Vielfalt 

Die Mittwochsroute führte über Teile des Rothaarsteigs: Von Brilon-Wald aus begleitete Willi Otto die Gruppe auf den Ginsterkopf, wo alle über den weiten Ausblick auf die Bruchhauser-Steine und das Ruhrtal staunten. Am Schmalah-See fühlte es sich an wie in Kanada. Kalter Kaffee, Beeren-Muffins, Dinkelbrötchen, Zucchini-Sushi und andere vegane Delikatessen mundeten hier besonders gut.

Zum Abschluss der Wanderwoche ging es vom Bahnhof Bestwig über Kloster- und Ruhrtalradweg zur Mescheder Abtei. Weihnachtsbaumplantagen, die Veleda-Hütte und Naturerscheinungen am Wegesrand boten sich für Impulse zum Nachdenken an. Bruder Anno von der Abtei Königsmünster empfing die Wandergruppe im Kloster-Restaurant und erzählte von nachhaltigen Projekten. In der Krypta feierte die Gruppe einen geistlichen Abschluss

 Im Mittelpunkt stand der Psalm, den Simone Pfitzner aus Worten, Sätzen und Bildern der Wandergruppe zusammengestellt hatte: „Gestaunt haben wir über die Vielfalt Deiner Natur – welch ein Erlebnis. So viele Farben, so viel Bewegung…Wir kamen als Einzelne und freuen uns jetzt an der Gemeinschaft. Die Dynamik der Gruppe hat uns getragen, mit Freude und Dankbarkeit haben wir viele Informationen auf unseren Wegen aufgenommen. Selbst der Regen hat uns zusammengehalten“, – heißt es darin.

2. Chance

Vom 19. bis 24. September findet die zweite Wanderwoche 2022 statt. Vier Plätze sind noch frei. Interessierte können sich an Kathrin Koppe-Bäumer, 0171/20707455 und Simone Pfitzner, 0170/5220828 wenden.

Dorothee und Ulli Wenken servieren auf dem Dorfplatz in Helmeringhausen ein klimafreundliches Picknick.

Stefan von Bonin diskutiert auf dem Hof in Schloss Körtlinghausen mit der Wandergruppe über biologisch-dynamische Landwirtschaft. Fotos: Kathrin Koppe-Bäumer