Kirche ist mehr als ein Gebäude

Erstellt am 08.07.2022

125-Jahrfeier Evangelische Markuskapelle im Möhnetal / Wechselvolle Geschichte

Bei herrlichstem Sonnenschein feierten die Gläubigen den Geburtstag des kleinen Gotteshauses in Sichtigvor.

Von Dorothea Richter

Sichtigvor. Anlässlich des Jubiläums „125 Jahre Evangelische Markuskapelle im Möhnetal“ gestaltete die Evangelische Kirchengemeinde Warstein einen feierlichen Festgottesdienst an der Rofuhr in Sichtigvor. Die Feier, die eigentlich im letzten Jahr im November  stattfinden sollte, musste wegen Corona verschoben werden. Ein besonderes Geburtstagsgeschenk gab es vorab gratis für Kapelle und Gottesdienstbesucher im Freien: Strahlender Sonnenschein und angenehme sommerliche Temperaturen. Pastorin Jutta Schorstein begrüßte die aus verschiedenen Ortsteilen angereisten Gläubigen, insbesondere Dr. Christiane Saßmann, ehemals Pastorin in Warstein.

Jutta Schorstein erinnerte in ihrer Predigt an die Entstehungsgeschichte des kleinen, idyllisch gelegenen Gotteshauses am zur Haar aufsteigenden Möhnetalhang, das nach zweijähriger Bauzeit am 12. November 1896 eingeweiht wurde. Es sollte Mittelpunkt sein für die im Möhnetal verstreut lebenden evangelischen Christen, die zuvor den vergleichsweise weiten Weg nach Warstein auf sich nehmen mussten, um an den sonntäglichen Gottesdiensten teilzunehmen.

Glückliche Umstände hätten im Jahre 1894 durch den damaligen Warsteiner Pfarrer Gottfried von Renesse und den Unternehmer Georg Dassel aus Allagen zum Bau des Gotteshauses mit seiner markanten Architektur geführt. Den Besitzer der Mamorwerke trieb der der Wunsch nach einem Gotteshaus nach der Lehre Martins Luther für seine Familie und die evangelischen Betriebsangehörigen an.

Dassel galt als führender „Kopf der Baukommission“, der den Bau der Kapelle mit Architektenwahl, Material- und Handwerkerbestellung leistete. Sämtliche Mamor- und Steinmetzarbeiten im Innern, die er auch finanziert hat, gehen auf sein Konto. Die für das Gelingen jedoch vielleicht wichtigste Person,  wie Heimatforscher Willi Hecker in Erfahrung bringen konnte, war die auf Haus Cappenberg residierende Luise Gräfin von Kielmannsegge. Zu ihrem Besitz gehörte das Rittergut Mühlheim und  als Erbe ihrer Eltern der Deutschordensbesitz.  Als „treue Freundin des evangelischen Glaubens“ war es ihr offensichtlich eine Herzensangelegenheit, eine Kirche im Möhnetal entstehen zu lassen und somit stiftete sie das großzügige Kapellengrundstück an der Rohfuhr in Sichtigvor.

Geistiger Motor war zweifellos  der Warsteiner Gemeindepfarrer von Renesse: Für nur 80 evangelische Gemeindemitglieder, davon die meisten in Fabriken oder bei Bauern Beschäftigte, eine eigene steinerne Kirche zu schaffen, das war schon ein ehrgeiziges Unterfangen.

„Wenn die dicken Mauern erzählen könnten, was sie erlebt haben, ich glaube, da kämen schöne, spannende, aber auch traurige Geschichten zutage“, führte Jutta Schorstein ihre Predigt aus und erwähnte auch die Zeit nach dem 2. Weltkrieg, in der Menschen mit evangelischem Gesangbuch und fremden Akzent Zuflucht suchten in der Umgebung des Möhnetals, die „sie nicht unbedingt mit offenen Armen aufnahm“.

Aus allen Ortsteilen seien sie in der Kapelle zusammengekommen, um Gott zu suchen und zu finden. Hier sei nicht nur der Bund fürs Leben geschlossen, sondern ebenso auch zahlreiche Taufen gefeiert worden. Mit dem Satz  „Kirche ist mehr als ein Gebäude - sie ist ein Ort für Menschen, die sich zu Gott halten“ spannte die Pastorin den Bogen bis in die Gegenwart. Ihr Dank galt den vielen helfenden Händen, die nicht nur draußen für genügend Sitzgelegenheit gesorgt hatten, sondern auch für das leibliche Wohl mit Gegrilltem, sowie Kaffee und Kuchen.

In einträchtiger Gemeinschaft verbrachten Gemeindeglieder und Besucher noch ein paar unterhaltsame Stunden und genossen das schöne Sommerwetter.

Seit mehr als 125 Jahren der Glaubens-Mittelpunkt der evangelischen Christen im Möhnetal: die Markuskapelle. Fotos: Dorothea Richter

Pfarrerin Jutta Schorstein erinnerte an die wechselvolle Geschichte der Markuskapelle.