Ein Feuerwerk zum Hören

Erstellt am 23.09.2022

Abteikonzert mit Gerd Weimar macht Leben von Heinrich Schütz hör- und sichtbar

Unter der Leitung von Kirchenmusikdirektor Gerd Weimar boten die Chöre und Solisten zusammen mit dem Johann Rosenmüller Ensemble ein beeindruckendes Konzert, das das Leben und Wirken des Komponisten Heinrich Schütz sehr lebendig werden ließ. Fotos: Frank Albrecht

Von Frank Albrecht

Meschede. Vier Chöre, fünf Solisten, ein historisches Musikensemble und einen singenden Dirigenten – das waren jetzt die Zutaten eines äußerst bewegenden Abends, der als eines der Abteikonzerte in der Abtei Königsmünster in Meschede geboten wurde. Unter dem Titel Heinrich Schütz – Wir bringen sein Leben zum Klingen… und SINGEN“ hatte die Stiftung Kirchenmusik im Sauerland zu etwas Großem geladen. Um mit dem Fazit zu beginnen – in der ausverkauften Abteikirche wurde den Gästen und jetzt auch sicher Freundinnen und Freunden von Heinrich Schütz über rund zwei Stunden ein außergewöhnliches Konzerterlebnis geboten.

Heinrich Schütz gilt als der bedeutendste Komponist seiner Zeit, er wurde 1585 in Köstriz geboren. Schon im Alter von 13 Jahren wurden damalige Herrscher auf den begabten Chorknaben aufmerksam, Landgraf Moritz von Hessen engagierte den jungen Sänger sofort als Kapellknaben nach Kassel. Schütz studierte Musik in Venedig und wurde im Jahre 1617 als Hofkappellmeister nach Dresden verpflichtet. Ein Amt, das ihn 50 Jahre seines Lebens begleitete und in dem er seiner Leidenschaft freien Lauf lassen konnte.

So stand in dem Abteikonzert die geistliche Chormusik von Heinrich Schütz im Mittelpunkt – mit Werken, die der Komponist um 1636 veröffentlicht hatte. Den Auftakt des Abends machte „Jauchzet dem Herren“ aus den Italienischen Madrigalen von Heinrich Schütz. Und gleich mit dem ersten Ton wussten die beteiligten Chöre, das Vokalensemble Die Protachoristen, der Projektchor des Evangelischen Kirchenkreises Soest-Arnsberg, der Oratorienchor sowie der Evangelische Kinder- und Jugendchor „VokalTotal Arnsberg“ unter der Leitung von Kirchenmusikdirektor Gerd Weimar, ihr Publikum zu beeindruckten. Stimmgewaltig eröffneten sie den Konzertabend und erfüllten den gesamten Kirchenraum mit ihrem Gesang.

Zunächst wirkte es wie eine störende Unterbrechung zwischen den Liedvorträgen – aber die war vollends gewollt: In prachtvollem Kostüm gekleidet schritt ein Mann vor dem Publikum auf und auf und begann allen aus seinem Leben zu erzählen. Pfarrer Rainer Müller aus Brilon war in die Rolle von Heinrich Schütz geschlüpft und hatte unweit des Dirigentenpults sogar einen eigenen Schreibtisch, von dem er aus auf sein Leben und Wirken im 15. Jahrhundert zurück blicken konnte. Warum er Musik studiert und wo er in Dresden gelebt und gewirkt habe – stets häppchenweise in kleinen musikalischen Pausen gab Müller die Geheimnisse aus dem Leben des großen Komponisten preis. In einem gelungenen Wechsel zwischen Musik- und Chorbeiträgen sorgte Rainer Müller in einer dem echten Schütz sicherlich sehr nahe kommenden Art und Weise für die ungewöhnliche Unterhaltung beim Abteikonzert.

Jauchzet dem Herrn

Und so war es nicht nur der Auftritt der Figur Heinrich Schütz, die das Publikum zu dem Gesungenen ganz dicht an Musik und Zeit des Komponisten heranführte: Auch die Instrumentierung des Abends, perfekt dargestellt durch das „Johann Rosenmüller Ensemble“, leistete ihren großartigen Beitrag dazu. Deren Mitwirkende, die als eines der führenden deutschen Ensemble für Alte Musik gelten, musizierten zum Gesang der Chöre und spielten in einer authentischen Interpretation der Original-Musik von Schütz auf Kopien von Originalinstrumenten. Gäste des Abteikonzertes sahen und hörten besondere Posaunen, alte Geigenbögen sowie die schon wegen ihrer Größe eindrucksvollen „Theorben“, zwei Basslauten, die mit je 14 Saiten gespielt werden. Zuhörende, die ihren Klängen mit geschlossenen Augen folgten, durften sich mühelos in die Zeit des Mittelalters versetzt fühlen.

 

Gleich fünf Solisten hatte Dirigent Gerd Weimar aufgeboten, den ohnehin schon perfekt abgestimmten Gesang der Chöre zu ergänzen und zu bereichern. Zusammen über 50 Stimmen sorgten für ein bewegendes Konzerterlebnis bis zum letzten Ton. Dabei überzeugte nicht nur die Einzelleistung der Beteiligten, erfreuen durften sich alle auch am gesanglich sehr gelungenen Zusammenspiel zwischen den Solisten und dem Chor, die mehrfach in einem musikalischen Dialog standen. Der perfekt abgestimmte Ausklang von Gesang und Musik wurde von den Zuhörenden mehrfach mit einem zustimmenden Kopfnicken quittiert, während sich der Klang noch in die letzten Winkel der Kirche ausbreitete.

Und zwischendurch – immer wieder Heinrich Schütz und sein Leben. Rainer Müller berichtete von den strahlenden Seiten seines Lebens, von den düsteren Tagen und vom 30-jährigen Krieg, der seinen Einfluss auf die Arbeit des Komponisten genommen hat. Mit der von ihm gewählten Sprache bis hin zum Gewand, in dem er sich vorm Publikum präsentierte, blieb der Auftritt während des Konzertes sehr authentisch. Ebenso wie der Auftritt des Kinder- und Jugendchors „VokalTotal“, der brav auf seinen Einsatz gewartet hatte. Mit strahlenden Gesichtern boten die jüngsten Sänger:innen eine ebensolche Bereicherung zum Gesang der Großen. Und für ihren eigenen Liedvortrag folgte das prompte Lob von Chorleiter und Kirchenmusikdirektor Gerd Weimar.

Nach fast zwei Stunden und zum Abschluss des Konzertes sprach Rainer Müller alias Heinrich Schütz sein Publikum erneut direkt an, um allen ein Feuerwerk zum Hören anzukündigen. Im „Psalm Davids“ ließen Chöre und Solisten dann noch einmal das ganze Lob für den Herrn erklingen, das in einem letzten Halleluja endete. Mit dem wirklich letzten Ton des Konzertes brach ein Sturm des Jubels im Publikum aus. Während Gerd Weimar allen Beteiligten seinen Applaus spendete, sparten die Zuhörenden ebenfalls nicht mit Lob und applaudierten den Mitwirkenden stehend und minutenlang. Überwältigt gab es noch eine Zugabe in der Kirche, bevor der musikalische Abend beendet werden konnte.

Rainer Müller brillierte in der Rolle des Komponisten Heinrich Schütz und erzählte häppchenweise zwischen den musikalischen Vorträgen aus seinem Leben.

Das Publikum quittierte den bewegenden Abend mit stehenden Ovationen und erklatschte sich auch noch eine Zugabe.