Im Herzen immer noch ein Soester

Erstellt am 29.09.2022

Dirk Schümer liest aus seinen Erfolgsroman und diskutiert mit Superintendent Schilling über Rolle der Kirche

Hätte sich ein etwas bunteres Bild der Kirche im Roman „Die schwarze Rose“ gewünscht: Superintendent Dr. Manuel Schilling (rechts) im Gespräch mit Dirk Schümer. Fotos: Hans-Albert Limbrock

Von Hans-Albert Limbrock

Soest. Natürlich war es auch ein bisschen wie nach Hause kommen: Dirk Schümer ist in Soest geboren, zur Schule gegangen, hat hier 1981 sein Abitur gemacht und nach seinem Volontariat bei der WESTFALENPOST sowie Geschichtsstudium in Hamburg und Paris für Spiegel, FAZ, Die Welt gearbeitet. Viele Jahre war er Europa-Korrespondent mit Sitz in Italien und hat dort in der Lagunenstadt Venedig gewohnt. Inzwischen lebt er mit seiner Ehefrau Birgit im beschaulichen Baden-Baden und hat mit „Die schwarze Rose“ den historischen Erfolgsroman dieses Sommers geschrieben. In Kürze erscheinen Hör- und Taschenbuch.

Höchste Zeit also, mit seinem ersten Roman im Gepäck dorthin zurückzukehren, wo einst alles angefangen hat: in Soest. Möglich gemacht hat das eine Kooperation von Rittersche Buchhandlung, Stadtbücherei und Evangelischer Kirchenkreis, die den Journalist und Autor zu einer Lesung in Neu St. Thomä eingeladen haben. Knapp hundert Besucherinnen und Besucher waren sichtbarer Beleg, dass Schümer, den die meisten Soester in den letzten Jahren vor allem als regelmäßigen Talkshow-Gast zu Europa-Themen wahrgenommen haben, in seiner Heimatstadt in guter Erinnerung geblieben ist.

Und der bestätigte die Verbundenheit denn auch gleich mit seinen Begrüßungssätzen: „Im Nerzen bin ich immer noch ein Soester. Wenn man nach Soest kommt, hat man immer die Hoffnung, dass die Stadtmauern das Hässliche der Welt draußen halten.“

Im ersten Teil der Veranstaltung las Schümer aus seinem Roman, der zwar keine Fortsetzungsgeschichte von Umberto Ecos Welterfolg „Im Namen der Rose“ ist (Schümer: „45 Millionen verkaufte Bücher – da hätte ich auch nichts dagegen“), aber durchaus dessen historischen Faden weiterspinnt und auch einige der Protagonisten – wie zum Beispiel den Mönch William von Baskerville - auftreten lässt.

Zu den begeisterten Lesern von „Die schwarze Rose“ gehört auch Superintendent Dr. Manuel Schilling: „Das Buch ist ein echter Pageturner, ist herausragend geschrieben und bemerkenswert gut recherchiert.“ Als „Mann der Kirche“ sei er jedoch nicht ganz einverstanden, wie Schümer auf seinen über 600 Seiten die Rolle der Kirche im Mittelalter darstelle: „Das ist mir zu schwarz beschrieben. Die Kirche damals hatte auch ihre bunten und fröhlichen Seiten.“

Das, räumte Schümer im „Streitgespräch“ ein, das den zweiten Teil des Abend definierte, könne durchaus sein; habe aber für ihn beim Schreiben nicht im Mittelpunkt gestanden: „Mein Buch ist ja ein historischer Kriminalroman in der  Tradition von zum Beispiel Raymond Chandler. Diese Schwarz-Weiß-Schilderung, dieses Harte und Böse ist also durchaus gewollt. Ich habe versucht, das theologisch so aufgeladene Mittelalter mit Krimi und Action aufzufüllen. Es ist also eine Transformation in gleich mehrfacher Hinsicht.“

Schümer erklärte, selbst mit Religion „nicht viel am Hut“ zu haben und dennoch sei das, was im Buch geschrieben stehe, nicht das, „was ich über Religion und Glauben denke.“  Im weiteren Verlauf der unterhaltsamen Diskussion (Schilling: „Mir fehlt im Buch das Prinzip Hoffnung“) outete sich der Schriftsteller dann als großer Fan der Wiesenkirche, in der er einst konfirmiert worden sei: „Die Wiesenkirche ist für mich einer der tollsten Sakralbauten der Welt. Die Kirche der deutschen Mystik schlechthin.“

Die Zuhörerinnen und Zuhörer erfuhren an diesem Abend außerdem, dass er für das Schreiben des Romans nur sechs Wochen gebraucht habe: „Das war wie im Rausch.“ Deutlich umfangreicher seien Recherche („ich habe den Anspruch, dass man mir keine historischen Fehler nachweisen kann“) und Nachbearbeitung gewesen. Inzwischen sitzt er bereits an seinem nächsten Werk, das im Herbst kommenden Jahren erscheinen und den Titel „Die schwarze Lilie“ tragen wird. Die Hälfte des Buches, das in Florenz in den Jahren der Pest spielt, sei bereits fertig. Das er damit wieder nach Soest kommen werde, war das letzte Versprechen eines vergnüglichen und inhaltsreichen Abends.

Knapp hundert Interessierte kamen zur Lesung in die Kirche Neu St. Thomä.

Hans-Georg Sanke, einst Redaktionsleiter der WESTFALENPOST, hat Dirk Schümer als Schüler entdeckt und für den Journalismus begeistert. „Für meinen Entdecker und Lehrmeister“ hat der Autor ihm in ein Exemplar seines Buches geschrieben.