Nach vierzig Jahren Ende in Sicht

Erstellt am 22.12.2022

Restaurierung der Wiesenkirchen-Türme soll in fünf Jahren abgeschlossen werden

Die großen Riesenfialen für den Nordturm sind weitgehend fertig und sollen ab Oktober 2025 eingebaut werden. Darüber haben Dombaumeister Gunther Rohrberg (rechts) und Dombaumeister i.R. Jürgen Prigl (2.v.r), den Vorstand des Dombauvereins informiert (von links): Margot Müller, Volker Kaiser, Kai Hegemann und Dr. Birgitta Ringbeck. Fotos: Hans-Albert Limbrock

Von Hans-Albert Limbrock

Soest. Wenn eine Kirche über 700 Jahre alt ist, dann sind fünf Jahre weniger als ein Wimpernschlag. Und doch sind die kommenden fünf Jahre für die Wiesenkirche und die Dombauhütte eine geradezu historische Zäsur. Denn das muss man sich einfach mal vor Augen halten: Nahezu eine komplette Generation kennt die Wiesenkirche nur eingerüstet. Fast vierzig Jahre lang war zumindest einer der beiden Türme immer mit einem gigantischen Gewirr aus Stahlträgern und Gerüstbrettern bedeckt. Jetzt ist (endlich) ein Ende in Sicht: In spätestens fünf Jahren sollen die Gerüste komplett verschwunden sei. Diesen Zeitplan hat Dombaumeister im Ruhestand Jürgen Prigl dem Vorstand des Dombauvereins in diesen Tagen mitgeteilt.

Der Blick geht kurz zu seinem Nachfolger als Dombaumeister: „7. Oktober 2027. Das müsste zu schaffen sein. Oder?“ Diplom-Ingenieur Gunther Rohrberg nickt: „Das bekommen wir hin.“ Das Datum ist dabei nicht willkürlich aus der Luft gegriffen, sondern markiert dann auf den Tag genau vierzig Jahre nach dem Beginn das Ende der Turm-Restaurierung.

Am 7. Oktober 1982 hat Johannes Rau als Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen den Grundstein für die Mammutaufgabe gelegt. „Das“, so Prigl über den 7. Oktober 2027, „ist ein schönes Datum. Ein Datum, das alle Beteiligten anspornt, dass wir nicht nachlassen dürfen in unserem Bemühen, dieses wunderbare Bauwerk generationenübergreifend zu erhalten.“

Bereits zwei Jahre vorher, so die Planung, soll der Schlussstein am Nordturm gesetzt werden. Auch hierfür gibt es schon ein konkretes Darum: 31. Oktober 2025. „Da ist Reformationstag und es ist kurz vor der Kirmes. Auch das passt doch ganz wunderbar“, findet Prigl auch für diesen Termin eine gewisse Symbolik.

Nachdem der Schlussstein dann mit der entsprechenden Zeremonie gesetzt worden ist, werden in den folgenden zwei Jahren die freistehenden Riesenfialen sowie weitere Bauzier angebracht. Parallel dazu wird das Gerüst dann nach und nach abgebaut. Prigl: „Mit diesem Termin ist die massive Substanz des Nordturmes mit dem kompletten Helmgiebel dann fertiggestellt.“

Besonders stolz sind die Verantwortlichen, dass sie in den nunmehr fast vier Jahrzehnten stets den Etat eingehalten haben. Auch von Rückschlägen hat man sich bei dem ambitionierten Vorhaben nicht aufhalten lassen. So haben die Arbeiten am Nordturm fast sechs Jahre geruht, weil Fördergelder nicht im erwarteten Ausmaß geflossen sind und andere Arbeiten Vorrang hatten.

Welche zeitliche Dimension die „Restaurierung Wiese“ hat, macht Prigl mit einem Blick in die Weltgeschichte deutlich: „Zu Beginn gab es weder Handys noch die (inzwischen längst überholten) Faxgeräte. Der eiserne Vorhang stand, und auch die Mauer war noch nicht gefallen. Begriffe wie Globalisierung oder Klimakrise spielten noch keine Rolle.“

Mit der Fertigstellung der beiden Türme ist die „Baustelle Wiesenkirche“ allerdings noch lange nicht beendet. Die Traufgesimszone, deren massive Schäden, vor vier Jahren entdeckt wurden, muss weiter gesichert und saniert werden. Das werde sicherlich bis ins nächste Jahrzehnt gehen, blickt Rohrberg voraus und ergänzt: „Und dann bleibt ja noch das Dach. Auch das werden  wir irgendwann angehen müssen.“ Dombauverein und Bauhütte werden sich also auch in Zukunft über mangelnde Arbeit nicht beklagen können.

Jürgen Prigl denkt in dieser Beziehung ohnehin in ganz anderen Dimensionen: „Diese Arbeit ist ein Prozess, der nicht nur im Diesseits stattfindet. Wenn Du an solch einem Bauwerk arbeitest, merkst Du schon, dass Du nur ein Teil einer Kette bist. Man spürt, dass das Höhere seine Hände im Spiel hat. Es ist halt ein Werk zu Ehren Gottes; ein ewiges Werk.“

 

Mit Professor Dr. Wolfgang Deurer (1987 bis 1991), Jürgen Prigl (1992 bis 2019) und Gunther Rohrberg hat es in der Zeit der Turmsanierung drei Dombaumeister gegeben, ebenso wie drei Pfarrer: Heinz-Georg Scholten (1972-1997), Hendrik Mattenklodt (1997-2013) und aktuell Kai Hegemann (seit 2014).

Seit vierzig Jahren ist mindestens einer der beiden Türme durch ein Gerüst verdeckt. Im Oktober 2025 beginnt der finale Rückbau.