Pfarrer Wilfried Oertel 1947-2018

Erstellt am 29.12.2018

Meschede. Am 27. 12. 2018 starb der Meschede Pfarrer in Ruhe Wilfried Oertel nach kurzer schwerer Krankheit im Alter von 71 Jahre. Um ihn trauern seiner Frau Anne, die Kinder Nora, Ben und Nils mit ihren Familien. Ihre Traurigkeit teilen ehemalige Schüler und Schülerinnen, Kollegen und Kolleginnen, Angehörige der bunten Bürgergemeinde Meschedes und ein großer Freundeskreis. 

Wilfried Oertel wurde drei Tage vor dem Reformationsfest 1947 in Erlangen geboren. Als Vikar in Gladbeck-Brauck baute er mit anderen ein Jugendzentrum auf: die "Teestube Rosenhügel", die heute noch existiert. Als Lehrender sammelte er erste Erfahrungen in den Evangelischen Jugendsozialseminaren für Lehrlinge und Gymnasiasten. Bevor er eine Pfarrstelle übernahm, gestaltete Oertel mit seinen vielseitigen Talenten und Interessen verschiedene Arbeitsfelder: Moderne partizipatorische Seniorenarbeit und Religionsunterricht an einem Gymnasium in Dorsten verband er mit kreativen Tätigkeiten wie Schafzucht, Weben und Landarbeit. Anschließend absolvierte er eine Ausbildung zum Buchhändler in Dortmund, weil Bücher sein großes Steckenpferd waren.

Nach erfolgreich abgeschlossener Lehre war Oertel zum Entsendungsdienst in Dortmund in der Kirchengemeinde Husen-Kurl. Dort wurde er 1988 ordiniert. 1991 zog er mit seiner Familie nach Meschede. Hier übernahm er die Pfarrstelle des Schulreferenten im Kirchenkreis Arnsberg. Er unterrichtete Evangelische Religion am Städtischen Gymnasium und betreute lange Zeit auch die Hochschulgemeinde der Fachhochschule Süd-Westfalen. Außerdem begleitete er organisatorisch und inhaltlich die Pfarrer und Pfarrerinnen, die an den Regelschulen auf dem Gebiet des Kirchenkreises Religionsunterricht erteilten. Unter seiner Regie wurde das jährliche Treffen der Schulleiter mit Vertretern des Kirchenkreises und der Katholischen Dekanate eingeführt. 2008 wurde er als Pfarrer entpflichtet, nahm aber weiterhin regen Anteil am kirchlichen Leben.

Wilfried Oertel war Pädagoge mit Leib und Seele: In Schulen, Bildungsveranstaltungen und bei der Mescheder Kinderbibelwoche. Als Bassist der Kibiwo-Band dichtete er eingängige Lieder über Jesus und Jona. Immer mit einem Augenzwinkern, und immer nah am biblischen Wort, besonders an Jesus, dem jüdischen Mitmenschen. Jesus, der Jude, war Grund für Oertels Interesse an jüdischem Leben und jüdischer Kultur. Als evangelischer Theologe und als deutscher Bürger nahm er die Verantwortung an, sich mit deutscher Schuld an Millionen von jüdischen Menschen auseinanderzusetzen. Verantwortlich für
den Dialog mit dem Judentum im Kirchenkreis gab er auch in Meschede die  entscheidenden Impulse für den Umbau der ehemaligen Mescheder Synagoge und begründete dort den interreligiösen Schweigemarsch am 9. November.

Wilfried Oertel gefiel buntes Leben: Er interessierte sich für Menschen, die in Deutschland leben, aber unterschiedlichen Kulturen, Religionen und Nationen angehören. Er  verbrachte ein Gastsemester in einer Gemeinde der United Church of Christ in den USA. Nach seiner Pensionierung lebte er ein Vierteljahr in einem Kibbuz in Israel.

Im Kirchenkreis war er einer der Beauftragten für den Dialog mit dem Islam. Intensiven Kontakt pflegte er zu den Mescheder Moscheegemeinden, einen Hodscha unterrichtete er in der deutschen Sprache und nahm selbst Unterricht in türkischer Sprache. Er wollte verstehen, was unterscheidet und was verbindet. Offenheit und Respekt brachte er ein in Gespräche, Feiern und gemeinsame Mahlzeiten in den Moscheen, der Alten Synagoge, auf dem Jüdischen Friedhof und im Gemeinsamen Kirchenzentrum, ebenso in seinen Berichten, die er für die Medien schrieb.  

Er wollte Glauben vermitteln an Gott, auf den sich Menschen verlassen können. Das zeigten seine Gottesdienste in der Schul- und in der Mescheder Kirchengemeinde. Sollten seine Enkelkinder einmal fragen: Wer war unser Opa? Das Lied "Jesus, du bist mein Freund" kann ihnen Antwort geben. Wilfried Oertel hatte etwas von dem Jesus dieses Liedes, der mit klaren Worten Menschenherzen öffnet und verwandelt, Spaß am Leben und Angst vor Schmerz und Einsamkeit hat, Stolze zurechtweist und Kinder gern hat. 

Mehrere Bücher hat der ehemalige Buchhändler im von ihm geleiteten "Verlag am Stimmstamm" herausgegeben und Rezensionen verfasst über Bücher, die ihm wichtig waren. Vielen, die sie lasen, machten sie Lust auf Lesen.   

Die Trauerfeier für Wilfried Oertel ist am Donnerstag, dem 3. Januar 2019 um 10.00 Uhr im Gemeinsamen Kirchenzentrum. Sie wird gehalten von Alt-Superintendent Lothar Kuschnik. Die Urnenbeisetzung findet zu einem späteren Zeitpunkt im engsten Familienkreis statt. Anstelle von Blumen wird um eine Spende für die Mescheder Flüchtlingshilfe, IBAN: DE10 3506 0190 2114 8160 38, Stichwort „W. Oertel“ gebeten.