Kirche und der X-Faktor

Erstellt am 28.02.2020

Von Klaus Bunte

SOEST – Kommt der Prophet nicht zum Berg, dann eben der Berg zum Propheten – mit diesem alten Sprichwort könnte man grob die Philosophie des ökumenischen Netzwerks „Fresh X“ beschreiben, das jetzt im Wiese-Georgs-Gemeindehaus tagte. Das X steht dabei für das englische Wort „Expressions“, gefragt sind also frische Ausdrucksformen: Außerhalb der Kirchenmauern an anderen Orten auf Leute zugehen, dort „wo Menschen sich in hörender Haltung der Lebenswelt anderer zuwenden, ihnen dienen und und das Evangelium verkörpern“, so beschreibt es eine Broschüre. Denn: „Gott ist überall am Werk – auch dort, wo Menschen keinen Bezug zur Kirche haben.“ Es geht dabei dezidiert ums Missionieren, daraus macht der Verein, der dahinter steckt, keinen Hehl. In Zeiten zunehmender Kirchenaustritte und schlecht besuchter Gottesdienste nicht ganz unverständlich.

„Wir wollen Menschen aus verschiedenen Bereichen der Kirche, ganz gleich, ob haupt- oder ehrenamtlich, die Lust haben, neue Ideen zur Kirche zu träumen, zu entwickeln und umzusetzen, einladen und zusammenzubringen“, beschreibt Andreas Isenburg vom Institut für Gemeindeentwicklung und missionarische Dienste mit Sitz in Dortmund Sinn und Zweck dieser Zusammenkünfte. „Es geht aktuell noch darum, diese Leute dazu zu ermutigen, ihre Ideen anzugehen und sich zu vernetzen, wobei unser Institut sie begleitet. Sie sollen sehen: Sie sind nicht alleine, es gibt noch andere mit ähnlichen Ideen.“

Als Beispiel für ein erprobtes Erfolgsmodell stellte Isenburg, selber evangelischer Pfarrer, das aus England übernommene Konzept der „Messy Church“ vor, in Deutschland heißt es „Kirche Kunterbunt“. Es handele sich dabei um eine neue Form von Kirche, die sich vor allem an junge Familien richte, die nur wenig Kontakt zur Gemeinde haben. Innerhalb weniger Jahre habe sich dieses Angebot an mehr als 30 Orten in  Westfalen etabliert, „und viele sagten beim Treffen in Soest: Prima, das möchte ich bei uns auch mal umsetzen.“ Weitere Beispiele waren die „Gute Stube“, eine Art Wohnzimmer-Café mit religiöser Ausrichtung in Lüdenscheid, und die Jugendarbeit im Kirchenkreis Minden unter der Leitung des früheren Soester Jugendreferenten Friedrich Kasten.

In abwechselnden Städten finden diese Begegnungen statt, nach Witten und Dortmund war Soest das dritte in NRW. Sie bauen auch aufeinander auf, fährt Isenburg fort. Sei es beim ersten Mal noch darum gegangen, dass die „Pioniere“, also Menschen, die bereits ihre Ideen umgesetzt haben, einander kennenlernten, „wurden sie am zweiten Tag mit Menschen zusammengebracht, die noch keine Ideen hatten“, so Isenburg, „und in Soest war nun Thema, wie man solche Ideen strukturell umsetzen kann. So haben die Vertreter vom Kirchkreis Siegen gezeigt, wie genau sie solche Menschen begleiten.“ Worum es beim vierten Treffen gehen werde, sei noch nicht klar – vielleicht Erfahrungsberichte, „und die Veranstaltungen sollen auch weiterhin für alle offen sein, die Lust haben, mitzumachen.“

Nur zehn bis 15 Prozent der Teilnehmer seien aus dem Kirchenkreis Soest-Arnsberg gekommen, berichtet Isenburg  – aber da in den Gemeinden die frohe Botschaft stark gestreut worden sei, habe er bei der Hälfte in der Anwesenden in bislang unbekannte Gesichter geblickt.

 

Auf großes Interesse ist die Veranstaltung im Wiese-Gemeindehaus von „Fresh-X“ in Soest gestoßen. Fotos: Klaus Bunte

Von links: Philipp Kruse (Jugendreferent Das Bibel-Projekt – ein digitales StartUp, Lemgo), Janette Zimmermann (Diakonin, Fresh X in Springe-Pattensen), Friedrich Kasten (Moderation), Christian Gras (Sozialpädagoge, „Gute Stube e.V.“ Lüdenscheid), Peter Stuberg (Superintendent Kirchenkreis Siegen).